Das Hexenmal: Roman (German Edition)
dass du Berta gegen den heißen Ofen gestoßen hast, weil du nicht arbeiten willst. Dann kannst du deine Sachen packen.«
Verblüfft und wütend über solch eine unverschämte Lüge schaute Franziska zuerst das Mädchen, dann Theresa und schließlich Berta an, die in der Tür stand.
»Das ist nicht wahr. Theresa weiß, dass das nicht stimmt. Wenn Berta ausfällt, muss ich schließlich auch noch ihre Arbeit erledigen …«
Doch die junge Küchenhilfe sah das Flehen in Franziskas Augen, ihr beizustehen, nicht, denn sie hatte den bösen Blick der Köchin aufgefangen und schnell ihre Augen gesenkt.
»Theresa, jetzt sag bitte, dass ich die Wahrheit spreche.«
Das junge Lehrmädchen hob noch nicht einmal ihr Haupt, als es leise sagte: »Ich war nicht dabei und kann deshalb nichts sagen …«
Franziska erkannte in Bertas Augen Schadenfreude. Die Köchin wusste, dass niemand der Magd glauben würde. Sie hatte alle Trümpfe in der Hand.
Enttäuscht schaute Franziska auf Theresa, die weiter angestrengt auf ihre bloßen Zehen blickte. Tränen der Enttäuschung und der Wut schossen in Franziskas Augen, und sie verließ eilends die Küche.
Franziska lief im Hof die steile Stiege hinauf in ihre Kammer und warf sich auf ihr Bett. Sie glaubte, vor Wut platzen zu müssen. Erst als sie ihr Gesicht in das Bettzeug presste und hineinschrie, spürte sie, wie der Druck auf ihren Brustkorb nachließ.
Zur gleichen Zeit erzählte Karoline ihren Eltern, was sich in der Küche zugetragen hatte.
»Berta sagt, dass Franziska eine böse Frau ist!«, sagte sie und blickte dabei ihren Bruder an, der ungläubig zuhörte.
»Sei still, Karoline. So etwas sagt man nicht über ein Mädchen. Schnell hört es jemand und klagt sie an«, versuchte die Mutter abzuwiegeln. Selbst der Vater teilte die Meinung seiner
Frau und fügte hinzu: »Ist das erst einmal geschehen, dann wird sie rasch brennen, und niemand kann es verhindern. Also überlege gut, was du über einen Menschen sagst, denn ein ausgesprochenes Wort kann man nicht zurücknehmen. Bedenke das immer. Außerdem wüsste ich, wenn sie eine Hexe wäre.«
»Woran willst du das erkennen, Vater?«, fragte die Tochter.
»Sie hat kein Feuermal am Körper.« Kaum hatte Bauer Bonner die Worte ausgesprochen, schaute er erschrocken zu seiner Frau, die ihn entsetzt ansah.
»Woher weißt du das?«, fragte Karoline ihn unschuldig.
»An ihrem Hals und in ihrem Gesicht konnte ich noch keins entdecken«, nuschelte er in das Weinglas, das er hastig zum Mund führte.
Schließlich konnte er seiner Familie nicht gestehen, dass er die junge Franziska des Öfteren heimlich beim Baden beobachtete und ihren elfenbeinfarbenen Körper dabei von allen Seiten betrachten konnte. Natürlich hatte er auch das kleine halbmondförmige Muttermal oberhalb ihres Steißes gesehen. Es war aber kein Hexenmal, sondern eher eine reizvolle Stelle. Doch das behielt er für sich.
Karoline gab sich mit der Antwort zufrieden. Auch seine Frau fragte nicht weiter. Nur Johann sah seinen Vater zweifelnd an. Als dieser sich schweigend Wein nachschenkte, war das Gespräch beendet.
Nachdem sich Franziska beruhigt hatte, ging sie zurück in die Küche, um ihre Arbeit zu beenden. Sie würdigte Berta keines Blickes und sprach mit Theresa kein Wort.
Schweigend wusch Franziska das Geschirr und säuberte die Küche. Da Sonntag war, hatte sie den Nachmittag frei und musste erst wieder zum Abendessen in der Küche erscheinen. Sie band ihre Schürze ab, legte sie sorgsam zusammen und verließ
den Wohntrakt, um hinüber zu den Stallungen zu gehen. Von dort überquerte sie die Koppel und ging bis zu einem kleinen Wäldchen. Dort ließ sie sich im Schatten eines Baumes nieder und hing ihren Gedanken nach.
›Was soll ich noch hier? Am besten wird sein, wenn ich weiterziehe und in einem anderen Haushalt nach Arbeit frage‹, dachte sie traurig.
Doch sie war erst seit kurzer Zeit in fester Anstellung und hatte noch kein Geld sparen können, um sich unabhängig auf Wanderschaft zu begeben. Sie musste noch einige Monate aushalten und versuchen, etwas Geld zur Seite zu legen. ›Dann wäre es bereits Winter und umso schwerer, Arbeit zu finden‹, grübelte sie weiter. Das junge Mädchen atmete tief aus.
»So schwer ums Herz?« Erschrocken drehte sie sich um.
»Johann, was machst du hier?«
»Ich bin dir gefolgt. Was vorgefallen ist, tut mir sehr leid.«
»Warum tut es dir leid?«
»Ich weiß, dass du nichts dafür kannst. Und dem
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