Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
glaube, auch das gehört zum Lauf der Dinge, zum lebendigen Prozess der Auseinandersetzung mitTradition und Werten. Vieles müssen wir in unserem Leben einfach selbst, sozusagen am eigenen Leib erfahren. Um es dann mit dem Erlernten abzugleichen und das Überlieferte an den eigenen Erfahrungen zu überprüfen. Wenn ich zum Beispiel ein Kind davor warne, an den Ofen zu greifen, weil der nun mal heiß ist und es sich verbrennen kann, wird das in der Regel nicht viel nutzen. Nur wenige Kinder werden die Mahnung ernst nehmen und als gut gemeinten Rat begreifen. Die meisten werden den Ofen oder die Herdplatte in einem unbeobachteten Moment eben doch anfassen, um dann schmerzlich zu merken, dass das ein fataler Fehler war. Und dass die elterliche Ermahnung, dort nicht hinzufassen eben doch richtig und sinnvoll war. Jetzt weiß das Kind das aber aus eigener Erfahrung. Solche schmerzhaften Einsichten, die jeder wider besseres Wissen selbst gewinnen muss, bevor er sie ganz buchstäblich „begreift“, können sich durch unser ganzes Leben ziehen. Und ich meine damit nicht nur die typischen „Jugendsünden“, die nun einmal zur Jugend dazu gehören.
Brauchtum
Wenn ich über Traditionen nachdenke, gehört auch das Brauchtum dazu. Das Brauchtum ist nur eine äußere Erscheinungsform, hinter der sich stets ein tieferer Sinn verbirgt. Wie zum Beispiel beim besagten Ausräuchern der Häuser und in unserem Fall der Unternehmensräume am Dreikönigstag. An diesem Tag werden auch heute noch in katholischen Gemeinden die Häuser mit Weihrauch gesegnet. Der Ursprung dieses Brauchs liegt aber gar nicht in der Religion begründet, sondern in einer ganz praktischen Notwendigkeit. Denn ursprünglich diente das Ausräuchern der Desinfektion der Wohnräume. Im Abstand von einer Woche versuchten die Menschen, mit dem Rauch die Parasiten abzutöten, die sich im Laufe des Winters eingenistet hatten. Später füllte sich diese Säuberungsaktion, die zur festen Einrichtung geworden war, mit übergeordneten, abstrakterenInhalten. Nun wollten die Menschen nicht nur Insekten, sondern einmal im Jahr auch böse Geister vertreiben. Sie baten damit symbolisch um einen Schutz für ihre Häuser. Dieser höhere, spirituelle Zweck verband sich mit einer ritualisierten Form.
Wir müssen aber gar nicht so weit zurückgehen in der Geschichte, um den Wert von Bräuchen und Ritualen aufzuzeigen. Nehmen wir als zweites Beispiel das früher übliche gemeinsame Gebet vor jeder Mahlzeit. Dieses Ritual war in einer Zeit, als es noch alles andere als selbstverständlich war, vor einem stets ausreichend gedeckten Tisch zu sitzen, zunächst einmal Ausdruck ehrlich empfundener Dankbarkeit. Missernten, Hungersnöte und Versorgungsengpässe in den Wintermonaten waren noch vor wenigen Jahrzehnten auch hierzulande keine Seltenheit. Mit dem Gebet bedankten sich die Menschen lange Zeit dafür, dass sie überhaupt etwas zu essen hatten. In üppigeren Zeiten und in vielen Familien bis in die heutige Zeit hinein ist das Tischgebet die Erinnerung daran, dass es auch in der Gegenwart nicht selbstverständlich ist, genug zu essen zu haben.
Heute machen Mediziner auf dieses Ritual aufmerksam, um zu betonen, wie sinnvoll es auch für die Gesundheit ist, vor dem Essen zur Ruhe zu kommen und sich mit Wertschätzung einer Mahlzeit zu widmen, anstatt mit Heißhunger und womöglich nebenher noch lesend oder telefonierend möglichst schnell so viel wie möglich hinunterzuschlingen. Das Tischgebet ist also ein spirituelles Ritual mit einer überaus lebenspraktischen Seite. Es ist gewissermaßen ein Atemholen, das dem Prinzip des Fastfood entgegensteht. So sind viele nützliche und auf mehreren Ebenen wirkende Traditionen an gewisse Riten gebunden worden, um nicht vergessen zu werden.
Tradition und zünftiges Handwerk
An anderer Stelle habe ich bereits von der Bedeutung des eigenen Profils gesprochen. Wenn wir diesem unserem Profil nicht untreu werden wollen, spielen auch Traditionen eine nicht zuunterschätzende Rolle. Denn wenn wir authentisch und unseren Werten treu sein wollen, müssen wir auf manchen Traditionen geradezu beharren. Beziehungsweise ihnen treu bleiben, weil sie eben ein wichtiger Teil unserer Persönlichkeit und verinnerlichte Werte sind, die uns zur zweiten Natur geworden sind.
Eine der wichtigsten Traditionen in unserem Unternehmen lässt sich auf unsere Vorfahren zurückführen, auf ihren Handwerkerstolz, dem es allererstes Gebot ist, immer bestmögliche Qualität
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