Das Hexenkreuz
katholische Kirche. Ihr gehören ausschließlich Frauen
an, mächtige Frauen, die im Verborgenen wirken. Doch für heute sind dies genug Informationen.
In neun Tagen, bei Vollmond, findet der Initiationsritus statt. Haltet Euch
bereit. Kommt jetzt, kehren wir zurück.“ Beatrice strebte bereits den Stufen
zu.
„Aber Ihr
wolltet mir noch von meinem Bruder berichten!“
„Erst nach
dem Ritual, meine Liebe.“
„Aber ich
kann unmöglich so lange auf Nachricht von Emanuele warten!“, rief Emilia
empört.
„Nun, besser
Ihr gewöhnt Euch daran. Warten und sich in Geduld üben, ist das nicht seit
jeher das Schicksal der Frauen dieser Welt?“ Beatrice lachte herausfordernd und
sprang die Treppe hinab. Emilia blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
Oh, wie
sie dieses Weib hasste!
Sie kehrte auf ihr Zimmer zurück. Sofort stach Emilia ein
merkwürdiger Geruch in die Nase. Zuerst dachte sie, dass man sie einer neuen
Droge aussetzte. Auch der Raum an sich kam ihr verändert vor. Dann entdeckte
sie, warum: Jemand hatte während ihrer Abwesenheit das Gitter am Fenster wieder
entfernt! Die Handwerker hatten die Löcher gestopft und überstrichen. Sie hatte
die frische Farbe gerochen!
Ihre Schwiegermutter
musste sich ihrer Antwort sicher gewesen sein. Beatrice offenbarte damit ihre
ganze manipulative Kraft. Nachträglich fühlte sich Emilia von ihr übertölpelt.
Mit einer wütenden Bewegung schloss sie das Fenster. Das wird mich lehren,
zukünftig selbst einen Schritt im Voraus zu planen, nahm sie sich vor.
Rosa betrat
das Zimmer, um ihr beim Ablegen des Reitkostüms behilflich zu sein. Ihr auf dem
Fuße folgte Filomena. Sie trug wie üblich ihr Nonnenhabitat, hatte jedoch für
dieses Mal auf den üblichen Schleier verzichtet. Sie suchte Emilias Augen und
lächelte zaghaft. Bekanntlich hatten sie und ihre Schwägerin sich beim letzten
Mal nicht im besten Einvernehmen getrennt.
Doch Emilia
machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich über Filomenas Erscheinen freute.
Endlich jemand, mit dem sie reden konnte und von dem sie Neuigkeiten erfahren
würde! Ohne Rücksicht auf die Zofe, die soeben ihr Korsett aufschnürte, lief
Emilia auf Filomena zu. Die Zofe wurde davon überrascht. Anstatt einfach die
Schnüre loszulassen, trippelte sie ihr hinterher. „Ihr könnt gehen, Rosa. Ich
übernehme das für Euch“, sagte Filomena forsch. Geschickt half sie dann Emilia
ihre Toilette zu beenden.
„Wo…“, hoben
beide gleichzeitig an zu sprechen. Sie hielten inne und lachten befreit auf.
„Gut. Du
zuerst“, meinte Filomena.
„Wo bist du
so lange gewesen?“
„Mir erging
es nicht besser als dir“, erwiderte Filomena mit einem vagen Schulterzucken.
„Ich hatte Hausarrest.“
„Deine
Mutter hat dich eingesperrt? Weiß sie denn, dass du Francesco geholfen hast?“
„Nein, aber
sie vermutet es natürlich.“ Filomena schien darüber nicht besonders beunruhigt
zu sein.
„Hast du
irgendetwas von meinem Bruder oder von Francesco erfahren? Geht es ihnen gut?“
Emilia jedenfalls war beunruhigt.
„Nein, ich
sagte doch, ich hatte Hausarrest. Das Einzige, was ich gehört habe, ist, dass
wir einen Gefangenen beherbergen. Doch so sehr ich mich auch bemüht habe, ich
konnte bisher nichts über seine Identität erfahren.“
„Mein Gott“,
rief Emilia entsetzt und rang die Hände. „Womöglich ist es Emanuele!“
„Wie kommst
du ausgerechnet auf ihn?“
„Wegen
deiner Mutter. Wir beide hatten heute ein aufschlussreiches Gespräch. Sagen dir
die „Töchter der Venus“ etwas?“
Filomena
riss die Augen auf: „Erzähl mir alles!“
Am Ende
meinte Filomena nachdenklich: „Erstaunlich, dass sie dir ihr Heiligtum
vorgeführt hat. Sie scheint dir wirklich eine Schlüsselrolle zuzumessen.
Immerhin bestätigt das meine Vermutungen. Die Hexe hält seit Jahren eine Menge
Fäden in der Hand und spinnt jeden in ihre klebrigen Netze ein. Sie nutzt die
Schwächen ihrer Gegner, saugt sie wie eine Spinne bis aufs Blut aus und wirft anschließend
die leere Hülle weg.“
Emilia
nickte: „Ich kam heute bereits in den Genuss dieser besonderen Lektion: Die
vier Erfolgsfaktoren der Manipulation: Habgier, Machtgier, Ehrgeiz und Hass.“
„Ja, sie
will nur eines: Herrschen.“
„Daran
zweifele ich nicht. Trotzdem geben mir die Zusammenhänge weiter Rätsel auf.“
Emilia kräuselte ihre Stirn. „Warum glaubt sie, dass sie nicht nur den Untergang
der Jesuiten, sondern auch jenen der katholischen Kirche
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