Das Hexenkloster
manchmal wie aufgedreht, aber sie haben mich nicht in ihre Geheimnisse eingeweiht. Leider nicht.«
»Warum nicht?«, fragte der Reporter.
»Das kann ich nicht sagen. Ich habe auch nicht gefragt. Ich hatte Furcht und fühlte mich nicht zu ihnen gehörend.«
»Aber Marnie Steel weiß Bescheid, oder?«
»Ja, das bestimmt. Sie ist die Chefin, und sie weiß eigentlich immer Bescheid.«
Lorna konnte uns nicht mehr weiterhelfen. Wir mussten die Dinge wieder selbst in die Hand nehmen. Es war Bill Conolly, der die Tür zu Marnie Steel’s Büro öffnete.
Die Pistolen ließen wir stecken, aber wir waren darauf gefasst, sie sofort zu ziehen, wenn es nötig wurde.
Es war nicht nötig. Das Licht war nicht ausgeschaltet worden, als das Büro verlassen worden war. Unsere Blicke fielen gegen Marnie Steel’s Schreibtisch. Sie selbst allerdings war nicht anwesend.
Ich atmete tief durch und hörte, dass Bill Conolly nicht anders reagierte.
»Fehlschuss, John!«
»Das weiß ich nicht so genau.«
»Jedenfalls ist sie weg!«
Ich runzelte die Stirn. »Wobei ich nicht glaube, dass sie den Bau hier verlassen hat.« Während meiner Antwort durchquerte ich das Büro und ließ die Blicke wandern, weil ich in jede Ecke schauen wollte. Da war keine Spur hinterlassen worden. Es deutete auch nichts auf einen Kampf hin.
Wir kehrten wieder zu Lorna zurück. Wenn uns jemand einen Tipp geben konnte, dann sie.
Sie hatte sich auf die Füße gestemmt. Sie stand allerdings an der Wand, um dort eine Stütze zu finden. Noch immer kämpfte sie gegen ihr Schwindelgefühl an. Besonders der Kopf tat ihr weh. Beide Hände drückte sie rechts und links der Stirn dagegen.
»Wir müssen Sie noch mal stören, Lorna«, sagte ich leise.
»Und?«
»Das Büro ist leer. Marnie Steel ist verschwunden.«
»Ach...«, machte sie.
»Wo könnte sie sein?«
»Ich weiß es nicht.«
»Gibt es hier einen Keller? Eine unterirdische Welt? In alten Klöstern ist das oft der Fall gewesen.«
Lorna stutzte. Dann entstand so etwas wie ein Lächeln auf ihren Lippen. »Ja, natürlich gibt es hier einen Keller. Und Sie haben Recht, wenn Sie von einem Gewölbe sprechen. Der Bereich ist sehr groß, das weiß ich genau.«
»Waren Sie schon mal unten?«
»Nur selten.«
»Können Sie trotzdem eine Beschreibung geben?« Ich wusste selbst, dass ich viel von Lorna verlangte, aber ich ging davon aus, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden, wenn wir unser Glück in diesem Gewölbe suchten.
Die Frau musste sich schon arg zusammenreißen, um antworten zu können. Sehr viel erfuhren wir nicht. Es gab einige Vorratsräume, aber hervorstechend war ein sehr breiter Mittelgang. Der war ursprünglich angelegt worden, um auch genügend Platz für die Weinfässer zu haben.
»Stehen sie noch dort?«
»Nur noch wenige. Die anderen Fässer sind im Laufe der Zeit zusammengebrochen.«
»Gut. Und sonst?«
»Bitte, Mister«, flüsterte sie. »Ich bin nicht oft dort unten gewesen. Es war mir immer zu unheimlich.«
»Andere schon?«
»Ja.«
»Und Ihre Chefin?«, vergewisserte ich mich.
»Die auch – sogar besonders häufig.«
»Danke, Lorna. Jetzt brauchen Sie uns nur noch den Weg zu beschreiben, wie wir in den Keller gelangen. Dann ist alles klar.«
Lorna schloss für einen Moment die Augen, weil sie sich konzentrieren musste, dann gab sie uns die gewünschten Auskünfte. Wir stellten fest, dass wir nicht sehr weit zu laufen hatten.
»Danke. Und entschuldigen Sie noch mal, dass wir Sie mit unseren Fragen genervt haben. Es ging nicht anders.«
»Keine Ursache.«
Bill nickte mir zu. Er stand etwas abseits und beobachtete die Umgebung. Eine Gefahr oder Entdeckung drohte uns nicht. Im Innern des Baus herrschte nach wie vor eine unnatürliche Ruhe.
Ob es auch in dem Gewölbe so sein würde, daran hatten wir unsere Zweifel...
Sie war da, und sie war aus dem Nichts gekommen!
Damit hatte sie Kelly Turner so sehr überrascht, dass diese ihren eigenen Zustand vergaß und nur Augen für die Person hatte, die vor ihr stand und sie anschaute.
Es war eine Frau – aber was für eine!
Im Schein der Kerzen wirkte ihr Haar noch roter. Es umwallte das Gesicht wie ein Vorhang und endete auf den beiden Schultern, wo der Stoff eines Umhangs begann, der bis zu den Knöcheln reichte.
Es war ein sehr dunkler Mantel, weit geschnitten und nur unter dem Hals schmaler. Dort befand sich eine ungewöhnliche Brosche, die beide Hälften zusammenhielt.
Und das Gesicht!
Sehr glatt, perfekt
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