Das Hiroshima-Tor
den Höhen von Huafan.«
Perry reichte Novak ein zweites Blatt Papier mit dem Gedicht von der Gedenktafel auf Isama Nishikawas Grab auf dem Friedhof
Vallcarca:
Fern auf den Höhen von Huafan
...
Novak stand auf. »Das muss ich Irons mitteilen.«
Er rannte so aufgeregt an den Computer, dass er fast über das Stromkabel gestolpert wäre, das quer durchs Zimmer lief.
»Geh Colin wecken. Schauen wir mal, ob wir von Sally Nishikawa eine Reaktion auf Huafan oder Fushan bekommen.«
Jørgensen lag unter den Ginstersträuchern vor dem Gebäude und zog extrem vorsichtig die Mittelschraube des zwanzig Zentimeter
hohen Stativs an. Er hatte am Abend den landenden Helikopter gehört und gesehen, wie eine weitere Person ins Haus gebracht
worden war.
In aller Ruhe hatte er abgewartet, bevor er es wagte, sich mit dem Lasermikrofon auf den Weg zu machen. Jetzt richtete er
das Mikrofon auf ein Fenster des Hauses und setzte den Kopfhörer auf. Er schaltete das Mikrofon am Steuerungskasten ein und
vollzog die genaue Ausrichtung mit Hilfe des Testsignals.
Schließlich zog er noch einmal die Flügelschrauben an Mikrofon und Stativ nach, prüfte, ob der Sender eingeschaltet war, und
entfernte sich auf allen vieren vom Haus, wobei er hinter Bäumen und Sträuchern Deckung suchte.
Erst auf dem mit Natursteinen terrassierten Hang riskierte er es, aufzustehen. Auf dem Weg zum Wagen schüttelte er die kreideweißen
Schuppen der Rinde eines Eukalyptusbaums ab, die an seiner Jacke haften geblieben waren.
Von dem zweihundert Meter entfernt geparkten Auto aus |369| konnte man das Haus hinter den Bäumen kaum sehen, aber das war der nächste sichere Platz. Dennoch musste man darauf gefasst
sein, dass die Amerikaner auch in den umliegenden Straßen unterwegs waren, weshalb Jørgensen mit Carla und Heinz in regelmäßigen
Abständen den Wagen wechselte.
Carla wartete im Auto. Als Souvenir aus Krakau zierte ein großes Pflaster ihre Nase. In der Hand hielt sie ein Gerät von der
Größe eines altmodischen Mobiltelefons, aus dem eine dicke, gummierte Antenne ragte. Es war ihnen nicht gelungen, den Funkverkehr
der Amerikaner aufzuschnappen, geschweige denn zu knacken, aber mit Hilfe des Indikators verfolgten sie die Menge der aus
dem Haus verschickten Funksignale. Das gab ihnen zumindest einen groben Hinweis darauf, ob etwas Bedeutsames geschah.
Jørgensen setzte sich in den Wagen und stellte den Empfänger des Lasermikrofons ein. Er wartete fieberhaft auf Informationen
aus Peking. Die Stürmung des Hauses war eine Möglichkeit, aber dafür bräuchte er weitere Leute.
|370| 48
Beim Verlassen des Flugzeugs in Helsinki schaltete Timo das Handy ein. Sein Gesicht war vor Müdigkeit aufgedunsen, und er
hatte schwarze Ränder unter den Augen. Die Maschine war um kurz nach sechs in Genf gestartet, das Umsteigen in Kopenhagen
hatte vierzig Minuten in Anspruch genommen, jetzt war es 10.46 Uhr.
Seine Gedanken kreisten um Soile. Er hatte Angst um sie, darum musste er handeln. Es gab nur einen Weg, ihr zu helfen, und
dabei spielten Rautio und die politischen Interessengruppen hinter ihm eine entscheidende Rolle.
Timo ging zügig und rempelte aus Versehen eine Dame an. Auf dem blank gewienerten Steinfußboden spiegelten sich die Halogenspots.
Das saubere Terminal und die finnischen Sätze, die ringsum gesprochen wurden, schufen eine vertraute Atmosphäre, aber sicher
fühlte sich Timo deshalb noch lange nicht.
Er hatte vor, zuerst Rautio und dann Heli Larva anzurufen. Er brauchte Informationen zur Teilchenphysik. Zunächst hatte er
an einen Kollegen von Soile an der TH gedacht, aber über dessen Kompetenz war Timo sich nicht ganz im Klaren – anders als
bei Heli. Nach Loviisa würde er nicht fahren können, also musste sie nach Helsinki kommen.
Timo fürchtete, dass die Müdigkeit sich auf seine Urteilsfähigkeit auswirken könnte. Während er an Kiosken und Boutiquen vorbei
zur Rolltreppe ging, wählte er Rautios Nummer. Der Chef der SiPo meldete sich sogleich.
»Ich bin am Flughafen«, sagte Timo brüsk. »Ich will dich sehen. Außerdem die Premierministerin und die Staatspräsidentin.«
|371| Die Frau, die vor ihm ging, drehte sich um.
»Bist du jetzt endgültig durchgedreht?«, fragte Rautio.
»Ich nehm mir ein Taxi. Ruf die beiden an und sag mir dann, wo wir uns treffen.«
»Ich warne dich. Wir haben den Computer von Heli Larva. Und rate mal, was wir darin gefunden haben?«
Timo brauchte
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