Das Hexenkreuz
ein.
Serafinas
Mutter erhob sich und strich mit einer eleganten Bewegung ihren Rock glatt.
Leiser Spott umspielte die bernsteinfarbenen Katzenaugen. „Wer weiß? Vielleicht
sind es dieselben Quellen, aus denen Ihr Eure Informationen bezieht, mein
lieber Principe?“
„Nun, ich
denke kaum, dass ich die Sterne über das Schicksal befrage“, erwiderte
Francesco maliziös, beließ es aber dabei.
„Wie geht es
jetzt weiter?“, nahm Serafina hartnäckig den Faden wieder auf. „Wie können wir
Emilia zur Flucht verhelfen?“
„Und wohin
soll Emilia fliehen?“, schaltete sich Vittoria lebhaft ein. „Zurückkehren in
ihr Zuhause kann sie nicht. Wir haben am eigenen Leibe erfahren, dass Emilia
selbst in unserem Palazzo nicht sicher gewesen ist. Diese schreckliche
Herzoginmutter hat ihre Spitzel überall. Ich möchte zu gerne wissen, wer uns
verraten hat. Das waren ganz sicher diese grässlichen Aquavivas. Ehrlich, ich
habe diese vulgäre Gräfin noch nie leiden können. Versprich mir, Francesco,
dass wir sie nie mehr empfangen werden!“ Vittoria bebte vor Empörung.
Francesco
winkte vage ab und wandte sich freundlich lächelnd an Serafina. „Ihr gebt
anscheinend niemals auf. Eure Freundin kann sich glücklich schätzen, Euch an
ihrer Seite zu wissen. Doch meine Schwester Vittoria hat Recht. Es wird ein
schwieriges Unterfangen sein, Eurer Freundin zur Flucht zu verhelfen und danach
einen Ort für sie zu finden, an dem sie vor den Nachstellungen der
Herzoginmutter sicher sein wird.“
Serafina
hatte nur eines rausgehört: „Dann werdet Ihr es also weiter versuchen? Ihr
werdet ihr zur Flucht verhelfen?“
Francesco
war sich dessen bewusst, dass die Augenpaare aller Anwesenden wie
selbstverständlich auf ihn gerichtet waren. Ausnahmslos erkannten sie in ihm
ihren natürlichen Anführer an. Der junge Colonna seufzte und streckte unter dem
gemeinsamen Ansturm die Waffen. „Also gut. Ich werde mir einen Schlachtplan
überlegen. Doch für dieses Mal dürfen wir nichts überstürzen wie bei unserem
ersten unglücklichen Versuch.“
„Oh,
Francesco, du bist einfach der Beste“, rief Vittoria und fiel ihrem Bruder stürmisch
um den Hals.
VIII
Emilia lehnte sich gefährlich weit aus dem Fenster im zweiten
Stock hinaus. Aufgebracht verfolgte sie, wie sich ihr herzoglicher Gemahl
zusammen mit einer beachtlichen Eskorte bewaffneter Männer im Hof versammelte.
Eben wurden weitere Reit- und Packpferde von den Stallburschen herangeführt.
Dem Herzog konnte kaum entgangen sein, dass sie seinen Aufbruch mitverfolgte.
Doch der Versuch der jungen Frau, ihn allein mit der Kraft ihrer Gedanken dazu
zu bewegen, von ihrer Anwesenheit Notiz zu nehmen, scheiterte. Keine Sekunde
zweifelte Emilia daran, dass ihr Gemahl sie mit Absicht übersah. Die Erklärung
dafür lag auf der Hand: Er entzog sich damit seinem ihr am Morgen gegebenen
Versprechen, dass sie ihn nach Paris begleiten dürfe. Sie hätte ihn rufen
können, doch diese Blöße wollte sie sich nicht geben.
Der Herzog
hob nun die Hand und gab seinem Pferd die Sporen. An der Spitze seiner Truppe
preschte er in einer aufwirbelnden Staubwolke davon.
Emilia
erkannte ihre eigene Dummheit. Das würde sie lehren, in Zukunft nicht den
Beteuerungen eines Mannes Glauben zu schenken, der warm und satt neben ihr in
den Laken lag. Du musst noch sehr viel über die Männer lernen! Plötzlich
bemerkte sie, dass sie selbst unter Beobachtung stand. Direkt unter ihrem
Fenster entdeckte sie ihre Schwiegermutter. Beatrices triumphierendes Lachen
schallte wie eine Demütigung zu ihr hinauf - eine Demonstration ihrer Macht.
Natürlich,
den Verrat des Sohnes hatte sie der Mutter zu verdanken! Da der Herzog fort
war, richtete Emilia ihren geballten Zorn auf die Frau unter sich. Überflüssig.
Beatrice hatte sich längst abgewandt und war in das Schloss zurückgekehrt.
Eine
unausgeglichene Sekunde lang erwog Emilia, sich aus purem Trotz aus dem Fenster
zu stürzen, nur um ihre Schwiegermutter damit zu ärgern. Leider würde sie sich
daran selbst nicht mehr delektieren können - schließlich wäre sie dann tot. Besser
war es zu leben und ihrer Schwiegermutter so viel Ungelegenheiten wie möglich
zu bereiten. Der Gedanke brachte ein winziges Lächeln in ihre Augen zurück. Während
Emilia noch in utopischen Racheplänen schwelgte, betraten zwei Handwerker ihre
Gemächer. Die beiden, ein schmächtiger Mann mit schütterem Haar und sein tumb
wirkender Lehrling, schenkten Emilia keinerlei
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