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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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finanziell
unterstützt haben. Der Herzog von Pescara verfügt über eines der größten
Vermögen des Landes. Er soll sogar reicher als der Papst sein.“
    „Aber woher
bezieht ihr euer Wissen? Beruht es nicht vielmehr auf reinen Annahmen?“
    „Leider
nein. Mein Freund Pater Francesco ist die rechte Hand des Pater General Ricci und
genießt sein Vertrauen. Er hat es von ihm selbst erfahren. Unser Orden war in
den letzten Jahren zunehmend Verleumdungen ausgesetzt. Dem Papst wurden üble
Lügen über uns zugetragen, vor allem jene, dass wir Jesuiten dem Papst die
heiligste Reliquie der Christenheit gestohlen hätten.“
    „Welche
Reliquie?“, fragte Emilia sofort.
    „Die Natur
der Reliquie ist ein Geheimnis, welches seit beinahe zweihundertfünfzig Jahren
allein der Papst und der jeweilige Generalobere des Jesuitenordens miteinander
teilen. Unser Ordensgründer Ignatius von Loyola brachte die Reliquie 1524 von
seiner Pilgerreise aus Jerusalem zurück. Als Papst Paul III. 1540 die Gründung
des Jesuitenordens bestätigte, übergab ihm Ignatius die Reliquie. Doch Papst
Paul hielt den Zeitpunkt für eine Publikmachung für schlecht gewählt. Sein
Pontifikat stand unter keinem guten Stern. Er kämpfte gegen Luthers ketzerische
Reformation, wie auch gegen Heinrich VIII., der die Abspaltung der Englischen
Kirche von Rom betrieb. Papst Paul bat Ignatius daher, die Reliquie aufzubewahren,
so lange, bis er oder einer seiner Nachfolger befänden, dass sie den Gläubigen
präsentiert werden könne. Der Papst bestätigte die Rückgabe an Ignatius mit
einem Dokument, das sein päpstliches Siegel trug. Seitdem haben alle seine
Nachfolger dieses Dokument mit ihrem persönlichen Siegel bestätigt. Als nun
Clemens XIII. das Gerücht zugetragen wurde, dass die Jesuiten die Reliquie aus
dem päpstlichen Geheimarchiv gestohlen hätten, rief er am Abend vor der
Kardinalskonferenz unseren Pater General zu sich. Er bat Ricci, ihm eben jenes Schriftstück
kurzzeitig zu überlassen. Clemens XIII. beabsichtigte, es am folgenden Tag der
versammelten Kardinalskonferenz zu präsentieren und damit ein für alle Mal den
Lügen über den Jesuitenorden ein Ende zu bereiten. Doch er starb in jener Nacht
und das Dokument verschwand spurlos aus dem päpstlichen Privatgemach.“
    „Ich
verstehe“, hauchte Emilia. „Nun kann dein Orden den Beweis nicht mehr
erbringen, dass er die Reliquie nicht gestohlen hat und eure Feinde können
weiter ihre Lügen verbreiten.“
    „So ist es.
Der Diebstahl dieses für uns lebensnotwendigen Dokuments beweist, dass es ein
von langer Hand geplantes und raffiniertes Komplott war, von dem unsere Feinde
doppelt profitieren: Man diffamiert den Jesuitenorden und schafft sich
gleichzeitig mit dem Papst den größten Befürworter unseres Ordens vom Hals. Clemens
XIII. vertraute Pater Ricci am Abend vor seinem Tod sogar selbst an, dass er um
sein Leben fürchte. Für den Fall der Fälle hat er ihm einige wichtige Papiere
übergeben. Aus einem der Protokolle geht hervor, dass der neue Papst, ebenfalls
mit Namen Clemens, mit der Herzoginmutter Beatrice eng bekannt ist. Von
Bedeutung ist hier auch, dass der neue Papst viele Jahre als Konsultator des
Heiligen Offiziums fungierte.“
    „Was
bedeutet die Position des Konsultators des Heiligen Offiziums genau?“
    „Es
bedeutet, dass der heutige Papst einst der Heiligen Römischen Inquisition
vorstand“, antwortete Serafina an Emanueles statt. Ihr Gesicht war kreidebleich,
doch ihre bernsteinfarbenen Augen glühten, als loderten darin die Feuer
vergangener Scheiterhaufen.
    „Ich
verstehe“, sagte Emilia und verstand gar nichts.
    Francesco
ergriff nun das Wort: „In dieser Eigenschaft untersuchte Clemens XIV., der
damals noch Gian Vincenzo Ganganelli hieß, eine Reihe von abscheulichen
Verbrechen in Rom. Zu dieser Zeit verschwanden Dutzende von Knaben und Mädchen.
Damals wurden Anschuldigungen gegen Mitglieder der römischen Aristokratie wie
auch gegen hochrangige Vertreter der Kurie erhoben. Diese Anschuldigungen
spalteten Rom. Hohe Würdenträger der Kirche, allen voran der Pater General
Ricci, aber auch empörte Aristokraten, die um den Ruf ihres Standes fürchteten,
forderten ein schnelles Handeln. Das Volk von Rom reagierte zunehmend aufgebracht,
obwohl man lange Zeit versucht hat, die schändliche Angelegenheit vor ihm geheim
zu halten. Doch es waren ihre Kinder, die verschwanden. Die meisten Stimmen
konnte man mit Geld beschwichtigen. Ein Leben zählt nicht viel

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