Das Hexenkreuz
verbiete Euch hiermit in aller Strenge der Fürstin
weiteres Leid zuzufügen. Nun zu Euch, Herr Botschafter“, fuhr er an den Prinzen
gerichtet fort. „So sehr es mich betrübt, aber ich muss Euch mitteilen, dass
ich die Fürstin nicht ziehen lassen kann, solange sie uns nicht den Namen jener
Person verrät, von der sie die Abschrift erhalten hat. Das uns gestohlene
Dokument ist das Wertvollste, das die Kirche besitzt, oder besser ausgedrückt, je
besessen hat. Da die Fürstin scheinbar zur Aufklärung des Diebstahls beitragen
kann, dies jedoch verweigert, kann ich ihre Freilassung nicht veranlassen. Das
versteht Ihr doch meine Tochter, nicht wahr?“
Emilia senkte
den Kopf und Prinz Galitzin sah seine Felle davonschwimmen. Er unternahm einen
letzten Versuch: „Eure Heiligkeit, ich bitte Euch inständig. Die Fürstin hat
zwei kleine Kinder zuhause, die ihre Mutter schmerzlich vermissen. Ich verbürge
mich persönlich dafür, dass die Fürstin jederzeit für eine weitere Befragung zu
Eurer Verfügung stehen wird.“
„Eure
Intervention, Herr Botschafter, ist hiermit zur Kenntnis genommen, jedoch
abgelehnt. Gerne jedoch gebe ich der Fürstin eine letzte Gelegenheit, uns den
Namen der Person zu nennen, von der sie die Abschrift erlangt hat. Sprecht
meine Tochter und Ihr seid frei.“
Emilia kreuzte
ihren Blick mit dem Papst und schwieg mit zusammengepressten Lippen. Clemens
nickte. Bertolli gab der Wache ein Zeichen und Emilia wurde abgeführt.
Prinz
Galitzin verabschiedete sich nun seinerseits vom Papst, wobei er ihm seinen
tief empfundenen Dank für die erfolgte Audienz aussprach. Sodann begab er sich
auf schnellstem Wege in die Villa Meraviglia.
Kaum allein
mit Donna Elvira, Serafina und Pater Baptista - Piero irrte auf der Suche nach
Pater Egidio noch immer durch die Stadt -, stellte ihm Serafina die Frage, die
allen dreien auf der Seele brannte: „Und Herr Botschafter, habt Ihr mit der
Fürstin Emilia sprechen können?“
„In der Tat,
das habe ich“, erwiderte Galitzin mit Diplomatenmiene.
„Ja und? Wie
geht es Ihr? Konntet Ihr ihr den Trank zustecken? So sprecht doch …“
„Auch das!“,
lachte der Graf befreit auf und berichtet ihnen dann ausführlich von seinem
Streich: Im Beisein des Papstes und Bertollis hatte er ihr seine Jacke um die
Schultern gelegt, ihr das Fläschchen in die Hand gedrückt und zugeflüstert:
„Hier, das schickt Euch Donna Elvira. Trinkt das und Ihr werdet morgen frei
sein.“
Da der
Botschafter über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte, war er in der Lage
ihnen jedes Wort und jede Einzelheit zu schildern, die sich während der Audienz
des Papstes zugetragen hatte. Die Passage, bei der Emilia ihren nackten Rücken
vor den Augen Clemens XIV. entblößt hatte, sorgte für Entsetzen. Nach einer
Schrecksekunde rief Pater Baptista: „Meiner Treu, diese Fürstin muss den Mut
einer Maria Magdalena besitzen! Hat sie sich nicht einst den Soldaten Roms
entgegengestellt, um Jesus Leiden am Kreuz zu lindern, während seine Jünger es
vorgezogen haben, die Qualen des Herrn aus sicherer Entfernung zu verfolgen?
Bertolli muss eine wahre Freude an ihr haben. Ihn auf diese Weise vor dem Papst
bloßzustellen…“
„Ich denke,
wir sollten nicht abwarten, bis man uns den Tod der Fürstin vermeldet“, wandte
Donna Elvira jetzt ein.
„Was schlagt
Ihr vor?“ Aufmerksam sah der Prinz sie an.
„Am besten,
Ihr findet Euch gleich am Morgen in aller Frühe bei diesem Konsultor Bertolli
ein. Führt den Vorwand an, dass Ihr Euch von nun an täglich mit eigenen Augen
davon überzeugen wollt, dass der Fürstin kein weiteres Leid geschieht. Um sich
selbst zu entlasten, wird er Euch den Zugang nicht verwehren. Seit heute muss
er damit rechnen, dass der Papst die Angelegenheit persönlich verfolgen wird.
Nicht ohne Grund wollte der Vorsitzende der Heiligen römischen Inquisition,
Giovanni Stoppani, die Gefangennahme der Fürstin vor dem Papst geheim halten.
Wenn Emilia den Trunk zu sich genommen und unser Plan aufgegangen ist, könnt
Ihr auf die sofortige Herausgabe ihrer sterblichen Überreste pochen.“ Donna
Elvira hielt inne, da in der Halle Schritte und kurz darauf Stimmen laut
wurden. Sie erkannte darunter Vittoria und auch jene von Piero, was sie auf
eine Idee brachte. „Das Beste wäre es, Herr Botschafter, Ihr nehmt Emilias
Bruder Piero morgen als Eure Begleitung mit. Er ist allerdings nicht in unseren
Plan eingeweiht und ich empfehle, dass dies so bleiben
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