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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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B-Protokolldiskette |69| in ihren Besitz gelangt war. Nicht einmal die Computerexperten konnten etwas über die Diskette sagen, was die Echtheit bestätigt
     oder in Frage gestellt hätte.
    Wenn aber die Authentizität der Diskette nicht nachgewiesen werden konnte, gäbe es kein Argument für eine Verfahrensaufnahme
     – und Rautios Meinung nach auch nicht zu Vorermittlungen. Jeder, der einen Computer hatte, konnte auf einer echten Diskette
     beliebige Fakten speichern, zum Beispiel Informationen über die Moskau-Reise einer Politikerin.
    Timo steckte den zusammengefalteten Ausdruck ein und tippte Välimäkis Nummer. Allerdings wollte er noch niemandem etwas von
     dem Finnen sagen, der eventuell auf der Seine-Brücke gewesen war. Harri Lahdensuo war ein Mann, der sehr auf seine Privatsphäre
     bedacht war. Die SiPo wusste über ihn nicht besser Bescheid als über jeden beliebigen Bürger – abgesehen von den öffentlichen
     Anlässen, an denen Lahdensuo mit seiner Frau, der Premierministerin, auftrat.
    Das hieß allerdings nicht, dass Harri Lahdensuo die Politik gleichgültig gewesen wäre. Im Gegenteil. Viele hielten ihn für
     die treibende Kraft hinter der politischen Karriere seiner Frau. Er war früher Helsinki-Korrespondent einer einflussreichen
     überregionalen Zeitung gewesen und hatte sich in seinen Artikeln und Kolumnen bevorzugt mit politischen Fragen auseinandergesetzt.
     Als seine Frau Premierministerin wurde, ließ Lahdensuo sich beurlauben und widmete sich einer Dissertation über die jüngste
     politische Geschichte.
    »Pass auf«, sagte Timo zu Välimäki. Er war vorsichtig und angespannt, aber er vertraute seinem ehemaligen Kollegen hundertprozentig
     – im Gegensatz zu Rautio, der mehr politischer Beamter als Polizist war. »Ich habe da einen Hinweis auf eine Geschichte, bei
     der unter Umständen ganz große Namen Probleme kriegen werden. Könntest du versuchen, für mich im Visa-Archiv unauffällig nachzuschauen,
     ob eine bestimmte Person am 16.   4.   1989 in Moskau war? Die Person ist dieselbe, der Rane einmal aus Versehen fast ein Bein gestellt hat.«
    |70| Obwohl Gespräche mit GS M-Handys im Prinzip sicher waren, bestand kein Anlass, Namen durch die Leitung zu posaunen. Rane war ein gemeinsamer Bekannter, der
     vor einigen Jahren bei der Polizeieinheit arbeitete, die für die Sicherheit der Präsidentin verantwortlich war. Und dieser
     Rane hatte seinen Schützling einmal vor dem Eingang zum Festsaal der Stadt Helsinki beinahe zu Fall gebracht.
    Välimäki antwortete nicht.
    Timo räusperte sich. »Hast du verstanden?«
    »Ja, ja«, sagte Välimäki gedämpft. »Was für einen Hinweis hast du? Sollte ziemlich stabiles Material sein.«
    Timo war von Välimäkis Haltung enttäuscht.
    »Du weißt sehr gut, dass ich so etwas nicht unauffällig klären kann«, sprach Välimäki weiter.
    »Na klar kannst du das, musst dir halt einen guten Grund ausdenken.«
    »Du verlangst, dass ich lüge, ohne zu wissen, worum es eigentlich geht.«
    »Dann vergiss es«, sagte Timo, ohne seinen Ärger zu verbergen. Offenbar waren die Leute von der SiPo immer noch übervorsichtig,
     seit die Institution von mehreren Skandalen erschüttert worden war.
    Timo beendete das Gespräch. Er bereute sogar, überhaupt angerufen zu haben – und erst recht, dass er Välimäki gegenüber ohne
     Not Andeutungen über den Seine-Fall gemacht hatte. Rautio durfte davon auf keinen Fall etwas erfahren. Välimäki war zwar an
     sich zuverlässig, aber als Beamter auch einigermaßen unflexibel.
    Timo suchte im Internet nach Informationen über Harri Lahdensuo. Der sechsundfünfzigjährige Journalist war in seiner Jugend
     hochschulpolitisch aktiv gewesen. Eine Phase in seiner Karriere interessierte Timo besonders: In den achtziger Jahren war
     Lahdensuo zweimal Korrespondent in Moskau gewesen, und er sprach Russisch. Seine Frau hatte damals als Abgeordnete im Parlament
     gesessen.
    |71| Timo überlegte, wie er im Zusammenhang mit Lahdensuo weiter vorgehen sollte. Es war sinnlos, Rautio etwas davon zu sagen,
     denn der stand auf zu gutem Fuß mit der politischen Elite. Also beschloss er, als Erstes in den Passagierlisten von
Finnair
und
Air France
nachzusehen, ob der Name Harri Lahdensuo zur Tatzeit auf der Strecke Helsinki   – Paris auftauchte.
    Verärgert über sich selbst rief Timo zu Hause an und teilte mit, dass er die Abendmaschine nach Brüssel nicht mehr erwischen
     würde.
     
    An der Ostküste der Vereinigten

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