Das Hexenmal: Roman (German Edition)
geeignet als Kutschpferde. Doch mit Münzbacher als Annas Ehemann muss ich meinen Traum wohl aufgeben. Ohne Geld komme
ich außerdem nicht weit. Aber selbst wenn ich es hätte, würde ich Anna mit Münzbacher nicht allein lassen wollen. Er gefällt mir nicht. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich werde auf der Hut sein und ihn nicht aus den Augen lassen.«
Da Clemens schwieg, wagte Heinrich eine Antwort: »Ich glaube nicht, dass du dich täuschst, Clemens. Auch ich habe bei Münzbacher ein ungutes Gefühl. Außerdem …« Der Knecht schwieg einen Moment, so als ob er erst abwägen müsse, was er laut aussprechen könne. Clemens sah ihn fragend an: »Was ist? Was willst du mir sagen, Heinrich?«
Die Antwort kam so leise, dass Clemens sich anstrengen musste, sie zu verstehen.
»Der Milchkarl hat mir erzählt, dass er ihn aus dem ›Ehrenwirt‹ hat kommen sehen. Der Milchkarl hatte in der Nähe zu tun und musste an der Spelunke vorbei. Dabei hat er Münzbacher gesehen. Zweimal schon. Zuerst beim Verlassen zu sehr später Stunde und ein anderes Mal beim Hineingehen, ein paar Tage danach … weit nach Mitternacht. Das Sonderbare war, dass Münzbacher sich regelrecht verkleidet hatte. Der Milchkarl hat ihn erst erkannt, als er an ihm vorbeihuschte.«
Clemens stutzte einen Moment. »Was hat Milchkarl in dieser Gegend zu tun? Im ›Ehrenwirt‹ verkehren nur Gauner und die Freier, die ins Hurenhaus …« Erst jetzt verstand er. Betreten kratzte sich Heinrich am Haaransatz und meinte dann: »Der Milchkarl ist schließlich Witwer und kann hingehen, wohin er will. Doch du solltest dir lieber Gedanken machen, was dein Schwager dort heimlich zu suchen hat.«
Clemens rieb sich verlegen das Kinn, als er ihm zögernd zustimmte: »Ja, da hast du wohl Recht. Das ist wirklich seltsam. Doch wie kann ich herausfinden, was mein Schwager im ›Ehrenwirt‹ zu schaffen hat? Ich kann ja nicht einfach hingehen und fragen. Auch kenne ich niemanden, den ich bitten könnte. Aber
jetzt hast du mich neugierig gemacht. Was hat Münzbacher wohl in dieser Spelunke zu suchen? Vielleicht andere Frauen? Um Geld würfeln? Aber das kann er auch in jedem anderen Wirtshaus. Da muss er nicht in dieses Dreckloch gehen.«
Clemens zog seine Stirn kraus und überlegte. Dann hatte er einen Einfall: »Was ist mit deinem Freund Milchkarl? Könnte er für mich spionieren?«
Heinrich rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
»Du meinst, er will Geld für seine Dienste?«
Der Knecht hob zögerlich die Achseln und nickte.
»Wenn er uns Auskunft geben kann, was Münzbacher dort treibt, dann wird er belohnt werden. Irgendwie werde ich das Geld schon auftreiben.«
Clemens’ Stirn glättete sich, und sein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
»Vielleicht ist alles schneller gelöst, als ich dachte.«
Anna saß in der Küche und trank heißen Salbeisud.
»Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wo du dich erkältet haben könntest, Anna. Wir haben das schönste Wetter, trocken ist es auch, und selbst die Nächte sind mild. Wer kann dich nur angesteckt haben?«, fragte die Köchin und knetete einen Teig.
Die junge Frau zuckte mit den Schultern. »Die Frage kann ich dir nicht beantworten, Maria. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Schließlich plagt mich kein Fieber. Ich trinke brav meine Tasse leer, und dann geht es mir sicherlich bald besser«, beruhigte Anna die Köchin, deren Blick sorgenvoll auf der jungen Frau ruhte. Um Maria abzulenken, fragte Anna: »Um welche Zeit werden Herr Rehmringer und seine Frau Mutter erwartet?«
»Gleich nach der Abendandacht …« Die Köchin hielt in der
Bewegung inne, lief rot an und krächzte: »Ach herrje, ich habe vergessen, die Pasteten in den Ofen zu schieben! Und das Holz ist schon fast gänzlich abgebrannt.«
Hektisch drehte sich Maria um und ließ dabei beinahe die Knetschüssel fallen. Mit feuerrotem Gesicht rief sie nach der Magd, damit diese Feuerholz im Backofen nachlegte. Sie gab Anweisungen, schimpfte mit dem Mädchen und fuchtelte dabei mit dem Rührlöffel herum.
Anna schüttelte belustigt den Kopf. Es war erst früher Mittag und noch genügend Zeit, um ein anständiges Mahl zuzubereiten. Doch Anna kannte die Köchin nicht anders. Jede Arbeit in der Küche wurde nach einer Art Zeitplan erledigt. Wurde dieser nicht genau eingehalten, war sie gereizt.
Nachdem Anna die Tasse geleert hatte, ging sie hinaus in den Hof.
Vier Gebäude standen im Rechteck
Weitere Kostenlose Bücher