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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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etwas von Menschenhand
     Geschaffenes so im Einklang mit der Natur wie ein Hunderte von Jahren alter Weinberg. Er war bereits Teil der Natur geworden,
     war mit der Landschaft verwachsen.
    Auf dem Parkplatz hörte man ein Motorengeräusch. Timo blickte sich um und spannte die Muskeln an, als er einen kakaofarbenen,
     alten Lieferwagen der Marke Citroën rückwärts auf das Nebengebäude zufahren sah. Die Männer, die aus dem Wagen stiegen, waren
     jedoch eindeutig Arbeiter aus der Gegend.
    Timo betrat das Hotel durch den massiven, burgtorartigen Haupteingang. Das gemütlich eingerichtete, mit Weinmotiven dekorierte
     Entree war leer, aber aus dem Hinterzimmer erschien eine etwa sechzigjährige Frau, deren Brille an einer dünnen Kette um ihren
     Hals hing.
    Begleitet von freundlichen Willkommenswünschen schrieb sich Timo ein und ging in Zimmer 27 hinauf. Es war kleiner als die
     Suite, die sie sich vor einem Jahr an ihrem Hochzeitstag gegönnt hatten. Die Einrichtung bestand aus schlichten Bauernmöbeln
     und passte gut zu den freiliegenden Deckenbalken und den breiten Bodendielen.
    Aus Routine durchsuchte Timo den Raum, denn inzwischen vertraute er nichts und niemanden mehr. Schließlich blieb er vor dem
     Sprossenfenster stehen. Soile würde bald kommen. Das alte Glas verzerrte die Aussicht auf den Hang mit den Weinreben, auf
     den ersten Blick sah alles friedlich und sicher aus, auf den zweiten jedoch bedrohlich. Als könnte sich hinter jeder Rebe
     ein Killer verborgen halten.
    Von Minute zu Minute kam es ihm bedenklicher vor, Soile nach Villnaz gebeten zu haben. Was, wenn die Amerikaner oder die Chinesen
     herausgefunden hatten, wo er sich aufhielt? Würde das Soile in Gefahr bringen?
    |330| Timo wusch sich im Bad das Gesicht mit kaltem Wasser, dann ließ er sich aufs Bett fallen. Er sah nicht die Buchstaben, die
     auf sein T-Shirt gedruckt waren, aber sie lauerten in seinem Kopf. ACCTGAG   ...
    Die Genkarte. Wie hing sie mit Isama Nishikawas Vater zusammen? Von allen Teilnehmern des Marburger Latimeria-Kongresses waren
     die Russen speziell an ihm besonders interessiert gewesen, hatte Zeromski gesagt. Was hatte der Antimaterieforscher mit all
     dem hier zu tun?
    Was immer es war, es würde das Interesse der Großmächte an der Sache erklären. Dessen war sich Timo zusehends sicherer.
    Unruhig stand er auf, ging die schmale Treppe zur Eingangshalle hinunter und trat in den Hof, von dem ein kleiner Teil durch
     eine verzierte gusseiserne Lampe erleuchtet war. Soile müsste jeden Moment eintreffen.
    Die Dunkelheit steigerte seine Vorsicht. Er ging zu dem Geländer am Rand des steil abfallenden Hangs und schaute zum Himmel.
     Je mehr man sich an die Dunkelheit gewöhnte, umso mehr Sterne sah man. Gab es dort oben Planeten mit intelligentem Leben?
     Ja – wenn man Zeromski und Soile glaubte.
    Timo erinnerte sich wieder an das Gespräch zwischen Soile und Aaro beim Herunterladen des SET I-Programms . Wenn es intelligentes Leben im All gab, wie viele fremde Zivilisationen waren dann fähig, bis zur Erde zu reisen, hatte
     Aaro wissen wollen.
    Von tausend Zivilisationen waren uns einige von der Intelligenz her unterlegen, einige aber wahrscheinlich sogar weit voraus,
     hatte Soile geantwortet. Es sei eine lächerliche Vorstellung, dass ausgerechnet auf der Erde, die nur einer von einer Milliarde
     Planeten der Milchstraße war, auf denen Leben existieren konnte, das Leben und die Technik am weitesten entwickelt sein sollten.
     Dass du und ich der Höhepunkt der Entwicklung wären, hatte Soile spöttisch gesagt.
    Timo hatte sich selbst mit den Augen eines höher entwickelten Wesens betrachtet und konnte sich gut vorstellen, wie überlegen
     sich dieses andere Wesen fühlen musste. Ähnlich überheblich |331| hatte er selbst den Menschen des ausgehenden 19.   Jahrhunderts gesehen, der, vom technischen Fortschritt berauscht, meinte, er bildete mit seinem Telegrafen und seinem elektrischen
     Licht die absolut vorderste Front der Wissenschaft.
    Aber warum sollte das Leben genau so sein wie auf der Erde, hatte Aaro sein Gedankenspiel weitergesponnen. Soile zufolge hing
     die Entwicklung des Lebens von der Evolution ab, die sich über einen sehr langen Zeitraum erstreckte. Was wäre passiert, wenn
     irgendwelche Vorfahren des Tintenfischs vor Urzeiten an Land gekrochen wären? Der Tintenfisch war ein intelligentes Wesen,
     er hätte sich im Laufe der Evolution ohne weiteres entwickeln und eine technische Kultur

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