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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Abendessen anzukleiden.“
    Filomena
wollte sich still an den beiden vorbeidrücken, doch die dicke Rosa stellte sich
ihr in den Weg: „Eure Mutter bittet Euch für heute Abend ausnahmsweise auf Euer
kirchliches Gewand zu verzichten.“ Ihr geradezu flehender Ton ließ keinen
Zweifel daran aufkommen, dass, falls Filomena dieser Bitte nicht entsprechen
würde, Rosa dies auszubaden hätte.
    Filomena
seufzte. „Es ist gut.“
     
    Ordentlich gekleidet und frisiert, Filomena in einer
samtbraunen, Emilia in einer burgunderfarbenen Robe, betraten die beiden jungen
Frauen den hell erleuchteten Speisesaal. Beatrice erwartete sie bereits. Sie
wollten eben an der Tafel Platz zu nehmen, als ihr Majordomus mit einem Gesicht
wie saure Zitronen erschien, um einen Überraschungsgast zu vermelden. Mit
ausgebreiteten Armen eilte der Neuankömmling auf die Herzoginmutter zu: „Meine
liebste Beatrice, wie geht es Euch? Ihr seht wieder einmal bezaubernd aus. Das
Alter kann Euch wahrhaftig nichts anhaben.“ Beatrice quittierte diese
versteckte Unverschämtheit mit einem säuerlichen Lächeln. Sie bot ihm ihre Hand
und flötete: „Graf Bramante! Welch freudige Überraschung.“ Ihre Stimme klang
wenig erfreut. „Was führt Euch nach Sulmona?“
    „Ach“,
winkte dieser ab, „Geschäfte, das Übliche… Ihr kennt das ja. Aber da sind ja
Eure reizende Tochter und Eure junge Schwiegertochter, Herzogin Emilia. Die
ganze charmante Familie beisammen. Ihr seht mich entzückt. Aber, halt! Wo
steckt denn der frischgebackene Herr Gemahl? Ist der junge Herzog Carlo nicht
hier?“ Er hob sein Lorgnon ans Auge und sah sich auffällig suchend im Raum um. Filomena
verdrehte die Augen und flüsterte für Emilias Ohren bestimmt: „Was für ein
Theater…“
    Emilia fing
just einen warnenden Blick von Beatrice auf, wusste ihn jedoch nicht zu deuten.
Auch Filomena hatte ihn bemerkt und beugte sich erneut zu ihr hinüber. „Ich
glaube, Mutter möchte, dass wir uns benehmen. Lass dich durch das Benehmen des
Grafen nicht täuschen - so jovial er sich gibt, er ist ein hohes Tier in ihrem
Orden. Er ist übrigens auch der Lauscher von Pombal und dem spanischen
Gesandten Moñino, den wir an deinem Hochzeitstag gesehen haben“, raunte sie ihr
zu.
    Emilia
wusste es nicht, doch ihr stand der längste Abend ihres Lebens bevor. Sie
empfand es als absolute Ungerechtigkeit. Da war sie tagelang eingeschlossen
gewesen und dann musste heute ausgerechnet dieser Graf Bramante auftauchen. Was
sie niemals gedacht hätte, aber sehr bald sehnte sie sich in die Einsamkeit
ihrer Gemächer zurück. Der Graf schien in der Tat höchst angetan von Emilia und
belegte sie mit Beschlag. Wie bei Beatrice führte er sich bei ihr mit einer
zweideutigen Bemerkung ein. Er neigte sich tief über ihre Hand und murmelte
fast unhörbar: „Seit meine Augen Euch zum ersten Mal erblickt haben, träume ich
Tag und Nacht von Eurer Schönheit. Endlich sehen wir uns wieder.“
    „Mein lieber
Herr Graf! Ich hoffe doch sehr, dass Ihr auch noch anderen Leidenschaften
frönt“, erwiderte Emilia ebenso leise, kniff jedoch ihre Augen in leichtem
Tadel zusammen. Wie konnte der Graf derart unverfroren auf ihren nackten
Auftritt in der unterirdischen Krypta anspielen? Die nächsten Worte des Grafen widerlegten
jedoch ihre Annahme. „Ich hingegen hoffe, dass Eure Räumlichkeiten nun Eurem
persönlichen Geschmack entsprechend gestaltet worden sind. Euer Gemahl, der
Herzog, hat sicherlich keine Kosten und Mühen gescheut, um Euch ein Höchstmaß
an Komfort zu bieten?“
    „Bitte…?
Aber wovon sprecht Ihr?“ Nicht nur aufdringlich, sondern auch merkwürdig,
wunderte sich Emilia.
    „Haben nicht
gewisse Gegenstände Eure wundervollen Augen beleidigt, so dass Ihr beschlossen
habt, sie kurzerhand aus dem Fenster zu befördern? Ich muss sagen, eine höchst
effektvolle Methode. Leider, eine Eurer Vasen hätte mich dabei beinahe
erschlagen. Ihr schuldet mir eine Feder. Ihr seht also, Ihr steht tief in
meiner Schuld.“ Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Emilia gefielen seine stechenden
Augen nicht, die sich wie ein Dolch in sein Gegenüber bohren konnten. Nicht
lange und Emilia wünschte sich, die Vase hätte den Grafen getroffen. Es fiel
ihr zunehmend schwer, ihm mit Höflichkeit zu begegnen. Doch der Graf stieß sich
nicht an ihrem Befremden, sondern sonnte sich in der Wichtigkeit seiner Person.
Er hatte den neuesten Klatsch von Europas Höfen im Gepäck und schwärmte ihnen
von seinen umfangreichen

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