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Das Himmelbett

Das Himmelbett

Titel: Das Himmelbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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stand sie still mit zur Seite geneigtem Kopf, während sein Arm unter dem Kleid blieb. Dann machte sie sich hastig frei, streichelte ihm die Wange und verschwand hinten in der Gasse, während die Schritte zwischen dunklen Hauswänden echoten.
    »Lo. Wo bist du?«
    Ich saß still und lauschte seiner Stimme. Klang sie freundlich? Unruhig, hart? Nein, nicht hart.
    »Komm, wo bist du?«
    Ich rappelte mich auf und kam zu ihm. Einen Augenblick stand ich still und kämpfte mit dem Unwohlsein.
    »Wie geht’s dir?«
    »Halt mich fest.«
    Er ergriff mich an der Seite, dann legte er die Arme um mich und drückte mich vorsichtig an sich.
    Halb wie in einem Traum führte ich seine Hand an meinen Mund. Er hielt sie vollkommen schlaff, und ich küßte seine Finger und spürte den Geruch des Mädchens.
    Er war mild und süß, nicht der schärfere Duft, der zuerst entsteht, sondern der, der später kommt, wenn alles sich auflöst und fließt.
    »Verzeih«, sagte er leise. »Ich konnte es nicht lassen.«
    »Ich verstehe.«
    Wir begannen, zum Marktplatz hinzugehen. Er hielt mich unter dem Arm.
    »Du«, sagte ich. »Warum nennst du mich Lo?«
    »Ich weiß nicht. Doch, weil du wie ein Luchs bist.« *
    Er blieb stehen.
    »Was ist?«
    »Ich denke zurück an die Zeit, in der ich noch ein Junge war, weit oben in Norrland. Ich hatte ein neues Fahrrad bekommen und radelte auf einem schmalen Weg durch den
    Wald, als plötzlich ein Luchs auf den Weg hinaustrat, ein großes, schönes Weibchen. Sie begann, neben mir herzulaufen, rannte ganz dicht mit mir. Die ganze Zeit über hielt sie den Kopf gedreht und starrte das Vorderrad an, die blitzenden Speichen. Sie war phantastisch, die Augen ganz starr. Dann plötzlich, an einem Berg, verschwand sie wieder in den Wald. Welch ein Tier!«
    Wir gingen weiter.
    »Danke, daß du mich Lo nennst«, sagte ich leise.
    Wir waren beim Marktplatz angekommen, der immer noch verlassen dalag. Was wollten wir? Hm, etwas zu essen haben, etwas richtig Gutes.
    »Nein«, sagte Sten.
    »Doch«, antwortete ich. »Etwas richtig Gutes.«
    Er hatte die Hände gegen die Hauswand gelegt.
    »Weißt du, was dahintersteckt?« fragte er. »Härte und Heuchelei und eine verdammt morsche, alte Art zu leben.«
    »Stop«, sagte ich. »Jetzt nehmen wir ein Taxi.«
    Im nächsten Augenblick kam hinter uns ein Taxi herangeglitten, es blieb ohne Zeichen von uns stehen, und wir brauchten nur noch hineinzuspringen. Wir fuhren in Richtung Hafen.
    Sten klopfte sich einladend auf den Schenkel, aber ich blieb statt dessen neben ihm sitzen, lehnte mich gegen ihn und strich ihm über die Hand.
    »Soll ich eine Woche oder zwei bleiben?« fragte ich und berührte gleichzeitig zufällig seinen Hosenschlitz, ich fühlte, daß der Stoff feucht war.
    »Jetzt wollen wir essen«, sagte er.
    »Genau das, essen!«
    Wir standen wieder auf der Straße, und auf der einen Seite glaubte ich, ein paar Masten zu erkennen. Ein Eßlokal sahen wir dagegen nicht, alles war leer und verlassen. Nein, hinten an einer Straßenecke stand eine Gruppe von Männern, vermutlich Seeleute, und als wir näherkamen, sahen wir, daß es Japaner waren. Einer von ihnen lehnte an einem
    Pfahl und hielt eine Spanierin an der Hand. Sie ruderten mit den Armen, als übten die Seilhüpfen.
    »Haben Sie was zu essen?« fragte ich in meinem besten Realschul-Englisch.
    Ich erinnere mich nicht mehr, wie lange das Gespräch hin und her ging, das Ende war jedenfalls, daß wir von dem Japaner mit dem Mädchen an Bord seines Schiffes eingeladen wurden. Ein anderer Japaner kam auch mit.
    Wir gingen. Sten hielt mich mit vorsichtigem Griff um den Hals, und ich hatte den Arm um ihn gelegt, innerhalb des Jacketts.
    »Ich heiße No«, sagte der einsame Japaner. »Mein Kamerad heißt umgekehrt, er heißt Yes.«
    Sie lachten und alberten. Yes kitzelte die Spanierin unter den Armen, und sie tat, als wolle sie ihm ins Gesicht schlagen. Wir waren draußen auf der Pier, der gleichen wie vorhin. Plötzlich blieb Sten stehen. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich bin kein Förster«, sagte er müde.
    »Ich weiß«, sagte ich ruhig. »Noch nicht.«
    »Ich bin der haltloseste Mensch, den man sich denken kann.«
    »Quatsch. Du bist ein lieber, kleiner Knabe. Komm.«
    Wir gingen weiter, holten die anderen wieder ein, und jetzt sahen wir auch den Trawler mit seiner schamlos breiten Öffnung achtern. Die Scheinwerfer waren gelöscht, aber in den offenen Gängen, entlang des Oberdecks, leuchteten einige schwache

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