Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
zurück. »Mach jetzt keinen Stress.«
Als wir oben ankommen, stürze ich aus dem Lift, mit Noah an der Hand, ohne mir die Wegweiser anzusehen. Ich steuere auf die Tür am Ende des Flurs zu und klopfe, so fest ich kann.
»Lottie! Ich bin’s!« Da bemerke ich eine kleine Klingel, die ich zur Sicherheit auch noch drücke. »Komm raus! Bitte! Ich möchte mich entschuldigen! Es tut mir so leid. ES TUT MIR SO LEID !« Wieder hämmere ich an die Tür, und Noah unterstützt mich nach Kräften.
»Komm raus!«, kreischt er und trommelt an die Tür. »Komm raus! Komm raus!«
Plötzlich wird die Tür aufgerissen, und ein fremder Mann mit einem Handtuch um die Hüften starrt mich an.
»Ja?«, sagt er übellaunig.
Verstört starre ich zurück. Er sieht nicht aus wie dieser Ben auf dem Foto. Kein bisschen.
»Äh … Ben?«, probiere ich es trotzdem.
»Nein«, antwortet er spröde.
Meine Gedanken rasen. Sie führt eine offene Ehe. Heißt das … Oh mein Gott. Machen die gerade einen flotten Dreier?
»Sind Sie bei … Ben und Lottie?«, frage ich vorsichtig.
»Nein, ich bin bei meiner Frau.« Finster funkelt er mich an. »Wer sind Sie?«
»Das ist hier doch die Oyster Suite, oder?«
»Nein, die Pearl Suite.« Er deutet auf ein unauffälliges Schildchen neben der Tür, das ich völlig übersehen habe.
»Oh. Okay. Tschuldigung.« Ich weiche zurück.
»Ich dachte, du kennst dich hier aus«, sagt Lorcan.
»Ja, tu ich auch. Dachte ich. Ich war mir sicher …« Ich stutze, als mein Blick durch ein schmales Fenster in der Nähe fällt. Es bietet einen Blick aufs Meer, und ich sehe einen mit Blumen geschmückten Anleger. Mitten auf diesem Anleger steht ein Pärchen, das mir bekannt vorkommt …
»Oh mein Gott, das sind sie! Sie erneuern ihren Treueschwur! Schnell!«
Ich schnappe mir Noah, und wir drei hasten den Flur hinunter. Der Fahrstuhl ist unerträglich langsam, aber schließlich sind wir draußen, wetzen über Rasen und Wege zum Meer. Der Anleger ist gleich da vorn, geschmückt mit Blumen und Ballons, und mitten darauf steht das glückliche Paar und hält sich bei der Hand.
»Schwimmen!«, ruft Noah begeistert.
»Noch nicht«, schnaufe ich zurück. »Erst müssen wir …« Ich sehe mir das Pärchen auf dem Anleger genauer an. Die beiden kehren uns den Rücken zu, aber ich bin mir sicher, dass es Lottie ist. Ich glaube jedenfalls, dass es Lottie ist. Bis auf …
Moment mal. Ich reibe mir die Augen, um klarer zu sehen. Ich bräuchte mal wieder neue Linsen.
»Sind sie es?«, will Lorcan wissen.
»Ich weiß nicht«, gebe ich zu. »Wenn sie sich mal umdrehen würden …«
»Das ist nicht Tante Lottie!«, sagt Noah verächtlich, »das ist eine andere Frau.«
»Sieht auch nicht wirklich nach Ben aus«, bestätigt Lorcan bei näherer Betrachtung des Mannes. »Zu groß.«
In diesem Moment wendet die Frau ihren Kopf zur Seite, und ich merke, dass sie kein bisschen wie Lottie aussieht.
»Oh Gott !« Ich sinke auf die nächstbeste Sonnenliege. »Sie sind es nicht. Ich kann nicht mehr. Wollen wir was trinken gehen?« Ich sehe Lorcan an. »Wahrscheinlich hast du deine Deadline inzwischen sowieso verpasst. Verschieb es auf morgen früh. Lass uns was trinken gehen. Lorcan? Was ist los?«
Verdutzt blinzle ich ihn an. Plötzlich ist sein Gesicht wie aus Stein. Starr blickt er über meine Schulter hinweg, und ich fahre herum, um nachzusehen, was er da sieht. Es ist ein ganz normaler Hotelstrand, mit Sonnenliegen und Wellenrauschen und Badenden, und weiter hinten sind ein paar Segelboote und noch weiter hinten im tiefen Wasser liegt eine große Jacht. Die starrt er an.
»Das ist Zhernakoffs Jacht«, sagt er. »Was macht die hier?«
»Oh!«, stöhne ich, als ich eins und eins zusammenzähle. »Natürlich. Da sind sie. Das hatte ich ganz vergessen.«
»Du hattest es vergessen ?«
Er klingt so scharf, dass ich fast sauer werde.
»Lottie hat es mir erzählt, aber es war mir entfallen. Ben verkauft die Firma. Er trifft sich mit Zhernakoff auf dessen Jacht.«
»Wie bitte?« Alle Farbe weicht aus Lorcans Gesicht. »Das kann nicht sein. Wir waren uns einig, dass er nicht verkauft. Noch nicht. Und schon gar nicht an Zhernakoff.«
»Vielleicht hat er es sich ja anders überlegt.«
»Er kann es sich nicht einfach anders überlegen!« Lorcan ist außer sich. »Warum bin ich sonst hier, mit einer Refinanzierungsvereinbarung im Aktenkoffer? Warum fliege ich ihm sonst durch halb Europa hinterher? Wir haben doch schon Pläne
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