Das Hexenmal: Roman (German Edition)
bitte … Und vergiss am besten, dass wir uns begegnet sind!«
Dann drehte er sich um und lief in den nahen Wald. Überrascht blieb Katharina stehen und sah dem Fremden kopfschüttelnd nach.
›Weshalb war er so unfreundlich und aufgebracht?‹, fragte sie sich und beschloss dann, zurück zu ihrem Stand zu gehen. Weder Servatius noch Barnabas achteten auf ihre Waren, wie Katharina entsetzt feststellte. Doch da die Keramik unbeschädigt in den Körben lag, beruhigte sie sich sogleich und hockte sich auf eine Kiste.
Während die Pilger nun zur Kapelle drängten, wo mittlerweile zur Wallfahrtsmesse geläutet wurde, sah Katharina, wie die adeligen Störenfriede fernab an einem Bierstand zechten und lauthals fluchten, dass ein Donnergewitter Kirchen und Pfaffen zerschlagen möge.
Bis zum Ende der Messe hatten sie bereits mehrere Krüge Bier geleert. Einige von ihnen saßen wieder hoch zu Pferde und drohten der Menge mit ihren Pistolen. Hämisch lachend richteten sie ihre Waffen sogar auf den herbeigeeilten Vogt von Bischofstein, der versuchte, sie zu besänftigen.
Mit bangen Augen blickte Franziska zu den Reitern hinüber, als sie spürte, dass jemand sie anstarrte. In unmittelbarer Nähe stand ein junger Mann, der sie nicht aus den Augen ließ.
»Johann«, flüsterte sie, »der da drüben schaut mich so merkwürdig an. Kennst du ihn?«
Johann sah zu dem Mann.
»Nein! Den habe ich noch nie gesehen. Aber lass ihn doch starren – vielleicht hat er schon lange keine so hübsche Frau mehr gesehen«, mutmaßte Johann vergnügt und verfolgte wieder den Tumult. Doch Franziska sah erneut zu dem Mann hinüber, der anscheinend genau wie sie überlegte, woher sie sich kannten. In dem Augenblick, als es ihr wie Schuppen von den Augen fiel, erkannte auch er sie.
»Du bist die Hexe von Duderstadt!«, murmelte er laut genug, dass sie seine Worte hören konnte.
Franziska glaubte, die Erde würde sie verschlingen, denn ihre Beine gaben unter ihr nach und alles drehte sich plötzlich um sie. Im letzten Moment fing Johann sie auf. Er sah das Entsetzen in ihrem Blick und schaute dann in Richtung des jungen Mannes.
Der zeigte jetzt mit dem Finger auf beide und schrie: »Sie ist eine Hexe … eine Hexe, jawohl! Halb Duderstadt hat sie verhext und den da auch!« Er wies auf Johann und schrie so lange, bis alle Leute um ihn herum Franziska und Johann anstarrten.
»Du bist verrückt!«, rief Johann wütend. Doch da seine Frau schlaff in seinen Armen hing, konnte er den dummen Menschen nicht seine Fäuste spüren lassen, wozu er augenblicklich große Lust gehabt hätte. Franziska erholte sich langsam wieder und flüsterte Johann leise zu: »Er hat mich erkannt. Als dein Oheim mich aus Duderstadt fortbrachte … Er ist der Ausrufer … Unsere Blicke haben sich nur für einen Augenblick getroffen … O Johann«, weinte sie, »er wird uns verraten!«
Als der Ausrufer von Duderstadt erneut die Stimme erheben wollte, fiel ein Schuss. Kreischend liefen die Menschen auseinander. Niemand wusste, woher der Schuss gekommen war, und so herrschte Panik auf dem Vorplatz der Kapelle. Johann nutzte die allgemeine Verwirrung und zog Franziska hinter sich her in den Wald. Sie rannten, als ob der leibhaftige Teufel hinter ihnen her wäre, und blieben erst stehen, als sie vollkommen außer Atem waren.
Katharina hatte derweil hinter ihrem Stand aufgepasst, dass niemand ihre Waren stahl. Endlich gesellte sich Barnabas wieder zu ihr und half, so manchem Langfinger auf die selbigen zu hauen.
Auch Servatius kam zurück an den Stand und meinte: »Ich habe wirklich mein Bestes getan, aber meine Worte haben sie
nicht erreicht.« An Katharina gewandt, fragte er dann: »Wer war denn der Mann vorhin neben dir am Eingang zur Kapelle?«
Katharina war gerade dabei, ihre Waren neu zu ordnen, und zuckte nur mit den Achseln.
»Das kann ich dir nicht beantworten. Ich habe ihn dort zum ersten Mal gesehen. Aber er sah lustig aus mit seinem ausrasierten Hinterkopf und in Bauernkleidern. Was ist, Servatius, geht es dir nicht gut? Du bist ja mit einem Mal ganz bleich im Gesicht.«
»Er ist hier!«, krächzte Servatius und sah zu Barnabas.
»Wer?«
»Burghard!«
Da hob der Magier drohend beide Hände und erwiderte verärgert: »Ich dachte, wir wären uns einig, mein Freund! Du hast versprochen, niemals wieder diesen Namen zu erwähnen, und dafür habe ich dir einen Teil deines gestohlenen Geldes gegeben.«
»Ja, aber …«
»Nichts aber! Und daran hältst du
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