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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Religion vertrugen sich nicht.
    Emilias
Augen wanderten zurück zu dem jungen Colonna und saugten sich förmlich an ihm
fest. Der Principe war an diesem Morgen nicht in sein priesterliches Gewand
gekleidet. Stattdessen trug er ein blaues Samtjackett, aus dem ein Spitzenjabot
lugte, eine silberdurchwirkte Weste und enganliegende Reithosen. Die langen Beine
steckten in geschmeidigen Reitstiefeln mit Sporen und an seiner Seite baumelte
ein Degen, dessen Griff Edelsteine zierten. Er sah unerhört elegant und
unerhört schön aus. Emilia kniete auf dem Bett und schien durch seine
Erscheinung geradezu hypnotisiert. Es war wie bei ihrer ersten Begegnung in der
Badestube. Serafina boxte sie in die Seite. Geistesgegenwärtig warf sie ihr die
seidene Bettdecke über die Schultern, denn Emilias Nachthemd war auf ungehörige
Weise verrutscht.
    Offenbar war
der Principe dazu verurteilt, von Emilias Schönheit stets mehr zu erblicken,
als es der Sittsamkeit entsprach. In die herrschende Stille hinein stieß er ein
verächtliches „Weiber!“, aus und verließ sporenklirrend den Raum.
    „Spielverderber“,
rief Vittoria ihm nach, gefolgt von einem Kissen, das beinahe Emanuele traf.
Geschickt fing er es im Fluge ab. Emilia hätte ihrem Bruder liebend gerne das Grinsen
aus dem Gesicht gewischt. Würdevoll, die Decke um die Schultern drapiert, stieg
sie aus dem Bett. „Sag jetzt nichts“, fauchte sie ihn an, während sie sich eine
vorwitzige Feder aus der Stirn pustete.
    Emanuele
deutete mit einer Geste an, dass er dies nie wagen würde. Er trat zu ihr und
zupfte ihr weitere Federn aus dem in alle Himmelsrichtungen abstehenden Haar.
    Vittoria hielt
sich die Hand vor den Mund, ihre Schultern bebten verdächtig. Ein erstes
Glucksen löste sich aus ihrem Mund. Schließlich brachen alle gleichzeitig in schallendes
Gelächter aus. „Habt ihr sein finsteres Gesicht gesehen?“, kickste Vittoria.
„Als wäre ein wenig Spaß am Leben das Werk des Teufels. Natürlich hat er
Schreckliches erlebt, aber das ist nun schon so viele Jahre her. Er kann sich
doch nicht auf ewig jede Freude versagen, oder? Francesco ist jung, er hätte
wirklich ein wenig Vergnügen verdient. Es ist nicht so, dass er anderen ihr
Vergnügen nicht gönnen würde, aber er kann Ausgelassenheit einfach nicht in
seiner Nähe ertragen.“
    „Vittoria“,
sagte Emanuele ruhig. Seine Stimme enthielt einen unüberhörbaren Tadel.
    Vittorias
Augen weiteten sich. Sie lief augenblicklich rot an und schlug sich mit der
Handfläche auf den Mund. „Verzeihung, da habe ich mich wohl wieder einmal
vergaloppiert, was? Wer hat Hunger?“, rief sie laut. „Im Speisesaal wird eben
das Frühstück angerichtet. Der Koch hat am Markt ganz frische Erdbeeren
erstanden. Es gibt Sorbet. Ich liebe Erdbeersorbet“, rief sie enthusiastisch
und riss die Arme hoch. „Kommt schnell hinunter, sobald ihr euch zurechtgemacht
habt.“ Sie rannte davon, als fürchtete sie, zu spät zu kommen.
    „Von welchen
schrecklichen Erlebnissen hat sie gesprochen? Was ist dem Principe
widerfahren?“, bestürmte Emilia sofort ihren Bruder. Dieser zog eine gequälte
Grimasse. „Lass es gut sein, Emilia und vergiss, was du eben gehört hast.
Francesco hasst es, wenn darüber gesprochen wird. Bitte deute ihm gegenüber
nichts dergleichen an. Vor allem, verrate Vittoria nicht. Francesco könnte ihr
deshalb ernstlich böse werden. Es würde sie niederschmettern, wenn ihr Bruder
ihr gram wäre. Ich werde mit ihr sprechen. Sie muss ihre Zunge besser im Zaum
halten.“
    „Aber wenn
sie so unzuverlässig ist, warum um Himmelswillen habt ihr sie dann gestern überhaupt
in eure Angelegenheiten eingeweiht?“, wollte Emilia wissen.
    „Wir haben
sie nicht eingeweiht. Sie hat es vorher schon selbst herausgefunden. Sie hat
uns belauscht“, seufzte Emanuele. „Ihre Neugier wird sie eines Tages umbringen.
Das befürchtet übrigens auch ihr Bruder Francesco.“
    Diese
Bemerkung hatte Emilia schon einmal gehört. Über sich selbst ...
     
    Sie betraten den Speisesaal. Emanuele und Vittoria saßen
bereits an der Tafel und schienen in ein ernsthaftes Gespräch vertieft. Donna
Elvira hatte das Haus früh verlassen, um auf dem Campo dei Fiori einige
Besorgungen zu tätigen und dort eine Bekannte zu treffen.
    Die Tafel
bog sich förmlich unter exotischen Früchten und süßen Kuchen. „Leistet uns der
Principe Colonna heute Morgen keine Gesellschaft?“, erkundigte sich Emilia bei
Emanuele und versuchte dabei möglichst

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