Das Hexenkreuz
weiteren
Köstlichkeiten schon wieder in den Korb spickte.
„Ich hatte
eigentlich gehofft, dass der Inhalt des Korbes bis Rom reichen würde“, meinte
Serafina. Sie schlug ihrer Freundin spielerisch auf die Finger, die sich eben über
das Mandelgebäck hermachen wollte.
Emilia
versuchte es mit einem treuherzigen Blick.
„Also gut,
du Vielfraß“, gab Serafina gutmütig nach. „Aber nur zwei Stück. Dann ist
Schluss für heute.“
Serafina
gönnte sich ebenfalls etwas von dem Gebäck. Kauend meinte sie: „Es wird schon
dunkel. Nach deinem Schläfchen vorhin bist du doch sicherlich ausgeruht, oder?
Du darfst gerne die erste Wache übernehmen.“ Sprachs, rollte sich in ihre Decke
und schlief sofort ein. Emilia weckte sie. „Psst, Serafina. Hörst du das? Da
kommt jemand.“ Ihre Hand lag auf ihrem Degen.
Serafina
rappelte sich hastig auf. „Was ist mit den Tieren?“, flüsterte sie. „Sie
könnten uns verraten.“
„Keine
Sorge, ich habe ihnen die Mäuler mit zwei Stofffetzen verbunden“, erwiderte
Emilia. Angestrengt lauschten sie in die Dunkelheit und konnten zwei
Männerstimmen unterscheiden. Doch sie waren noch zu weit entfernt, um einzelne
Worte zu verstehen. „Was meinst du? Kommen sie auf uns zu?“, wisperte Serafina.
„Ich weiß es
nicht. Durch die Felsen klingt alles ein wenig verfälscht.“
„Denkst du,
sie könnten mir gefolgt sein?“, fragte Serafina beunruhigt.
„Das halte
ich für unwahrscheinlich“, erwiderte Emilia nach kurzer Überlegung. „Es sind
mindestens zwei Stunden seit deiner Rückkehr vergangen. Außerdem versuchen sie
nicht gerade sich anzuschleichen. Trotzdem sollten wir uns für eine schnelle
Flucht bereit halten. Pack rasch zusammen und geh zu den Pferden. Ich warte
hier.“
Serafina
wollte aufstehen, doch Emilia hielt sie auf. „Horch!“ Tatsächlich erhoben sich
die Stimmen erneut. Erleichterung breitete sich auf Serafinas Gesicht aus: „Oh,
sie singen! Und wie falsch… Die Herren kehren sicher von einem weinseligen
Ausflug zurück.“
„Bleiben wir
auf der Hut. Bacchus bringt es noch fertig und lässt sie direkt über uns
stolpern“, raunte Emilia. Nichts geschah. Die Betrunkenen zogen grölend nur
wenige Meter an ihnen vorüber und ihre falschen Töne verhallten in der Nacht.
„Ich werde
die nächste Wache übernehmen“, bot Serafina an.
Emilia
schüttelte den Kopf. „Nein, ich könnte jetzt nicht schlafen. Es ist eine klare
Nacht. Was hältst du davon, wenn wir weiterziehen? Ich kann nicht genau sagen,
warum, aber ich würde hier gerne fort. Die Gegenwart all dieser Menschen macht
mich nervös.“
„Du hast
Recht. Beim nächsten Mal haben wir vielleicht nicht so viel Glück.“
Bei
Tagesanbruch stießen sie auf eine gut getarnte Höhle, die geräumig genug war,
um sie alle aufzunehmen. Der Zugang der Höhle lag etwas erhöht auf einem
Plateau hinter einer Ansammlung mehrerer Felsen. Die Steine wirkten, als hätte
ein Riese mit ihnen gewürfelt und sie dann achtlos liegen gelassen. Dazwischen
sprossen bunte Distelblumen. Eben diese hatten den nimmersatten Luigi auf den
Plan gerufen. Auf der Suche nach den besten Happen, hatte er sich einfach
zwischen zwei Felsspalten hindurchgezwängt. Serafina war ihm gefolgt und hatte so
die Höhle entdeckt.
Die
Freundinnen richteten sich sofort häuslich darin ein. „Seit unserer Nacht in
der Scheune haben wir keinen so guten Ruheplatz mehr gefunden“, meinte Serafina
begeistert. „Gut gemacht, du hässliches verfressenes Vieh“, lobte sie das Maultier.
„Hier hast du eine Belohnung.“ Die Mohrrübe wurde dankend entgegengenommen und
knirschend verspeist. Ambra reckte den Hals und erhielt ebenfalls ihren Obolus.
„Oh, sieh
nur. Wie wunderschön!“, flüsterte Emilia andächtig. Sie hatte einen Span entzündet
und schwenkte ihn an der rauen Felswand entlang. Im schwachen Schein des Feuers
wurden primitive Malereien sichtbar, die durch das schwankende Spiel der
Flammen zu eigentümlichem Leben erwachten. Serafina trat staunend näher.
Ehrfürchtig fuhr sie mit dem Finger die dunkle Linie eines Bildes nach, das
wohl einen Hirsch darstellte. Die meisten Malereien illustrierten erstaunlich
reale Jagdszenen. Auch einige seltsame Tiere waren abgebildet. Unter ihnen
eines, das im Sprung wirkte wie ein riesiger Tiger, jedoch mit zwei langen
Säbeln ausgestattet war, die ihm aus den Backen wuchsen.
„Du hast
Recht. Diese Bilder sind wunderschön gerade in ihrer Einfachheit“, meinte
Serafina
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