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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Bewegung der Aufklärung. Auch
eine Anzahl von Bischöfen und Angehörige anderer Orden, wie die Dominikaner,
waren und sind Befürworter des generellen Verbotes. Alle diese Strömungen
wirken von außen negativ auf den Fortbestand der Gesellschaft Jesu ein. Ihr
gemeinsames Ziel ist es, die Macht der Jesuiten zu brechen. Doch Mutters Ziele
sind ungleich höher. Sie spekuliert darauf, wie sehr den absolutistischen
Regierungen die Macht der Kirche ein Dorn im Auge ist. Obwohl der Jesuitenorden
stark geschwächt ist, gilt er nach wie vor als das stärkste Bollwerk des
Papsttums. Und er ist sagenhaft reich. Falls jedoch die Macht der Jesuiten
gebrochen werden kann und er verboten wird, werden die Sieger deren Reichtum
unter sich aufteilen können. Doch wird das ihren Hunger stillen? Und wenn
nicht? Wer glaubst du, könnte als Nächstes an die Reihe kommen? Gegen wen
könnten sich die Herrscher Europas noch verbünden?“
    Emilia
erschloss sich die unglaubliche Schlussfolgerung fast sofort: „Wie? Deine
Mutter will nach den Jesuiten auch das Papsttum stürzen? Alles was recht ist,
Filomena, aber sie muss wahrhaftig verrückt sein. Die Kirche ist viel zu stark
in den Seelen der Menschen verankert. Das ist kein Gebäude, dass man einfach so
einreißen kann.“ Energisch schüttelte Emilia den Kopf.
    „Auch ein
Gebäude wird nur Stein für Stein abgetragen. Genau das tut Mutter. Galt der
Orden des heiligen Ignatius denn nicht zwei Jahrhunderte lang als unangreifbar,
mit dem Papst als Schutzpatron?“, erinnerte Filomena. „Die Jesuiten haben inzwischen
zu viel Macht angehäuft. Macht schafft immer Gegner. Und vergiss seinen
Reichtum nicht. Portugal, Spanien und Frankreich haben sich gierig deren Vermögen
einverleibt. Auch die römische Kirche könnte davon profitieren. Zudem hält sich
seit Jahrzehnten ein Gerücht, dass der Ordensgeneral der Jesuiten das Geheimnis
um den größten Schatz der Menschheit hütet. Es soll sich um das legendäre Gold
handeln, das die Spanier in Peru bisher vergeblich gesucht haben. Geschickt
spielt meine Mutter mit den zwei stärksten Versuchungen: Dem Wunsch nach Macht
und der Gier nach Gold. Macht und Gier haben noch nie ihre Wirkung verfehlt.
Den Papst verlocken die Reichtümer der Jesuiten ebenso, wie die
absolutistischen Herrscher nach der Vielfalt der Kirchenschätze gieren. Hat es
ihnen nicht Heinrich VIII. vor zweihundert Jahren in England vorgemacht? Er hat
sich nicht nur von der Mutterkirche abgespalten, um seine Geliebte Anna Boleyn
zu heiraten, sondern auch, um die reichen Klöster und Abteien plündern zu
können. Damit hat Heinrich seinen maroden Staatshaushalt saniert. Glaub mir, Mutter
würde sich niemals auf eine aussichtslose Sache einlassen. Martin Luthers
Reformation und die Abspaltung der englischen Kirche haben die Kirche
angreifbar gemacht. Der Span, der damals gezündet wurde, glimmt weiter und
inzwischen weht der Rauch dem Papst empfindlich ins Gesicht. Loyola hat damals den
Jesuitenorden gegründet, um der Reformationsbewegung entgegenzuwirken. Der
Orden hat versagt. Die Kirche ist gespaltener denn je. Und ein Scheit, der
gespalten wurde, fängt doppelt rasch Feuer und brennt dreimal so schnell.
Mutter hat noch ein weiteres Eisen im Feuer. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass
Papst Clemens XIV. sie beauftragt hat, ihm wichtige Geheimdokumente wiederzubeschaffen,
die angeblich aus dem papsteigenen Archiv gestohlen wurden. Bei einer
Öffentlichwerdung würden sie der Kirche immensen Schaden zufügen.“
    „Woher kennt
deine Mutter den Papst so gut, dass er ihr geheime Aufträge erteilen kann?“
    „Sie kennt
ihn seit Jugendtagen. Er stammt hier aus der Gegend, aus Rimini.“
    „Und wer ist
deine sichere Quelle?“
    Filomena
grinste: „Sie selbst. Ich habe ein Gespräch zwischen ihr und Carlo belauscht.“
    Emilia
sparte sich jeglichen Kommentar dazu.
    „Die
Gleichung der Hexe ist im Grunde simpel“, schloss Filomena: „Zuerst die
Jesuiten, dann der Papst.“
    Emilia
schwindelte von Filomenas Ausführungen. Verwundert fragte sie sich, wo all
diese Ränkespiele enden sollten. Wenn Beatrice sich als gekröntes Haupt sehen
wollte, warum hatte sie dann alles daran gesetzt, eine unbekannte Adelige aus
dem Hinterland als Braut für ihren einzigen Sohn zu erwählen? Sie öffnete den
Mund, um Filomena eben diese Frage zu stellen, als diese ihr zuvor kam: „Hast
du dich nie gefragt, wie Mutter ausgerechnet auf dich als Gemahlin für ihren
Sohn

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