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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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den
kleinen Frühstückssalon. Es war ein festes Ritual, dort allmorgendlich mit
seiner Mutter zusammen zu treffen, um gemeinsam die Geschäfte des Tages zu
besprechen.
    Zuvor
orderte der Herzog bei der Dienerschaft ein ebenso delikates wie opulentes
Frühstück für seine Gemahlin. Er befahl, es ihr in ihren Gemächern zu
servieren.
    Diese
ungewohnte Fürsorge ließ die feinen blonden Augenbrauen der Herzoginmutter
steigen: „Du wirkst heute Morgen äußerst aufgeräumt, mein Lieber. Hat die junge
Braut deinen Erwartungen entsprochen?“ Die beiden pflegten sich zu duzen, wenn
sie unter sich waren.
    Der Herzog,
der Zucker in seinen Kaffee rührte, hob kurz den Kopf und fixierte seine
Mutter. Ihm entging nicht das wissende Lächeln, das ihre Lippen umspielte. Er
widmete sich weiter mit Hingabe der Aufgabe, seiner Tasse Zucker zuzuführen und
demonstrierte damit, dass sich eine Antwort erübrigte.
    Beatrice
schien auch keine erwartet zu haben. „Wie ich sehe, trägst du bereits deine
Reisekleidung. Es bleibt also dabei? Du brichst noch heute nach Paris auf?“,
wechselte sie das Thema. Innerlich frohlockte sie. Endlich kamen die Dinge ins
Rollen, auf die sie dreißig Jahre lang hingearbeitet hatte.
    „Ja, ich
sehe keinen Grund, länger zu warten. Der Duc du Choiseul hat alles vorbereitet.
Die Kreditbriefe über zehn Millionen Livres liegen bereit. Je früher ich
aufbreche, umso früher kehre ich zurück.“
    „Ausgezeichnet.
Ich gebe dir einige Dokumente und Briefe für meine Freunde in Paris mit.“
Beatrice hatte sich bereits halb erhoben, als ihr Sohn wie beiläufig erwähnte:
„Übrigens, die Herzogin wird mich auf dieser Reise begleiten.“
    Eines musste
man Beatrice lassen. Falls er sie damit getroffen hatte, ließ sie es sich nicht
anmerken. Lässig, als hätte sie soeben ihre Meinung geändert, ließ sie sich zurück
auf den Stuhl sinken. Mit ruhiger Hand griff sie nach der schweren silbernen
Kanne und füllte ihre noch fast volle Tasse auf. Ihr Benehmen wirkte völlig
natürlich.
    Nichtsdestotrotz
waren es nun die Lippen des Herzogs, die ein wissendes Lächeln umspielten. Nie
zuvor hatte er einer seiner Geliebten irgendeinen Stellenwert in seinem Leben
eingeräumt. Auch seine beiden vorherigen Gemahlinnen hatte er kein einziges Mal
mit dem offiziellen Titel der Herzogin bedacht. Er hatte damit seiner Mutter
bewusst einen Schlag versetzen wollen. Er wusste natürlich, dass sie es wusste.
Dieses kleine Spiel sich gegenseitig zugefügter Gemeinheiten betrieben sie seit
er eigenständig denken konnte. Seine Mutter nannte es das ´Spiel der Könige`
und hatte ihm die Regeln erklärt. Es diente dazu, sich auf jede erdenkliche
Situation einzustellen und mit entsprechend kaltem Blut zu reagieren. Beatrice
ließ gleichfalls Zucker in ihren Kaffee gleiten. Das klimpernde Geräusch, das
ihr kleiner silberner Löffel beim Umrühren verursachte, legte sich wie ein
falscher Ton über das entstandene Schweigen. „Mach dich nicht lächerlich“,
eröffnete Beatrice das Spiel. „Dich erwartet eine delikate Mission, die ein
hohes Maß an diplomatischem Geschick erfordert. Du triffst dich mit den wichtigsten
Leuten aus dem Kabinett des Königs, allen voran Außenminister du Choiseul. Auch
Ludwig XV. wird dich empfangen. Choiseul hat uns dies zugesichert. Falls es
nicht die verwandtschaftlichen Bande sind, die dir die Türen zum König von
Frankreich öffnen werden, so sind es die zehn Millionen Livres, die wir seinem
Staatsschatz zuführen. Und die Bündnisgarantie mit einem neuen Italien! Deine
kleine Herzogin ist ein ungebildetes vorlautes Gänschen, das, ich gebe
es zu, mit einem hübschen Lärvchen und einem sinnlichen Körper ausgestattet
ist. Doch sie verfügt nicht über das geringste Maß an Manieren. Sie hat keinen
Schimmer davon, wie man sich am vornehmsten und prächtigsten Hof Europas
benimmt. Dort herrscht eine strenge Etikette, sie würde dich nur kompromittieren.
Die größten Blüten am Hof in Versailles treibt der Klatsch. Soll man sich über
dich wegen ihrer Ungeschicklichkeiten lustig machen? Bilde dir nicht ein, mein
Sohn, du hättest sie mit einer einzigen raffinierten Liebesnacht gezähmt.
Überlasse sie mir! Ich verspreche dir, bei deiner Rückkehr präsentiere ich dir
deine künftige Königin!“
    Ihr Sohn
zeigte keinerlei Regung. Er bestrich ein Hörnchen mit Pfirsichmarmelade und
biss herzhaft hinein.
    Beatrice
wusste, die Saat war gelegt. Ihre Gedanken schweiften ab. Sie dachte an den
Mann, den

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