Das Hexenkreuz
schleppender Stimme an: „Cavaliere di Stefano! Ich
bin hoch erfreut, Euch zu sehen. Wenn Ihr mir meinen Aufzug verzeihen wollt,
doch ich wurde in einige Kalamitäten verwickelt.“ Er hustete gequält.
Sein Helfer,
auf dessen Haupt eine schiefe Küchenmütze trohnte und der ihn mehr trug als
stützte, meinte besorgt: „Ihr solltet nicht soviel sprechen, Meister Donatus. Eure
Rippen sind verletzt.“
Piero glitt
endgültig vom Pferd. „Ach, Ihr seid es, Meister Donatus. Was ist? Seid Ihr etwa
in eine Wirtschaftsschlägerei geraten?“, erkundigte er sich amüsiert.
„Aber,
nein…“, antwortete dieser angemessen entrüstet. Er versuchte sich etwas
aufzurichten, um seiner Person mehr Würde zu verleihen, was eine schmerzhafte
Grimasse zur Folge hatte. „Ich wollte die Eccellenza vor diesen Grobianen
beschützen. Doch wie Ihr an meinem traurigen Zustand unschwer erkennen könnt,
habe ich auf ganzer Linie versagt.“ Donatus Gesicht sonderte rabenschwarze
Trübsinnigkeit ab.
Piero
horchte auf. Unversehens schien ihm ein Ausweg aus seinen Gewissensnöten
beschert worden zu sein. Wenn er eben richtig verstanden hatte, wusste Donatus
nicht nur über Emilias Schicksal zu berichten, sondern konnte dieses mit
eigenen Augen bezeugen. Damit wäre er aus dem Spiel.
„Wenn Ihr
erlaubt, Meister Donatus, aber ich muss dringend an meinen Herd zurückkehren.“
Im Blick des Kochs stand die unmissverständliche Aufforderung an Piero, ihm
seine besondere Last abzunehmen.
Piero warf
einen letzten sehnsüchtigen Blick auf sein Pferd, dann zuckte er mit den
Schultern. Was soll´s, dachte er, die Sonne wird bald untergehen. Außerdem, was
sollte ihm sein kleiner friedliebender Bruder schon antun? Ihm etwa eines auf
die Nase geben? Mit der vorlauten Serafina würde er fertig werden. Sie war
nichts weiter als eine Dienstbotin, die sich auf Kosten seiner Schwester ein
schönes Leben machte. Er würde einfach alles abstreiten! Er war immerhin der
ältere Bruder der abwesenden Hausherrin! Sicher ergab sich die Gelegenheit noch
heute Nacht, das Haus ein weiteres Mal und diesmal gründlicher zu durchsuchen.
Falls er der beiden anderen Dokumente tatsächlich habhaft werden sollte, konnte
er immer noch darüber nachdenken, was er damit anfangen würde. Piero gab dem
Stallburschen, der sich bereits seit einer Weile in ihrer Nähe herumgedrückt
hatte, ein entsprechendes Zeichen. Er selbst übernahm Donatus vom Koch, legte
sich dessen Arm um die Schulter und schleppte ihn die fünf Stufen bis zum
Eingangsportal hinauf. Oben lehnte er den Verletzten gegen die Hauswand. Er
stand im Begriff nach der bronzenen Türglocke zu greifen, als das Portal sich
bereits vor ihm öffnete. Piero fand sich just Nase an Nase mit Donna Elvira
wieder. Verflixt! Pieros Zuversicht sank in sich zusammen wie ein leerer
Weinschlauch. Was machte dieses Weib hier? Warum musste sie ausgerechnet jetzt
hier auftauchen? Hatte er sich eben noch selbst versichert, Emanuele und
Serafina relativ leicht täuschen zu können, so stellte Serafinas Mutter ein
völlig anderes Kaliber dar. Mit Sicherheit würde sie versuchen, ihm jeden Wurm
einzeln aus der Nase zu ziehen.
Zu spät. Die
schöne Gelegenheit, die ihm Donatus´ Erscheinen geboten hatte, hatte er
verpasst.
„Sieh einmal
an“, begrüßte ihn Donna Elvira zuckersüß. „Das schwarze Schaf kehrt wieder.
Seid Ihr etwa auf noch mehr Beute aus oder…“ Ein jähes Stöhnen ließ Elviras Satz
unvollendet. Sie trat über die Schwelle und entdeckte zu ihrem Schrecken
Donatus zusammengekrümmte Gestalt an der Mauer. „Helft mir lieber mit dem
Majordomus, anstatt mich zu beleidigen“, meinte Piero, dem seine Samariterrolle
Sicherheit verlieh. „Ich scheine es zu meiner persönlichen Angelegenheit
gemacht zu haben, verletzte Personen an der Haustüre aufzulesen und zu retten.“
Mit
vereinten Kräften halfen sie Donatus in die Halle und setzten ihn dort auf eine
steinerne Bank zwischen der halbrunden Freitreppe. Dort sank Emilias Majordomus
in eine gnädige Ohnmacht. „He, Ihr da“, rief Donna Elvira einen vorbeieilenden
Diener an, der im Begriff stand, die Leuchter zu entzünden. „Schnell, schafft
eine Bahre herbei.“ Anstatt ihrer unmissverständlichen Forderung nachzukommen,
blieb der Mann wie vom Donner gerührt stehen. Er hatte in der jammervollen
Gestalt seinen Herrn und Meister entdeckt.
„Was haltet
Ihr hier Maulaffen feil? Los, geht eine Trage besorgen“, fuhr ihn Elvira forsch
an. Der Diener stieß
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