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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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wird. In
diesem speziellen Fall deinem Bruder Emanuele. Meine Mutter jedoch ist davon
überzeugt, dass in der Prophezeiung nicht von deinem Bruder, sondern von dir
die Rede gewesen ist. Leider muss ich dir aus eigener schmerzlicher Erfahrung
mitteilen, dass sich meine Mutter in solchen Dingen bisher niemals geirrt hat.“
    „Es gibt für
alles ein erstes Mal“, erwiderte Emilia ungerührt. „Ich denke doch, dass kaum
jemand weiter entfernt von kirchlichen Angelegenheiten oder irgendwelchen
ähnlich gelagerten Machenschaften ist als ich. Wirklich, deine Mutter täte
besser daran, diese lächerliche Prophezeiung ad acta zu legen. Auch mein Bruder
wird niemals etwas tun, was auch nur einen Kratzer an den besagten heiligen
Pfeilern verursachen könnte, geschweige denn, diese zum Einsturz bringen. Er
ist Priester mit Leib, Herz und Seele.“
    „Meine
Mutter glaubt felsenfest an diese Prophezeiung. Hast du schon einmal von der
Prophezeiung gehört, die man ihrer Freundin, der Marquise Pompadour, als
kleines Mädchen gemacht hat?“
    „Wie? Dass
sie einmal die Freundschaft der gemeinsten Frau dieser Erde erringen würde?“,
erwiderte Emilia gehässig.
    Filomena
ging nicht darauf ein: „Bevor die Pompadour zur Pompadour wurde, hieß sie
Jeanne-Antoinette Poisson. Sie war von bürgerlicher Herkunft. Mit neun Jahren
begegnete ihr eine Wahrsagerin. Diese Frau hat ihr prophezeit, dass sie die
Mätresse von König Ludwig XV. werden würde. Fünfzehn Jahre später war sie es, beinahe
zwanzig Jahre lang. Bis zu ihrem Tod war sie die mächtigste Frau Frankreichs, weit
vor der Königin, und beriet den König in allen politischen Angelegenheiten. Sie
war seine heimliche Premierministerin.“
    „Nun, meine Prophezeiung liegt bereits siebzehn Jahre zurück. Ich sollte mich daher
sputen, wenn ich noch in die Geschichte eingreifen möchte“, bemerkte Emilia
voller Zynismus. „Du solltest nun besser gehen“, forderte sie ihre Schwägerin dann
ruhig auf.
    „Bist du mir
immer noch böse?“, erkundigte sich Filomena ungewohnt zaghaft.
    „Ja!“
    Filomena
entschied dieses Mal Emilias Aufforderung Folge zu leisten.
    Erneut
klopfte es und diesmal war es das ersehnte Frühstück. Emilia stürzte sich mit
einem Appetit darauf, als hätte sie tagelang nichts gegessen. Mit dem Diener
war auch ihre Zofe Rosa ins Zimmer geschlüpft. Kaum war der Mann wieder
verschwunden, als sie beinahe schüchtern nähertrat: „Frau Herzogin, Ihr scheint
mir ein gutes und gottesfürchtiges Mädchen zu sein. Darum flehe ich Euch von
ganzem Herzen an, stellt Euch nicht gegen die Herrin. Sie würde Euch sehr wehtun.
Hier, ich habe Euch etwas mitgebracht…“ Auf ihrer Handfläche streckte sie ihr eine
silberne Kette entgegen.
    „Oh, meine
Kette! Habt tausend Dank dafür, liebe Rosa!“
    „Bitte
versteckt sie gut und verratet bloß nicht, dass Ihr sie von mir erhalten habt.
Die Herzoginmutter Beatrice duldet nämlich kein Kreuz in ihrer Nähe.“ Damit lief
sie hinaus.
    Emilia legte
sie sich gleich um den Hals. Das kleine Kreuz lag warm und vertraut auf ihrer
Brust. Sie fühlte sich durch seinen neuerlichen Besitz sofort weniger einsam,
als wären zusammen mit der Kette die schützenden Schemen von Serafina und Donna
Elvira in ihr Zimmer getreten.

 
VII
     
    „Ich wüsste nicht, was wir dagegen unternehmen könnten“,
sagte Francesco, während er im Raum auf und ab lief. „Die Hochzeit hat
stattgefunden und ohne jeden Zweifel wurde die Ehe inzwischen vollzogen - dafür
wird dieses Höllenweib Beatrice gesorgt haben. Die Ehe deiner Schwester mit dem
Herzog von Pescara ist somit rechtsgültig. Einzig der Papst könnte eine
Annullierung anordnen. Angesichts der Tatsache, dass Beatrice und der Papst
alte Bekannte sind, können wir dies von vorneherein ausschließen. Und wenn wir
uns die Köpfe tagelang darüber zerbrechen, Emanuele… Wir können nichts tun.“
Der junge Colonna verharrte breitbeinig vor dem Kamin. Beiden Männern war es
unabhängig voneinander gelungen, ihre hartnäckigen Verfolger abzuschütteln und
im Abstand von wenigen Stunden in der Via della Pilotta einzutreffen. „Ich weiß
das alles, mein Freund“, antwortete Emanuele unglücklich. „Aber ich weiß auch,
dass meiner Schwester in diesem Haus Gefahr an Leib und Seele droht.“
    Sie hatten
sich in der Bibliothek getroffen. Francesco trat an eines der prall mit Lederbändern
und alten Manuskripten gefüllten Regale. Er sog den vertrauten Duft seiner
Kindheit nach Leder,

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