Das Hexenmal: Roman (German Edition)
Bruder Servatius Hals über Kopf geflohen war, hatte er vergessen, seinem Freund etwas Essbares mitzubringen.
Als Clemens sich aufsetzte, sah er den Mönch betend ein Stück abseits von ihrem Nachtlager knien. Mit einem leisen »Amen« stand Burghard auf und drehte sich zu dem jungen Arnold um. Ohne Umschweife erklärte er: »Es wird das Beste sein, wenn wir uns trennen, Clemens. Du musst dich nicht mit mir belasten und womöglich in Gefahr begeben …«
»Was meinst du mit Gefahr ?«
Burghard zuckte mit den Achseln.
»Ich bin mir nicht sicher, aber wenn Barnabas und Servatius mich bis hierher verfolgt haben, dann bestimmt nicht, weil sie einen Becher Wein mit mir schlürfen wollen«, sagte Burghard mit einem leichten Anflug von Spott in der Stimme.
»Aber du erwähntest, dass eine junge Frau bei ihnen war. Vielleicht sind sie ihretwegen hier auf dem Berg, und es ist reiner Zufall, dass ihr euch begegnet seid.«
»Das wäre wahrlich ein großer Zufall. Nein, nein, ich kenne die beiden. Sie haben mich verfolgt … Da kannst du sehen, zu welchem Hass Servatius fähig ist. Er will mich umbringen – das spüre ich. Servatius ist vom rechten Weg abgekommen, und Barnabas hindert ihn nicht, seine Mordabsichten zu verfolgen.«
Burghard klang verzweifelt und zitterte am ganzen Körper, obwohl die Sonne bereits die Morgenluft erwärmte.
Clemens ging zu dem jungen Mönch, legte ihm die Hand auf die Schulter und sprach beschwörend auf ihn ein: »Wir bleiben zusammen! Ich denke nicht daran, dich allein ziehen zu lassen. Was wäre ich für ein Mensch, dich deinem Schicksal zu überlassen, nachdem du mir das Leben gerettet hast? Außerdem brauche ich dich …«, fügte Clemens mit einem Augenzwinkern hinzu.
»Du allein kannst den Meuchelmörder finden. Auch wenn wir weder sein Aussehen noch seinen vollen Namen kennen, so wirst du dich an seine Stimme erinnern können …«
»... und an den Geruch seines Tabaks!«, fügte Burghard lächelnd hinzu. »Ja, du hast Recht, Clemens, selbst wenn ich es wollte, ich kann dich nicht alleinlassen. Du bist auf mich angewiesen!«
»Genau so ist es!«, lachte der junge Arnold und klopfte dem Franziskaner aufmunternd auf den Rücken.
Kaum war Katharina erwacht, kroch sie aus dem Zelt und ging zu ihrem Verkaufsstand. Während sie Teller, Krüge und andere Töpferarbeiten nach Mustern sortierte, sah sie Fritz von Hanstein und den Vogt von Bischofstein vorübergehen und hörte, wie der Adelige sagte: »Wer auf dem Hülfensberg nichts zu schaffen hat, der sollte auch nicht hierherkommen. Schließlich ist es ein Wallfahrtsort der Katholischen, und die Meinigen haben hier nichts verloren.«
Tröstend klopfte der Vogt dem Adeligen auf die Schulter: »Ihr habt recht gesprochen. Doch seid versichert, wir werden den Mörder Eures Bruders fassen … Die gesamte Miliz wird den Wald auf dem Berg durchkämmen.«
Katharina hielt in ihrer Arbeit für einen Moment inne, doch dann wurde sie von einer Kundin abgelenkt und vergaß das Gespräch der beiden Männer rasch wieder. Servatius gesellte sich zu ihr, doch da sie ihn mit Nichtachtung strafte, ging er nach einer Weile wieder.
Das Mädchen sah ihm nachdenklich nach, und ihre Gedanken schweiften zum vergangenen Abend und zu dem Franziskaner, der anscheinend keiner mehr war.
Nachdem Servatius ihren Pakt gebrochen hatte, den Namen Burghards nie wieder zu nennen, war Barnabas grollend fortgegangen und erst in den Morgenstunden zurückgekehrt.
Verwundert über das Verhalten des Magiers, hatte Katharina Servatius nach dem Grund gefragt, und dieser schien froh, seinem
Ärger Luft machen zu können. Ausführlich hatte er ihr alles berichtet, von der ersten Begegnung mit dem jungen Mönch bis zu dem Diebstahl seines eigenen kleinen Vermögens. Doch Katharina, die die Lehre des Franz von Assisi gut kannte, hatte Servatius erstaunt zur Rede gestellt: »Du darfst kein Geld dein Eigen nennen, ebenso wenig wie sonstige weltliche Güter …«
»Willst du mich etwa belehren?«, hatte der Mönch sie daraufhin angefahren. »Ich weiß selbst, was ich darf und was nicht. Das musst du mir nicht sagen! Kümmere dich um den Verkauf deiner Ware, damit dich Barnabas zurück nach Heiligenstadt bringen kann, wo deine Hochzeit vorbereitet wird. Alles andere lass meine Sorge sein …«
Zornig über die Zurechtweisung, hatte Katharina ihn angefaucht: »Ich dachte, du bist mein Freund! Aber anscheinend bist du nur selbstsüchtig und verblendet, woran der Habit
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