Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
Vom Netzwerk:
Worauf hatte er sich da nur wieder eingelassen? Er
hatte von Anfang an gewusst, wie gefährlich es war, sich mit den Mächtigen
einzulassen. Doch der Auftrag hatte simpel geklungen und die Belohnung zu hoch,
als dass er das Angebot hätte ausschlagen können. Wie sollte er jetzt vorgehen?
Eine innere Stimme riet ihm, sich mit den zusätzlich erbeuteten zwanzig
Golddukaten zufriedenzugeben und schleunigst in Richtung Venedig zu
entschwinden. Oder sollte er den Versuch wagen, die beiden fehlenden
Schriftrollen in seinen Besitz zu bringen? Sie mussten wirklich einen immensen
Wert darstellen, da der Spanier sein Angebot verdächtig schnell verdoppelt
hatte. Piero hatte keinen Schimmer, was die Kirchendokumente enthielten, die er
Moñino geliefert hatte. Nun bedauerte er seinen Eifer. Vielleicht hätte er doch
einen Blick darauf riskieren sollen? Er interessierte sich wenig für die
Politik des Kirchenstaates, doch selbst ihm war geläufig, dass man Moñino eine
erbitterte Feindschaft zum Jesuitenorden nachsagte. Der Gedanke streifte ihn,
dass er die Dokumente besser den Jesuiten hätte anbieten sollen? Womöglich
hätte er bei ihnen mehr dafür herausschlagen können? Plötzlich hielt Piero
inne. Er hatte eben bemerkt, dass er in der Eile, die Gesandtschaft zu
verlassen, seinen Degen mit dem Rubin zurückgelassen hatte. Der
wichtigtuerische Sekretär hatte ihn unsinnigerweise dazu aufgefordert, ihn vor
dem Betreten des Botschafterkabinetts abzuschnallen. Der spanische Gesandte
galt als extrem vorsichtiger Mann.
    Wohl oder
übel musste er umkehren, wenn er den Degen nicht verlieren wollte. Von Moñino
würde er ihn kaum freiwillig zurück erhalten. Dazu hatte er den Mann zu sehr
verärgert.
    Er traf das
Vorzimmer leer an und entdeckte den Degen dort, wo er ihn abgelegt hatte. Er
stand schon im Begriff, sich ungesehen wieder davon zu machen, als das
Schriftstück, an dem der Sekretär zwei Stunden eifrig gearbeitet hatte, in sein
Blickfeld geriet. Es sah offiziell aus. Piero gab einem Impuls nach und steckte
das Bündel ein. Plötzlich drangen zwei Stimmen zu ihm. Die Tür zum
Botschaftskabinett war nur angelehnt und der Inhalt des Gespräches ließ Piero
aufhorchen. Offensichtlich hatte der Botschafter seinem Sekretär soeben einen
speziellen Auftrag erteilt. Unterwürfig wandte dieser ein: „Euer Gnaden, verzeiht
Eurem untertänigsten Diener, aber ich glaube, ich habe Euch eben nicht richtig
verstanden. Ihr wollt tatsächlich den Großinquisitor der Kirche Roms in die
spanische Gesandtschaft einbestellen?“
    „Ihr habt
absolut richtig gehört, Fernando. Setzt es genauso auf, wie ich es
diktiert habe. Er soll zu mir kommen, wie der Bittsteller, der er ist.
Ich habe es satt, mich von dem römischen Priesterpack herumkommandieren zu
lassen. Schreibt, dass ich Informationen über jene Dokumente erlangt habe,
wonach er und seine Vorgänger seit zwei Jahrhunderten fahnden. Ich versichere
Euch, der Mann wird mit wehenden Röcken hier antanzen. Wenn Ihr den Brief
gefertigt habt, bringt ihn mir gleich, damit ich ihn unterschreiben und
versiegeln kann. Nun geht und eilt Euch“, entließ er ihn unwirsch.
    Piero zog
sich schleunigst zurück. Das war ja interessant. Wie es aussah, beabsichtigte
Moñino, die Dokumente an den Papst weiterzuverkaufen und selbst Profit damit zu
machen. Das erklärte auch, warum er, Piero, sie auf keinen Fall hatte öffnen
sollen. Die Kirche und ihre Geheimniskrämerei. Doch er interessierte sich nicht
für deren Machenschaften. Beten war etwas für das niedere Volk.
Jahrhundertelang hatte der Kirchenadel es damit ruhig gestellt und sich selbst
daran fett gefressen. Seinetwegen konnte es zwanzig weitere Evangelien geben,
eine Gegenbibel oder den Beweis, dass Jesus gar nicht Gottes Sohn war. Doch das,
was er eben erfahren hatte, ließ einen verrückten Plan in ihm reifen. Wie viel
Zeit blieb ihm, um der Botschaft des Spaniers zuvorzukommen? Der Sekretär
zeichnete sich nicht gerade durch Schnelligkeit aus. Diese Kenntnis hatte er
während der Stunden gewonnen, die er unfreiwillig in seiner Gesellschaft
verbracht hatte. Dessen Feder war derart langsam und kratzend über das Papier
gekrochen, dass ihm davon jetzt noch die Ohren juckten. Er musste den kleinen
Vorsprung unbedingt nutzen. Im Eilschritt durchmaß er die dämmrige Halle und
betrat die belebte Piazza di Spagna, wo ihn gleißendes Sonnenlicht umfing. Mit
Schwung sprang er auf sein Pferd und hielt direkt auf den Petersplatz zu.
Während des nur

Weitere Kostenlose Bücher