Das Hiroshima-Tor
eine Sekunde, bis er begriff, wovon Rautio sprach. »Vergiss das«, sagte er ruhig. »Sie hat das inszeniert. Vergeude
deine Zeit nicht mit solchem Mist. Ich habe sichere Beweise für die Echtheit der Diskette aus der Seine. Ich erwarte deinen
Anruf innerhalb von fünf Minuten. Falls er nicht kommt, fahre ich mit dem Taxi zur Redaktion von ›Ilta-Sanomat‹.«
Timo beendete das Gespräch und betrat die Rolltreppe. Beim Hinunterfahren rief er Blomberg an.
»Was ist mit Heli Larva passiert?«, fragte Timo. »Wieso habt ihr ihren Computer?«
»Nicht nur den Computer, sondern auch die Frau.«
Timo war überrascht. »Gibt es also doch Hinweise auf eine Verbindung zu den Sabotageakten in Olkiluoto?«
»Ich bin nicht befugt, darüber zu reden.«
»Wo ist sie? Ich will mit ihr sprechen.«
»Ich weiß nicht, ob ein Gespräch möglich ist. Die Führung sagt ...«
»Die Führung wird dich gleich anrufen und dir erklären, dass ich gern mit Heli Larva sprechen darf.«
Voller Zorn legte Timo auf. Er wusste nicht, ob er mehr auf Heli oder mehr auf sich selbst wütend war, oder doch auf Rautio,
dem jedes Material recht war, mit dem er Timo denunzieren konnte.
Mit Soiles Tasche in der Hand ging er an den Gepäckbändern vorbei. Sein Handy klingelte.
»Das Treffen ist um vier«, sagte Rautio. »Den Ort teile ich dir später mit.«
»Um vier? Es muss früher sein ...«
|372| »Irgendwo hat die Frechheit ihre Grenzen«, fuhr Rautio auf. »Sei froh, dass es überhaupt möglich ist.«
»
Ihr
könnt froh sein. Noch etwas. Ich will mit Heli Larva sprechen. Ich fahre mit dem Taxi zur KRP, vereinbare inzwischen mit der
Führung dort, dass ich zu ihr kann.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er auf. Vor ihm öffneten sich die automatischen Schiebetüren. Er hielt nach seiner Mutter
Ausschau, die er am Morgen von Genf aus angerufen hatte.
Sie stand vor einer Säule und winkte ihm zu. Timo zwang sich zu einem ruhigen, frohen Gesichtsausdruck.
»Was ist passiert?«, fragte seine Mutter besorgt. »Du siehst ja schrecklich aus ...«
Timo gab den Versuch auf, sorglos zu wirken. »Hast du ihn dabei?«
Seine Mutter reichte ihm den Brief, den er ihr aus Brüssel geschickt hatte. Er enthielt das Foto, das Asko Lahdensuo auf der
Seinebrücke zeigte, und dieses Foto würde er bald brauchen.
»Danke«, sagte Timo und schob das Kuvert in die Innentasche seiner Jacke. »Wie geht’s Aaro?«
»Gut. Wann kommst du nach Porvoo?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht heute noch. Aber mach Aaro besser keine Versprechungen.«
In zehn Kilometer Höhe, über der blaugrauen, vom Wind bewegten Wassermasse des Stillen Ozeans, flog eine Boeing
BBJ
, bemalt in den Farben einer Washingtoner Business-Fluggesellschaft, aus den Vereinigten Staaten kommend nach China.
Normalerweise wurde sie von den Führungsgremien großer Unternehmen benutzt, wenn mehr Platz benötigt wurde, als ein normaler
Learjet bot. Jetzt saßen acht große, ernste Männer im hinteren Teil der Kabine, alle im dunklen Anzug. Nichts verriet, dass
sie der Sondereinheit DELTA der U S-Streitkräfte angehörten.
Die Gruppe war zusammengestellt worden aus der Elite der |373| Elite, aus den erfahrensten Soldaten, die in den Vereinigten Staaten für Sonderoperationen zur Verfügung standen. Ihr Gepäck
war im Rumpf des Flugzeugs verstaut, es bestand aus gewöhnlichen
Delsey-
Koffern, aber diese enthielten komplette Kommandoausrüstungen und schwere Bewaffnung.
Im vorderen Teil der Maschine saßen zwei Wissenschaftler vom Forschungszentrum der Luftwaffe, die auf Antimaterie spezialisiert
waren, mehrere Teilchenphysiker aus dem
Fermilab
und ein Dolmetscher der chinesischen Sprache. Drei Beamte der Einheit für Sonderoperationen der Armee führten die Gruppe an.
Den Reisedokumenten zufolge handelte es sich bei der Gruppe um eine Wirtschaftsdelegation, die nach China kam, um weitere
Handelsbeziehungen zu knüpfen. Die Maschine flog den Flughafen Fuxin an, von wo es nicht weit nach Fushan auf den Höhen von
Huafan war.
Timo kümmerte sich nicht um Blombergs neugierige Miene. Ob der auch den Videoclip von Heli Larva zu Gesicht bekommen hatte?
Sie gingen auf dem Weg zu den Vernehmungszimmern nebeneinander den Korridor im KR P-Gebäude entlang. Es roch nach Reinigungsmitteln.
Keiner von beiden sagte ein Wort. Timo wusste nicht, warum Heli Larva festgenommen worden war, und Blomberg weigerte sich,
es ihm mitzuteilen.
Vor einer Tür blieben sie
Weitere Kostenlose Bücher