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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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herbeiführen muss?“
    “Du warst
bereits auf der richtigen Spur, Emilia. Es ist nichts weiter als ein
Tauschgeschäft. Die Franzosen haben bereits vor Jahren geliefert. Meine Mutter
hat ihnen im Gegenzug versprochen, dass der neue Papst den Orden unwiderruflich
verbieten wird. Führende Staatsmänner in Frankreich, die die anmaßende Politik des
Vatikans nicht tolerieren, wollen den Kirchenstaat damit entscheidend
schwächen. Die Franzosen machen die gleiche Rechnung auf wie meine Mutter: Erst
die Jesuiten, dann der Kirchenstaat. So bekommt jeder, was er will. Außerdem,
für eine Krone braucht es ein Reich. Was bietet sich also besser an, als sich
den Kirchenstaat einzuverleiben? Eben das ist das eigentliche Ziel von Mutter
und Carlo. Übrigens gibt es Neuigkeiten. Ich konnte den Brief lesen, den der
französische Minister Choiseul an meine Mutter geschrieben hat. Er versichert
darin, dass mein Bruder Carlo von Frankreich als Urenkel von Ludwig XIV.
anerkannt werden wird. Aus diesem Grund ist Carlo gleich am Tag nach Eurer
Hochzeit nach Paris gereist. Mit jenem Dokument steigt Carlos Anspruch auf die Königswürde
enorm, vor allem die offizielle Anerkennung der angrenzenden Staaten. Mein
Bruder kann es sich nicht leisten, sofort in Grenzkriege verwickelt zu werden.
Mutter ist deshalb fleißig dabei, die angrenzenden Länder und Republiken als
Bündnispartner zu gewinnen. Mit anderen Worten, sie bezahlt sie. Neapel ist
kein Problem, dort sitzt ein Enkel Ludwigs XV. auf dem Thron, und Venedig ist
eine verarmte Republik. Die nehmen ihr Geld gerne. Mit der Toskana und den
Habsburgern verhandelt sie noch. Auch Frankreich lockt das Geld: Seine Staatsfinanzen
sind durch den Siebenjährigen Krieg ausgeblutet. Mutter schickt Choiseul durch
meinen Bruder zehn Millionen Livres. Weitere zehn Millionen werden fließen,
wenn Carlo in den Kirchenstaat einmarschiert ist, sich zum König von Italien gekrönt
hat und Frankreich ihn offiziell als solchen anerkannt hat.“
    „Meine Güte,
du scheinst wirklich gut über alles unterrichtet zu sein - angesichts dessen,
dass du hier kaum je herauskommst“, stellte Emilia mit einiger Verwunderung
fest. Sie konnte sich eines kleinen Stichs des Misstrauens nicht erwehren. Sie
hatte noch nicht vergessen, dass es Filomena gewesen war, die ihr die Droge vor
ihrer Hochzeitsnacht verabreicht hatte.
    „Am Tisch
meiner Mutter gibt es nur dieses eine Thema. Ich wurde quasi mit Politik
ernährt. Außerdem habe ich hier nicht allzu viel zu tun… Was liegt also näher,
als mich über alle Schritte meiner Feinde auf dem Laufenden zu halten?“
    „Du
vertreibst dir die Zeit damit, indem du deiner Mutter nachspionierst?“
    Filomena
sagte nichts, sondern begnügte sich mit einem rätselhaften Lächeln. Dieses
Lächeln ließ zum ersten Mal eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Mutter und
Tochter in ihren Zügen aufblitzen.
    Obwohl
Emilia sich im Grunde nichts sehnlicher wünschte, als in Filomena eine echte
Freundin gefunden zu haben, nahm sie sich vor, ihrer Schwägerin gegenüber auf
der Hut zu bleiben. Ihr fiel etwas ein, was sie schon früher hatte fragen
wollen. „Wie kommt es, dass die Anerkennung deines Bruders erst jetzt erfolgt?
Warum hat Ludwig XIV. seinen Sohn nicht schon damals anerkannt?“
    „Weil man
ihn über die Geburt des Kindes zunächst getäuscht hat. Angelica war verheiratet
und ihr Mann extrem eifersüchtig. Neapolitaner eben. Der Sonnenkönig hat ihn
fortgeschickt und mit einem Kommando in den französischen Kolonien betraut.
Doch Angelicas Mann kehrte nach Monaten heimlich zurück. Er schaffte seine vom
König hochschwangere Frau gegen deren Willen an einen geheimen Ort. Nach der
Geburt ließ er verkünden, dass seine Frau eine Totgeburt erlitten hätte. Eine
treue Dienerin konnte aber einen Brief Angelicas an Ludwig herausschmuggeln und
er hat ihr geantwortet. In seinem Brief bedankte er sich für den Sohn, gab ihm
den Namen Ludwig und erkannte ihn an. Er schickte Männer los, um Angelica und
seinen Sohn zurück an seinen Hof zu holen und ihren Mann wegen Verrats zu
verhaften. Doch Angelica war inzwischen gestorben und ihr Mann samt Kind
verschwunden. Der Brief des Sonnenkönigs jedoch ist erhalten geblieben und
wurde von Generation zu Generation als Familienschatz weitergereicht. Erst
meine Mutter hat sich entschlossen, daraus Kapital zu schlagen.“
    Es klopfte.
Rosa und Margherita traten ein. „Verzeiht, Durchlaucht. Aber die Herzoginmutter
schickt uns, um Euch für das

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