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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Heli fort. »Haben die Russen aufgrund der KG B-Diskette Kenntnis von der Lage des Verstecks?«
    »Wohl kaum. Sonst hätten sie es selbst gesucht.«
    »Das zweite Schlüsselwort lautet:
gesucht

    »Ich weiß, worauf du hinaus willst«, sagte Timo. »Ich habe darüber auch nachgedacht. Vaucher-Langston:
Landkarte
. Zeromski:
Sternkarte
. Nishikawa:
Genkarte
. Der gemeinsame Nenner ist die Karte. Aber   ...«
    Larva beugte sich plötzlich über den Tisch und begann, Timos Hemd aufzuknöpfen. »Stift und Papier   ...«, flüsterte sie so dicht vor Timos Gesicht, dass er ihren Atem auf seiner Haut spürte.
    »Ich kann den Code auswendig«, sagte er und ließ zu, dass Lavra ihm mit hastigen, warmen Fingern das Hemd aufknöpfte. »ACCTGAG   ...«
    Da rasselte das Schloss, und die Tür schwang abrupt auf. Timo ergriff instinktiv Larvas Hand, um sie wegzuschieben. Hinter
     Blomberg stand Rautio in der Tür.
    Es folgte ein endloser Moment in Grabesstille.
    »Entschuldigung, wenn ich störe   ...«, sagte Rautio gezwungen nüchtern, ohne jedoch seine Bestürzung kaschieren zu können. »Ich wollte nur mitteilen, dass
     das Treffen, um das du gebeten hast, schon eine Stunde früher stattfinden kann.«
    Heli ließ Timos Hemd los und setzte sich langsam wieder auf |379| ihren Stuhl. Timo opferte eine Sekunde, um darüber nachzudenken, ob Rautio die Tür zufällig genau in dem Moment aufgemacht
     hatte oder ob es eine versteckte Kamera oder ein Guckloch gab. Mehr Zeit zum Überlegen verdiente die Angelegenheit nicht –
     es war einerlei, was Rautio dachte, wenn er nur tat, was man ihm sagte.
    Timo nahm die Papiere an sich und ging zur Tür. Auf der Schwelle blieb er stehen, da er sich seines offenen Hemdes bewusst
     wurde. Rautio wartete in wenigen Metern Abstand.
    Ungeschickt knöpfte Timo sich das Hemd wieder zu. Er spürte, wie Heli ihm hinten das Hemd in die Hose stopfen wollte und schnaubte:
     »Finger weg!«
    Wie zum Trotz schob Heli ihm darauf mit einem abschließenden, energischen Ruck sein Hemd in den Hosenbund.

|380| 49
    Marjatta Lahdensuo, die Premierministerin, hatte sich für ein rotes Kostüm entschieden. Sie gab der Staatspräsidentin Kirsti
     Heino die Hand. Gleichmäßig graues Herbstlicht drang von außen ins Arbeitszimmer des Präsidentenpalais.
    »Wir sehen uns unter etwas außergewöhnlichen Umständen«, sagte die Präsidentin kühl.
    »So habe ich es Rautios Worten entnommen.«
    Die Präsidentin bot ihrem Gast einen Platz an. »Reden wir offen. Ich werde erst gar nicht so tun, als wäre ich bestürzt über
     das, was Rautio über Asko Lahdensuos Unternehmungen berichtet hat.«
    »Vielleicht sagst du mir auch, worum es dabei geht«, bat Marjatta Lahdensuo sachlich und ruhig.
    »Du weißt genau, wovon ich rede. Ich hätte nicht geglaubt, dass du dich auf ein so schmutziges Spiel einlässt, um mich zu
     stürzen.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Die Frauen sahen einander in die Augen.
    »Willst du bestreiten, dass du gewusst hast, was der Bruder deines Mannes mit seinen Ostkontakten getrieben hat?«, fragte
     die Präsidentin.
    »Meinst du Asko? Was hat er denn getan?«
    Auf die Wangen und den Hals der Präsidentin war schimmerndes Rot getreten. »Du bist keine allzu geschickte Lügnerin, Marjatta.
     Rautio wird dir gleich mehr erzählen.«
     
    |381| Das Taxi fuhr über die südliche Esplanade auf das Präsidentenpalais zu. Auf dem Rücksitz betrachtete Timo angespannt das in
     Paris aufgenommene, unscharfe Foto, auf dem ein Mann im Trenchcoat zu sehen war – leider ziemlich undeutlich.
    Er steckte das Foto in den Briefumschlag zurück und das Kuvert in die Innentasche seiner Jacke. Es war beruhigend, zur Abwechslung
     das vertraute Panorama der Helsinkier Innenstadt zu sehen. Arbeiter befreiten mit Laubbläsern die Rasenflächen der Esplanade
     vom herunterfallenden Laub.
    Der Taxifahrer, der in seiner Lederjacke aussah wie ein ewiger Student, hatte offenbar den Gemütszustand seines Fahrgastes
     erspürt und den Wagen schweigend vom Hauptquartier der KRP ins Stadtzentrum gelenkt. Timo vertraute Rautio nicht, darum hatte
     er das Angebot abgelehnt, mit ihm zum anberaumten Treffen zu fahren. Er wollte selbst das Heft in der Hand behalten.
    Auf dem Markt wurden gerade die Verkaufsstände abgebaut, dabei blies ein heftiger Wind vom Meer, der die Möwen im Flug zum
     Schwanken brachte. An der roten Ampel am Ende der Esplanade klingelte Timos Telefon.
    »Kannst du reden?«, fragte Heli Larva. Timo

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