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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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andeuten?“, stieß Serafina hervor. Sie fühlte sich, als hätte ihre
Mutter ihr einen Eimer Eiswasser übergestülpt.
    „Dass du
Emilia begleiten wirst. So ist es doch längst von dir beschlossen. Es soll mir
Recht sein, meine Tochter. In Santo Stefano gibt es keine Zukunft für dich.
Unser derzeitiger Wohlstand steht und fällt mit den Schafherden. Doch der
Handel mit den Schafen ist bereits im Rückzug begriffen. Ich sehe harte Zeiten
auf unsere Heimat zukommen. Wenn du dort bleibst, werden du, deine Kinder und
Kindeskinder Hunger und Elend erleiden. Unsere Region wird für eine lange Zeit
vergessen werden. Könige und Fürsten werden sich der Abruzzen nur erinnern, um
Krieg auf unserem Boden zu führen. Ich möchte nicht, dass du das erlebst. Geh´
mit deiner Freundin. Euch ist ein anderes Schicksal bestimmt.“
    Stumm
starrte Serafina ihre Mutter an. Sie hatte sich für einen harten Kampf
gewappnet. Ihr unerwartetes Einverständnis überwältigte sie geradezu. Sie stand
auf und kniete sich vor ihre Mutter. Donna Elvira, die sich selten
Sentimentalitäten erlaubte, beugte sich zu ihr hinab und nahm das schöne
Gesicht ihrer Tochter in die Hände. Dann drückte sie ihr einen zarten Kuss auf
die klare Stirn.
    Emanuele
räusperte sich. „Nun, es ist spät geworden. Ich schlage vor, dass wir uns alle
zurückziehen und unser Gespräch auf morgen vertagen. Eine Nacht geruhsamen
Schlafes wird uns neuen Rat bringen.“
    Der Abend
hatte ohne Entscheidung geendet.
     
    Am nächsten Morgen hatte sich an Emilias Wunsch, sich nach
Amerika einzuschiffen, nichts geändert. Ihr Bruder hatte ihr am Abend
Dickköpfigkeit vorgeworfen. Sie hingegen hatte es Konsequenz genannt. Daraufhin
hatte er sie gefragt, wie sie denn ihren weiteren Unterhalt und die Überfahrt
bestreiten wollte, mittellos wie sie war?
    Sie hätte
ausreichend Devisen zu ihrer Verfügung!
    Noch während
sie sich in gewohnt geschwisterlichen Manier gegenseitig mit Worten
bombardierten - Emanuele erwies sich hierin kaum weniger versiert als seine
Schwester -, hatte Emilia rasch ihre finanziellen Möglichkeiten überschlagen.
    Signora
Elvira hatte ihrer Tochter die `geborgten´ Ersparnisse geschenkt. Sie selbst
verfügte noch über Pieros Börse und die Börse der Räuber. Und dann war da der
Saphir… Dieser Stein war ihr Geheimnis. Er war kein Betrug an ihrer Freundin,
da er durch puren Zufall in ihren Besitz gelangt war: Bekanntlich hatte der
Maulesel Luigi den Lederbeutel mit dem Schatz gefunden. Dabei musste er einen
der Steine verschluckt haben. Und so, wie alles dem Gesetz der Natur gehorchte,
kehrte der Saphir bald wieder. Zufällig führte Emilia gerade Ambra hinter Luigi
am Zügel, als diesen ein dringendes Bedürfnis überkam: Er hatte den Schwanz
gehoben, laut gefurzt und ihr direkt vor die Stiefel gebollert, wobei ein blaues
Aufblitzen ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Da Maultiermist bekanntlich nicht
blau blitzte, hatte sich Emilia gebückt, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen
und so den Saphir entdeckt. Seitdem versuchte sie ihr schlechtes Gewissen damit
zu besänftigen, das es sich bei dem zufälligen Fund um ein Zeichen gehandelt
hatte. Falls Edelsteine tatsächlich Teil der Seele dieser Welt waren, wie
Serafina ihr erklärt hatte, schien dieser Stein sich selbst entschieden zu
haben, in ihren Besitz zu gelangen.
    Ihre
Freundin bewegte sich und schlug kurz darauf die hellen Augen auf.
    „Gut
geschlafen?“, erkundigte sich Emilia.
    „Für meinen
Geschmack viel zu wenig“, erwiderte Serafina. Sie gähnte herzhaft. Vorsichtig
setzte sie sich dann auf. „Oh weh, mich schmerzt jeder Knochen einzeln. Dabei
dachte ich, dass ich mich endlich an das Reiten gewöhnt hätte. Aber dieses
verflixte Vieh Luigi kann man wohl kaum als Reittier bezeichnen. Er ist ein hässlicher,
schaukelnder Felsbrocken. Ich habe mich an seinen spitzen Knochen
wundgestoßen“, klagte sie ihr Leid.
    „Ausnahmsweise
muss ich Luigi Absolution erteilen. Deine Knochen schmerzen dich nicht vom
Reiten, Serafina. Mir ergeht es heute Morgen nicht anders. Ich vermute, wir
haben uns inzwischen zu sehr daran gewöhnt, auf hartem Boden zu nächtigen“,
erklärte Emilia.
    „Himmel, du
meinst das Bett ist zu weich?“ Serafina wirkte ehrlich entsetzt. „Ich möchte
wirklich nicht dazu verurteilt sein, künftig nur noch auf felsigen Boden schlafen
zu können“, seufzte sie.
    „Sei
unbesorgt. Du wirst die Umgewöhnung sicherlich mit Bravour meistern. Rechne nur
nicht sofort

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