Das Hexenmal: Roman (German Edition)
ein gerechter Lehnsherr gewesen zu sein, der Gnade hatte walten lassen, wo andere härter durchgegriffen hätten.
Aber diese Großzügigkeit und auch sein unbändiger Jähzorn waren später der Grund, warum er als Siebzigjähriger vor Gericht stand.
Burg Bodenstein, 1572 . Zweimal schon hatte Berthold von Wintzingerode den Förster Arnold Geilhaus dabei ertappt, wie er in den Wäldern von Bodenstein dem Wild nachstellte, obwohl er dazu keine Berechtigung hatte. Wegen des wiederholten Forstfrevels hatte Berthold ihn nun zu einem halben Jahr Gefängnis im Verlies von Burg Bodenstein verurteilt. Von Rechts wegen hätte er ihn hängen lassen können, zumal Geilhaus weithin als Unruhestifter bekannt war. Als die Haftzeit um war, ermahnte der Freiherr den Übeltäter, sich zu bessern, da ihm sonst tatsächlich der Strick drohte, und schickte ihn zurück zu seiner Familie. Als Geilhaus bei Frau und Kind ankam, war sein kleiner Sohn gestorben, und sein Weib lag schwer krank darnieder. Zwar litt seine Familie an der gleichen Krankheit, die bereits das halbe Dorf dahingerafft hatte, doch Geilhaus gab den verhassten Bodensteinern die Schuld an seinem Unglück.
Zur gleichen Zeit plagten Berthold von Wintzingerode große Sorgen. Dem katholischen Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg in Mainz war die lutherische Burg Bodenstein mit den lutherischen Lehnsherren ein Dorn im Auge, und er wollte das Eichsfeld am Rande des Thüringer Beckens durch katholische
Priester und Jesuiten gegenreformieren lassen. Die gesamte Region sollte wieder katholisch werden, und man war sich gewiss, würde der Freiherr von Burg Bodenstein samt Gefolge zum katholischen Glauben übertreten, so würden die übrigen Ritter ohne zu zagen ebenfalls von ihrem lutherischen Bekenntnis ablassen.
Doch Berthold von Wintzingerode zeichnete nicht nur Stolz aus, sondern auch ein fester Wille. Selbst für viel Geld hätte er niemals seinen lutherischen Glauben verkauft. So ließ er sich trotz aller Versprechungen des Kurfürsten und trotz vieler Verleumdungen gegen ihn nicht umstimmen. Als man in Mainz einsehen musste, dass Berthold von Wintzingerode unbestechlich war, überzeugten seine Berater den Kurfürsten, die Burg mit Gewalt zu nehmen. Wenn nötig, war man sogar bereit, Burg Bodenstein in Schutt und Asche zu legen.
Arnold Geilhaus indessen wollte Rache für sein totes Kind. Und so gingen bald mehrere Besitztümer der von Wintzingerodes in Flammen auf. Schnell war der Feuerteufel ausgemacht, und Berthold von Wintzingerode wollte Geilhaus gefangen nehmen. Da dessen Brotherr aber Bertholds Cousin, Hans von Wintzingerode, war und Geilhaus auf dessen Grund und Boden lebte, hatte der Ritter hier keine Gerichtsbarkeit. So fühlte sich Geilhaus in seinem Haus sicher. Er hatte sich hinter dem Fenster verschanzt, stieß wüste Drohungen gegen Berthold und die Seinen aus und richtete das Gewehr auf sie. Doch mit Gewalt gelang es, Geilhaus herauszuholen, und damit er nicht fliehen konnte, drückte Berthold ihn mit seinem Pferd gegen die Hauswand. Aber plötzlich löste sich ein Schuss, und der Übeltäter brach schwer verletzt zusammen. Geilhaus starb, ohne das Geständnis abzulegen, dass er es war, der die Höfe angezündet hatte. Doch zahlreiche Beweise in seinem Haus gaben davon Zeugnis, und keinem der Anwesenden war in den Sinn gekommen, dass der Ritter zu Wintzingerode ungerecht gehandelt hätte.
Zur gleichen Zeit sah Berthold von Wintzingerode sich zusehends massiveren Drohungen des Mainzer Kurfürsten gegenüber, und der Erhalt des lutherischen Glaubens wurde immer fragwürdiger. Wiederholte Male versuchten fremde Adelige und auch Blutsverwandte, Burg Bodenstein zu erobern und Berthold zu entmachten.
Jahre des Kampfes und der Intrigen folgten, aber Berthold und seine Getreuen blieben standhaft und verteidigten nicht nur die Burg, sondern auch den lutherischen Glauben.
Doch in der Nacht vom 29. auf den 30. Juni rückte der neue Oberamtmann des Eichsfeldes, Lippold von Stralendorff, mit zweitausend Mann vor den Bodenstein, nahm ihn ein und schaffte Berthold und sechzehn seiner Landsknechte ins Gefängnis nach Heiligenstadt. Um seine Befreiung zu verhindern, wurde Berthold von Heiligenstadt auf die Festung Steinheim am Main und schließlich nach Mainz gebracht, wo ihm der Prozess gemacht werden sollte.
Da man ihn nicht wegen seines Festhaltens am lutherischen Glauben anklagen konnte und der Kurfürst zudem befürchtete, die gesamte Eichsfelder
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