Das Hexenkreuz
sein. Erlaubt Ihr mir, das
ich dies für Euch übernehme?“
„Natürlich,
Pater di Stefano. Waltet Eures Amtes.“ Sie versank in einen graziösen Knicks.
„Verehrte
Principessa Vittoria, darf ich Euch meine liebe Zwillingsschwester Emilia di
Stefano und ihre gute Freundin, Serafina La Tedesca aus meiner Heimat Santo
Stefano di Sessanio vorstellen? Emilia, Serafina, das ist die Principessa
Vittoria, Francescos Schwester.“
Die
lebenssprühende Principessa nahm Emilia und Serafina sofort in Beschlag.
Ununterbrochen sprudelten Pläne und Einfälle aus ihr hervor, was sie zusammen
alles unternehmen würden. Sie plapperte unentwegt, ohne Punkt und Komma.
„Kann sie
auch einmal still sein?“, erkundigte sich Serafina später beim Abendessen leise
bei Emanuele.
„Ich fürchte
nein“, erwiderte er ebenso leise.
Die
Principessa hatte sich bald von ihnen verabschiedet. Sie kündigte an, dass sie
sich nun den Vorbereitungen für den Abend widmen müsste. Es würde ein Privatkonzert
des Wunderknaben geben, mit anschließendem festlichem Abendessen. Emanuele
müsste sie unbedingt bei der Menüfolge beraten! Vittoria hakte den Hilflosen
unter und schleppte ihn davon. Emilia und Serafina blieben gleichermaßen
amüsiert wie enttäuscht zurück. Sie hatten sich bereits Hoffnungen gemacht,
endlich ihre brennenden Fragen an Emanuele richten zu können. „Sag mal“, meinte
Emilia mit gekräuselter Stirn. „Wenn die kleine Vittoria eine Principessa ist
und Francesco ihr Bruder, dann ist er womöglich auch der Principe, von dem die
Zofe vorhin gesprochen hat?“
„Principe
und Jesuit, das passt“, meinte Serafina lakonisch.
Als Emilia
und Serafina durch einen Diener nach unten gebeten wurden, trafen gleichzeitig auch
die ausländischen Gäste ein. Vittoria eilte jenen mit raschelnden Röcken durch
die Eingangshalle entgegen. Die Principessa hatte sich für den Abend
herausgeputzt und trug eine cremefarbene Traumrobe, die ab der schmalen Taille
in einem wahren Wasserfall an Volants herabfiel. Ihr mahagonifarbenes Haar trug
Vittoria kunstvoll hochgesteckt. Stolz präsentierte sie ihnen ihre Gäste: Den
ehrenwerten Signore Leopold Mozart, seines Zeichens Hofkomponist und dessen
überaus begabten Sohn Wolfgang Amadé. Emilia musterte ihn enttäuscht. Sie
wusste nicht genau, was sie nach Vittorias Schwärmereien erwartet hatte,
sicherlich nicht das. Sie fand den großartig angekündigten Wunderknaben etwas
blass unter der gepuderten Perücke und leider auch durch einige Pockennarben
gezeichnet.
Das folgende
Privatkonzert änderte alles. Nachdem die Musik geendet hatte und die anderen
sich anschickten das Musikzimmer zu verlassen, verharrte Emilia weiter auf
ihrem Platz. Ihr Antlitz barg den Ausdruck tiefster Verzückung. So sehr war sie
dem eben Gehörten verhaftet, dass ihr der einzige interessierte Blick entging,
den der junge Principe Colonna ihr an diesem Abend zuwarf. Emanuele weckte
seine Schwester aus ihrer Versunkenheit, indem er ihr seinen Arm bot und sie in
das hell erleuchtete Speisezimmer geleitete. Die Tafel für die Gäste war bereitet.
Silbernes Besteck mit dem gekrönten Säulen-Wappen der Colonnas funkelte neben Geschirr
aus edlem Porzellan. Diener füllten die Kristallpokale mit rotem Wein und
trugen schwere Platten auf, beladen mit unzähligen Köstlichkeiten. Kaum aber,
dass sie Platz genommen hatten, erschien der Majordomus Donatus und kündigte
weiteren Besuch an. Leider klebte ihm dieser bereits an den Fersen. Die
Höflichkeit gebot die späten Gäste mit an die gemeinsame Tafel zu bitten. Rasch
und diskret legte die Dienerschaft zwei Gedecke nach und das Grafenpaar
Aquaviva gesellte sich zu ihnen. Bei den Aquavivas handelte es sich um Bekannte
der Eltern der Geschwister Colonna. Vittoria verriet Emilia, dass die Aquavivas
berühmt dafür waren, unangemeldet aufzutauchen und keine Hemmungen kannten,
sich aufzudrängen. Die Gräfin galt als furchtbare Klatschbase. Serafina und
Emilia wurden dem Paar als Freundinnen Vittorias aus Florenz vorgestellt, die
sie dort bei ihrem letzten Aufenthalt kennengelernt hatte. Der Graf war
hochbetagt - die Gräfin, eine füllige Person, deren Busen ihren Schnürleib zu
sprengen drohte, mindestens dreißig Jahre jünger. Das Jahr über weilten sie
meist in ihrem Palazzo in San Felice di Circeo am Meer südlich von Rom, ´ weil
dort die Luft meinem Augusto so gut tut `, wie die Gräfin zwitscherte.
Zweimal im Jahr reisten sie umher, um allen Verwandten und Bekannten
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