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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Staaten war es an diesem Vormittag windig und klar. Trotzdem fiel kein Sonnenlicht in den
     mehrfach schallgedämpften und abhörsicheren Raum.
    William C.   Irons’ Blick war hart und präzise, obwohl ihm der anstrengende Samstagsflug von Brüssel samt Jetlag anzusehen waren. Sein
     Gesicht war grau, die geröteten Augen tränten.
    Die fünfzigjährige Frau, die vor ihm saß, sah mit brüsker Miene die Unterlagen durch, in denen der Inhalt der Computerdiskette
     aus der Seine wiedergegeben war. Der Orientteppich und das Licht der Stehlampe mit dem goldfarbenen Fuß sorgten für eine vornehme
     Atmosphäre, die sich mit der in der Luft vibrierenden Spannung verband.
    »Enthält die Diskette genügend Informationen?«, fragte die Frau.
    »Nein«, sagte Irons. »Aber in dem Material stecken Hinweise, mit deren Hilfe wir der Sache vielleicht auf die Spur kommen
     können.«
    Die sorgfältig geschminkte Frau blickte nachdenklich auf die Sätze, die aus dem Russischen ins Englische übersetzt worden
     waren.
     
    Das sechste Direktorat hat für Nachforschungen der Operation Phönix, die als dringlich eingestuft werden, 600   000   Dollar bewilligt. Aus wissenschaftlichen und psychologischen Gründen ist eine Klärung der Angelegenheit von vorrangiger Bedeutung.
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In der ersten Phase muss ermittelt werden, ob die Informationen von Adler zutreffen: Hat Cello Kontakt mit Vaucher-Langston
     gehabt, gibt es für uns einen Weg, auf ihn zuzugehen?
    Das zwölfte Direktorat hat beschlossen, das Schulungszentrum in Rostow zu schließen   ...
     
    Der Text ging weiter, aber für den Rest interessierte sich die Frau nicht mehr. Sie blickte auf. »Ist es denn überhaupt möglich,
     etwas zu finden?«
    »Alles ist möglich, wenn man über genügend Ressourcen verfügt. Wir müssen den Vertrag mit MilCorp erweitern. Sie müssen mehr
     Leute einbinden.«
    Die Frau sah sich erneut die Sätze an. »Wer ist Vaucher-Langston?«
    »Das überprüfen wir gerade. Die wahrscheinlichste Variante ist zur Zeit Professor J.   B.   Vaucher-Langston. Brite. Novaks Team ist gerade auf dem Weg zu ihm.«
    »Sie sollen sich beeilen. Bei diesem Rennen gibt es für den zweiten Platz keine Medaille.«
    »Und nach den Erfahrungen von Paris sieht es so aus, als wäre mit einer buchstäblich blutigen Konkurrenz zu rechnen«, sagte
     Irons. »Wie gesagt, das Engagement von MilCorp wird ausgeweitet. Wenn nötig, müssen sie schwere Geschütze auffahren, was sich
     in den Kosten für die Versicherung und in den Gehältern der Männer niederschlagen wird.«
    Die Frau legte das Blatt Papier aus der Hand und sah Irons an. »Wenn sich für diese Angelegenheit kein Geld auftreiben lässt,
     wofür dann?«, sagte sie leise.
     
    Der dunkelblaue Ford glitt am Samstagabend zwischen den weiß gestrichenen Fachwerkhäusern die schmale Hauptstraße von Burnford
     entlang. Dick Novak saß auf dem Beifahrersitz und warf einen Blick auf die Adresse: J.   B.   Vaucher-Langston, 27   Holkham Road.
    Eigentlich wohnte der Professor in Cambridge, aber er verbrachte |73| einen großen Teil seiner Zeit in seinem Landhaus. Novak schaute auf die Karte und sagte in das Mikrofon, das kaum sichtbar
     aus seinem Kragen ragte: »Wir fahren über das südliche Ende der Straße. Ihr kommt von Norden. Wartet auf meine Anweisungen.«
    Novak wusste, dass sie auf alles gefasst sein mussten. Das hatte sich in Paris gezeigt. Wenn Vaucher-Langston bei den USA
     auf der Liste stand, dann kannte auch Peking seinen Namen.
    »Ihr müsstet euch mal ein bisschen modernere Kommunikationstechnik zulegen«, sagte eine schnarrende Stimme auf dem Rücksitz.
    Novak fing gar nicht erst an, die bodenständige Einstellung von MilCorp gegenüber Hightech-Investitionen zu verteidigen, denn
     das war sinnlos. Der Physiker David Perry wusste alles über Mathematik, Nanotechnologie und das Vibrieren der Atome, aber
     von der ökonomischen Realität, vom echten Leben da draußen, hatte der Wissenschaftler von DARPA keinen Schimmer.
    Die Defense Advanced Research Projects Agency war für wissenschaftlich-technische Forschungs- und Ermittlungsprojekte beim
     U S-Verteidigungsministerium zuständig, und Perry gehörte dort zur absoluten Spitze. Dabei erinnerte der dürre Vierzigjährige mit seinen zerknitterten
     Baumwollhosen, seinem T-Shirt und seinem zehn Jahre alten Sakko eher an einen pubertierenden Computerfreak. Er trug ein Brillengestell aus Plastik, das
     in dem schmalen Gesicht besonders schwer

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