Das Hexenkreuz
mir einen
weiteren Vorschuss in Höhe von…“, er hielt inne und gab vor in Gedanken
nachzuzählen, „Sagen wir zwanzig Golddukaten zu zahlen. Als Zeichen Eures guten
Willens.“ Er lächelte boshaft. Langsam gewann er an Sicherheit.
Der Spanier
lief puterrot an. Einen kritischen Augenblick lang wirkte er, als wollte er
sich auf ihn stürzen. Piero wich zur Vorsicht zwei Schritte zurück. Doch Moñino
bezwang seinen Zorn. Steif schritt er zu seinem Schreibtisch und riss die
Schublade mit einer Bewegung auf, die seine Wut verriet. Er entnahm ihr eine
Kassette und zählte mit zusammengepressten Lippen zwanzig Golddukaten heraus.
Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck ließ er sie in Pieros geöffnete Hand
gleiten.
„Exzellenz,
es ist mir ein Vergnügen, mit Euch Geschäfte zu tätigen“, verkündete Piero mit
einer Verbeugung, die nicht tief genug war, um wirklich ehrbietig zu sein.
„Ich warne
Euch, Cavaliere“, knurrte der geprellte Botschafter. „Ich erwarte die beiden
Schriftstücke unversehrt und ungeöffnet, hört Ihr! Diese Unterlagen sind allein
für die Augen der Kirche bestimmt. Wenn ich auch nur den Verdacht hegen sollte,
dass Ihr sie entgegen unserer Abmachung geöffnet habt, dann seht Ihr den Rest
Eures Geldes nie!“
„Ich
versichere Euch, dass ich kein Interesse an christlichen Schriften hege, mögen
sie noch so heilig sein. Bis morgen Mittag also. Eure Exzellenz, ich bin Euer
ergebenster Diener.“ Erhobenen Hauptes verließ Piero den Raum.
Moñino gab
hinter ihm ein Geräusch von sich, als würde ein Hund knurren. Immer noch in den
Fängen des Zorns, sah er Pieros elegante Gestalt durch die Tür entschwinden. Diese
vermaledeiten Italiener, wütete er in Gedanken. Sie waren Meister der
Verstellung. Niemals hätte er di Stefano diese Raffinesse zugetraut.
Selbstverständlich hatte er sich über ihn erkundigt, bevor er mit seinem
Vorschlag an ihn herangetreten war. Der Mann war ein Spieler, ein Nichtsnutz,
der das gesamte Vermögen der Familie mit windigen Geschäften verschleudert
hatte. Er fraß Geld ebenso wie ein Rindvieh Heu verschlang, und am Ende kam bei
beiden nichts als Mist heraus. Moñino unterdrückte den hehren Drang, auf den
Boden zu spucken. Immerhin, die beiden Dokumente, die er morgen in Händen halten
würde, würden ihn für alles entschädigen – vorausgesetzt, es handelte sich
tatsächlich um die erhofften. Deren Wert war unschätzbar: Das eine würde den
endgültigen Fall der Jesuiten herbeiführen, da es bewies, dass der Orden seinen
Papst bestohlen hatte, und das andere, die Schatzkarte, wies den Weg nach Paititi,
der Verlorenen Stadt der Inkas. Paititi war das sagenhafte El Dorado! Die Karte
war ihnen einst von Martín García de Loyola, einem Verwandten des Ordensgründers Ignatius, gestohlen
worden. Als Gouverneur durch seine allerkatholischste Majestät eingesetzt,
hatte dieser die Inkaprinzessin Nusta Beatriz, die Tochter des letzten Königs
der Inca, Tupac Amaru, geehelicht, um die endgültige Unterwerfung des Landes Peru
zu besiegeln. Schon vor einigen Jahren hatte er den Beweis erlangt, dass seine
damalige Verbündete, Beatrice von Pescara, die Schatzkarte ihrerseits den
Jesuiten gestohlen hatte. Deshalb hatte er die junge Witwe des Herzogs von
Pescara über längere Zeit beobachten lassen, doch nichts an ihren Handlungen
hatte darauf hingewiesen, dass sie sich in deren Besitz befand. Er setzte darum
seine ganze Hoffnung darauf, dass die Herzoginwitwe Emilia, ihrem Bruder, dem Jesuiten,
die Karte zurückgegeben hatte und sie sich nun unter den wichtigsten Geheimdokumenten
der Jesuiten befand. Das Einzige, was ihm Kopfzerbrechen bereitete war, dass di
Stefano entgegen seinem ausdrücklichen Befehl, die Dokumente öffnen und genauer
in Augenschein nehmen würde. Die grenzenlose Gier des Mannes war nicht zu
unterschätzen. Falls di Stefano die Schatzkarte entdecken würde, würde er sie
für sich behalten. Doch dieses Risiko musste er eingehen. Moñino setzte sich,
um einen Bericht zu schreiben. Mit einem Schnauben stieß er die Feder in die
Tinte. „Verdammter Italiener“, wiederholte er böse.
Bis morgen
musste er sich noch gedulden, um Gewissheit zu erlangen. Er wünschte, die Zeit
würde schneller verrinnen. Dann kam ihm ein Gedanke, wie er sich die Zeit bis
dahin vertreiben konnte. Oh ja, das konnte amüsant werden. Er rief seinen
Privatsekretär zu sich.
Aufgewühlt verließ Piero das Arbeitskabinett des Botschafters
und lief die Treppe hinab.
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