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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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sich ein Stück in den Mund.
    „Das eine
setzt das andere voraus“, erklärte Filomena. „Die Hexe spielt ihr Spiel Zug um
Zug.“
    Emilia kaute
weiter an ihrem Brot. Sie wirkte in Gedanken versunken. Unversehens glitten
ihre Finger über ihren Bauch. Sie hob den Kopf und folgte einer jähen
Eingebung: „Wenn ich das Kind geboren habe und es wird tatsächlich ein Sohn,
denkst du, Beatrice und dein Bruder würden mich dann gehen lassen? Hätte ich
dann nicht meine Schuldigkeit getan, wenn ich ihnen den heiß ersehnten Erben
abgeliefert habe?“
    „Heißt das,
du willst weiter gegen dein Schicksal ankämpfen?“
    „Natürlich!
Ich sehe mich keinesfalls als Bauer auf dem Schachbrett, den man nach Belieben
umherschubsen kann“, erwiderte Emilia stolz.
    „Ich
verstehe. Und doch könntest du eines Tages selbst Königin sein…“ Filomena warf
den Satz wie einen Testballon in den Raum.
    „Ich? Wie
käme ich dazu?“
    „Ganz
einfach: Wenn sich alles so entwickelt, wie es die Hexe geplant hat, und mein
Bruder Carlo König von Italien wird, dann wirst du - als seine legitime Gattin
-, Königin sein.“
    „Herrje“,
machte Emilia. „Das habe ich bisher immer verdrängt. Aber nein, vielen Dank“,
winkte sie entschieden ab. „Meine Schwiegermutter wünscht sich die Krone so
sehr, sie kann sie gerne haben. Mir liegt absolut nichts daran.“
    „Das glaube
ich dir gern. Aber was ist mit deinem Kind? Liegt dir etwa auch nichts an ihm?“
    „Was soll
das heißen?“ Unwillkürlich spannte sich Emilia an.
    „Du scheinst
das Kind nicht in deine Pläne einzubeziehen…“
    Emilia sah
Filomena mit einem Ausdruck an, als wäre sie ihr plötzlich lästig. Gefährlich
ruhig sagte sie: „Sprich es ruhig aus. Du wirfst mir vor, dass ich in Erwägung
ziehe, das Kind - im Austausch für meine Freiheit -, in der Obhut deiner Mutter
zu lassen. Ist es das, was du sagen wollest?“
    Filomena
legte den Kopf schief. „Die Instinkte einer Mutter…“, setzte sie an, doch
Emilia fiel ihr giftig ins Wort: „Die Instinkte einer Mutter? Was weißt du
schon davon?“, höhnte sie. „Ich wollte dieses Kind nicht, seit Wochen quält es
mich. Fast hätte es mich umgebracht! Und nun soll ich um seinetwillen alle meine
Pläne aufgeben? Denkst du, ich will ein aufgezwungenes Leben führen und dazu
verdammt sein, Jahr für Jahr herzogliche Kinder zu werfen, bis ich eine
ausgelaugte Matrone bin, deren Bauch und Busen zur Erde streben? Hinter diesen
Mauern kann ich nicht frei atmen. Ich muss fort, bevor ich daran noch
ersticke!“ Atemlos hielt Emilia inne. Ihr Herz klopfte wie ein Blasebalg, da
ihr Körper sich bisher kaum von den Strapazen der letzten Wochen erholt hatte.
    Filomena
hatte Emilias Ausbruch geduldig abgewartet. Ruhig erwiderte sie jetzt: „Ich
denke, du hast immer noch nicht begriffen, welche Rolle du in den Plänen meiner
Mutter spielst. Selbst wenn du in einigen Monaten einen männlichen Erben
gebären solltest, werden weder Mutter noch Carlo dich jemals gehen lassen.
Falls dir trotz all ihrer Vorkehrungen tatsächlich eine Flucht ohne dein Kind
gelänge, so werden sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um deiner wieder
habhaft zu werden. Nein, meine Liebe“, sagte sie ungewöhnlich einfühlsam,
„Ihnen dein Kind zu überlassen, würde nichts an deiner Lage ändern. Sie würden
dich niemals in Frieden lassen.“ Sie sprach im selben ruhigen Ton weiter, doch
er änderte nichts an der Härte ihrer folgenden Worte: „Außerdem solltest du
auch in Betracht ziehen, dass das Kind bei der Geburt sterben könnte oder du
ein Mädchen gebärst. So oder so erwartet man von dir ein weiteres, männliches
Kind.“
    „Ich weiß
selbst, dass ich für sie nicht mehr Wert besitze als den einer Zuchtstute“,
schnaubte Emilia empört. „Gerade deshalb muss ich fliehen!“ Es klang aufrichtig
trotzig, als sie ergänzte: „Mein Bruder wird mir helfen.“
    „An deiner
Stelle würde ich mir nicht allzu viele Hoffnungen machen“, erwiderte Filomena.
Sie fand es an der Zeit Emilia einige ihrer Illusionen zu berauben - auch wenn
sie selbst einmal daran geglaubt hatte. Inzwischen hatte sie ihre Meinung dazu
geändert.
    Durch Emilia
ging ein Ruck. „Wie kannst du daran zweifeln, Filomena?“
    „Ich
zweifele nicht, ich konstatiere: Dein Bruder ist Jesuit. Ergo hat er derzeit
andere Sorgen, wie du selbst am besten weißt. In seinen Augen bist du vor Gott
mit meinem Bruder Carlo verheiratet. Du bist die Herzogin von Pescara und der
Herzog

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