Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
Vom Netzwerk:
verfallen?
    Franziska spülte den Rest des Hefegebäcks mit einem Schluck Milch hinunter, wischte sich den weißen Film von den Lippen und stand auf.
    »Da ich schon von der Weißen Frau auf Burg Bodenstein gehört habe, weiß ich nicht, ob es ein Traum war oder ob es tatsächlich passiert ist … Plötzlich stand eine Frau vor mir und nannte sich Anna Susanna. Sie trug ein wunderschönes weißes Kleid und erzählte, dass sie ihre Brautkrone suchen würde. Anna Susanna setzte sich zu mir und hat mir ein Schlaflied vorgesungen. Es kam mir vor, als sei ich in dem Moment eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als die Tür aufging.«
    Plötzlich trat Hedwig von Wintzingerode aus dem Vorraum in den Kerker. Tränen standen ihr in den Augen. Ohne Angst ging sie auf das Mädchen zu und umarmte es.
    »Du armes Kind! Ich werde dir helfen und niemandem erlauben, dir Schlechtes nachzusagen.«
    Dann wandte sie sich an die Männer und erklärte: »Die Legende erzählt, dass der Geist der Weißen Frau nur demjenigen im Traum erscheint, der reinen Herzens ist.«

Kapitel 27
    Nachdem der kleinwüchsige Richard Schwarm mit seinem Gaul bereits einige Zeit an der Wegkreuzung nach Breitenbach in das gleißende Sonnenlicht geschaut hatte, war es nicht verwunderlich, dass er zwinkern musste, als Greta Ackermann an ihm vorbeiging. Robert war darüber so erschrocken, dass er keinen Laut herausbrachte. Auch wagte er nicht, sich bemerkbar zu machen, aus Angst, die Ackermann könne weiteren Schadenszauber gegen ihn ausüben.
    Erst als Greta sich ein Stück entfernt hatte, gab Schwarm den Männern, die sich versteckt hielten, das verabredete Zeichen, das ihnen bestätigen sollte, dass er die Frau als Hexe erkannt hatte.
    Sogleich versperrte Scharfrichter Görtteler Greta Ackermann den Weg und drehte ihr die Hände auf den Rücken. Schreiend versuchte sie sich zu wehren, jedoch ohne Erfolg. Selbst als sie die Männer beschimpfte und verfluchte, ließen sie nicht von ihr ab und brachten sie auf direktem Weg ins Worbiser Rathaus.
     
    Als die Folterknechte Greta Ackermann durch das breite, aus dicken Steinquadern gemauerte Tor des Rathauses führten, zogen schwarze Regenwolken auf. Und als man sie später ins Verlies sperrte, war Donnergrollen über Worbis zu hören, und Blitze zuckten gespenstisch am Himmel. Die Menschen bekreuzigten sich und verkrochen sich ängstlich in ihre Häuser, als dicke Regentropfen herabfielen.
    Nur einer lachte, und sein Lachen wäre sicherlich bis ins Oberdorf zu hören gewesen, hätte das Prasseln der Hagelkörner es nicht übertönt.
    Barnabas konnte sein Glück kaum fassen. Im Gegensatz zu einigen anderen Volksmagiern glaubte er weder an Hexen noch
an den Teufel in Menschengestalt. Auch nicht, dass man das Wetter beeinflussen oder verhexen konnte.
    Aber was er glaubte, war egal, denn die Worbiser Bürger würden den Wetterumschwung anders beurteilen und annehmen, dass Greta Ackermann einen Wetterzauber über die Stadt verhängt hatte. Barnabas hingegen war ziemlich sicher gewesen, dass es gewittern würde. Zugegeben – er hatte nicht geahnt, dass Regen und Hagel mit solcher Heftigkeit vom Himmel prasseln würden, aber schon gestern im Haus des Richters Kempten hatte er gespürt, dass ein Gewitter aufziehen würde. Die Luft war durch die schwüle Hitze aufgeladen gewesen, und die Fliegen, die in Scharen um die Menschen geschwirrt waren, hatten ebenfalls ein Unwetter angekündigt.
    Jetzt brauchte Barnabas nur noch geduldig zu warten, bis die vermeintlich böse Frau im Kerker hysterisch wurde und man ihn rief. Erst dann würde er zur Tat schreiten.
    Barnabas lugte unter seinem Zeltdach hervor. Kalter Wind war aufgekommen und trieb die schwarzen Wolken Richtung Dingelstedt. Ohne Hast legte er die Gegenstände bereit, die er zum Verhör benötigte. Spätestens übermorgen würde er sie brauchen. Doch zuerst wollte er einen Walnussbaumsud herstellen. Den würde er Elfriede Kempten zu trinken geben und sie damit von den schwarzen Würmern befreien, die in Wirklichkeit Spulwürmer waren. Nichts Außergewöhnliches, aber unangenehm und nicht ungefährlich. Ihre Augen und ihre Haut hatten die Parasiten verraten. Nur weil Barnabas Angst verbreiten wollte, hatte er sie Elben genannt und dadurch auch die Aufmerksamkeit bekommen, die er für seinen Auftritt benötigte.

    Als Barnabas, Burghard und Servatius die schmale Steintreppe zum Kerker hinunterstiegen, wehte ihnen ein Hauch abgestandener
Luft entgegen. Der Ruß der

Weitere Kostenlose Bücher