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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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ihr Sohn in Paris treffen würde: Ihren Freund und Verbündeten,
Étienne-Francois, Duc du Choiseul, Duc d´Amboise, und was weit mehr wog als
seine Titel, der amtierende französische Außenminister. Sie hatte den Duc
bereits 1753 in Rom kennengelernt, als er noch der Marquis von Stainville war
und französischer Abgesandter am Heiligen Stuhl. Sie hatte in ihm sofort die
Ambitionen, die mit seinem politischen Gespür einhergingen, erkannt. Ihre Ziele
hatten vielerlei Gemeinsamkeiten aufgewiesen und so war es ein Leichtes für sie
gewesen, ihn für ihre Zwecke zu gewinnen. Beatrice verfügte über ein besonderes
Talent: Sie konnte die noch schlummernden Fähigkeiten in einem Menschen
aufspüren und diese ihrem Ehrgeiz gemäß fördern. Natürlich war Étienne-Francois
auch ihr Liebhaber geworden. Sie schlief mit allen Männern, die ihr von Nutzen
sein konnten. Seine Liebeskünste erwiesen sich als nicht besonders raffiniert,
doch er glich dies durch Vitalität und Ausdauer aus. Der Duc du Choiseul hatte
ihre in ihn gesetzten Erwartungen nicht enttäuscht. Seit seinem
Botschafterposten 1753 in Rom hatte es der Duc zum führenden Staatsmann unter
Ludwig XV. gebracht. Bereits 1758 wurde er zum Außenminister ernannt. Vor allem
einte Beatrice und Choiseul eines: Ihr glühender Hass auf die Jesuiten. Er und
ihre Freundin, Jeanne-Antoinette Poisson, Madame de Pompadour, hatten den Sturz
der Jesuiten in Frankreich herbeigeführt. Darüber hinaus betrieb der Duc eine
Politik, die der Beatrices genau entgegenkam. Unter anderem hatte er im letzten
Jahr mit viel Geld hinterrücks den Krieg zwischen Russland und dem Osmanischen
Reich angezettelt, um sich an Katharina II. zu rächen, die eine große Zahl
gestrandeter Jesuiten aufgenommen hatte. Dieser Krieg belastete den ohnehin
klammen Staatshaushalt Frankreichs – was Ludwig XV. wiederum besonders
empfänglich für ihre finanziellen Zuwendungen gemacht hatte. Das alles im
Austausch für eine kleine Urkunde, die ihren Sohn als Urenkel Ludwigs XIV.
anerkannte. Beatrice fand, dass sie ihrem Sohn genügend Zeit für eine
Entscheidung zugebilligt hatte. „Nun?“
    Ihr Sohn
wischte sich mit der Serviette über den Mund und warf sie zerknüllt auf den
Tisch. Ohne ein Wort zu sagen, marschierte er aus dem Raum.
    Beatrice
lächelte. Sie hatte gewonnen.
     
    Wie eine zufriedene Katze räkelte sich Emilia auf dem
zerwühlten Laken. Bevor ihr Gemahl sie verlassen hatte, hatte er das große
Fenster weit geöffnet. Eine leichte morgendliche Brise hatte sich
hereingestohlen und kühlte ihre erhitzte Haut. Sie hatten sich die ganze Nacht
geliebt. Eigentlich müsste ich wütend sein, dachte Emilia in einer flüchtigen
Anwandlung von schlechtem Gewissen. Schließlich war Zorn seit ihrer Entführung
ihr vorherrschender Gemütszustand gewesen. Doch im Augenblick ließ sie sich in
der sanften Trägheit ihres satten Körpers treiben. Sie konnte schließlich
später auch noch wütend sein …
    Es klopfte
an der Tür. Emilia fuhr hoch und raffte das Laken um ihre Brust zusammen. Dann
rief sie den Anklopfenden in der Annahme herein, das Frühstück würde ihr
gebracht. Die schwere Türe wurde langsam geöffnet. Statt einem perückten Diener
in herzoglicher Livree, spitzte das blasse Gesicht Filomenas herein.
    „Bist du mir
noch böse?“, erkundigte sie sich vorsichtig.
    „Ja,
verschwinde von hier“, rief Emilia und warf ein Kissen nach ihr. Schön,
jetzt war sie wütend!
    Filomena
wich dem Kissen aus und tat genau das Gegenteil von dem, was Emilia gefordert
hatte. Sie trat rasch ein und schloss die Tür hinter sich. Sie blieb dort
stehen und wich geschickt einem weiteren Kissen aus. Erst als Emilia ihre
gesamte Gänsedaunen-Munition verschossen hatte, trat sie näher. Sie musterte
Emilia und das zerwühlte Bett mit einer Anzüglichkeit, die in herbem Kontrast
zu ihrer klösterlichen Bekleidung stand.
    Emilia fühlte
sich wie ein kleines Kind, das bei etwas Verbotenem ertappt worden war. Zarte
Röte stieg ihr in die Wangen und unwillkürlich presste sie das Laken fester an
ihre Brust.
    „Ach? Doch
so schlimm?“, spöttelte Filomena.
    Emilia
sandte ihr einen mörderischen Blick zu und sah sich nach einem weiteren
Wurfgeschoss um, konnte jedoch keines mehr entdecken. „Verschwinde, du
Verräterin, und lass mich in Frieden“, zischte sie.
    Stattdessen
zog Filomena einen Sessel heran und setzte sich. „Ach komm schon, gib es zu. Du
hast deine Hochzeitsnacht ausgiebig genossen. Willst du mir etwa

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