Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
und?«, keift sie zurück. » Na und? Vielleicht …« Sie zögert. »Vielleicht führen wir eine offene Ehe. Daran hast du wohl noch nicht gedacht, was?«
Ich bin so verdattert, dass mein Mund auf und zu klappt, wie bei einem Fisch. Sie hat recht. Daran habe ich nicht gedacht. Eine offene Ehe? Ogottogott. Ich hätte nie gedacht, dass Lottie der Typ für so was wäre.
»Und außerdem, was weiß Lorcan denn schon?« Lottie setzt zu ihrer nächsten Hasstirade an. »Lorcan ist ein hinterhältiger Kontrollfreak, der sich aufgedrängt hat und Ben seine Firma wegnehmen will.«
»Lottie …« Diese Ansicht über Lorcan verschlägt mir immer noch die Sprache. »Bist du sicher?«
»Ben hat es mir gesagt. Deshalb verkauft Ben seine Firma – weil Lorcan ihm gesagt hat, dass er es nicht tun soll. Verlassen wir uns also lieber nicht auf das, was Lorcan sagt, okay?« Sie spuckt das Wort »Lorcan« aus wie etwas Ekliges.
Wir schweigen. Ich bin zwischen so vielen gegensätzlichen Empfindungen hin und her gerissen, dass es mich lähmt. Das Staunen über Lotties Meinung zu Lorcan will sich nicht legen, doch am stärksten ist die Reue. Endlose Reue. Sie hat recht. Ich weiß nichts über ihre Situation. Ich habe viel zu viel vorausgesetzt.
Vielleicht kenne ich meine kleine Schwester überhaupt nicht.
»Es tut mir leid«, sage ich schließlich betrübt. »Es tut mir so leid. Ich dachte nur, du bist vielleicht über Richard noch nicht ganz weg. Und dass du vielleicht irgendwann feststellst, dass Ben doch nicht der Richtige für dich ist. Ich dachte, dass du es vielleicht irgendwann bereust, ihn geheiratet zu haben. Und ich dachte, wenn es zu weit geht und er dich schwängert, dann wäre das doch eine einzige Katastrophe. Aber ich habe mich getäuscht. Offensichtlich. Bitte, bitte, verzeih mir. Lottie?« Es ist ganz still im Hörer. »Lottie?«
26
Lottie
Ich hasse sie. Warum hat sie immer recht? Warum hat sie immer recht?
Mir stehen die Tränen in den Augen. Am liebsten möchte ich ihr alles erzählen. Ich möchte ihr sagen, dass Ben nicht der Richtige für mich ist und dass ich nicht über Richard hinweg bin und dass ich mich in meinem ganzen Leben noch nie so elend gefühlt habe. Aber trotzdem kann ich ihr nicht einfach verzeihen. Ich kann sie nicht ungeschoren davonkommen lassen. Sie ist die bestimmendste, bevormundendste Schwester der Welt, und sie verdient eine Strafe.
»Lass mich in Ruhe!«, sage ich mit einem Frosch im Hals. »Lass mich einfach in Ruhe. Für immer!«
Ich lege auf. Einen Moment später sehe ich, dass sie wieder anruft, also mache ich das Handy ganz aus und gebe es Nico zurück.
»Hier«, sage ich barsch. »Und Sie können aufhören, Anrufe von meiner Schwester entgegenzunehmen. Sie können aufhören, sich in mein Leben einzumischen. Sie können uns jetzt endlich in Ruhe lassen.«
»Mrs Parr«, beginnt Nico beschwichtigend. »Im Namen unseres Hotels möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die Sie unglücklicherweise im Rahmen Ihrer Flitterwochen zu erdulden hatten. Als Entschädigung biete ich Ihnen ein Deluxe-Wochenende für zwei Personen in einer unserer Premium-Suiten an.«
»Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?« Ungläubig starre ich ihn an. »Nach allem, was wir durchgemacht haben?«
»Das Deluxe-Wochenende beinhaltet sämtliche Mahlzeiten und eine Schnorcheltour«, sagt Nico, der mich geflissentlich überhört. »Darüber hinaus darf ich daran erinnern, dass Sie und Ihr Gatte als Gewinner in unserem Pärchenquiz heute Abend zur Preisverleihungsgala eingeladen sind, wo man Ihnen den Preis für das Glückliche Paar der Woche verleihen wird.«
»Das Glückliche Paar der Woche?« Ich schreie fast. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Und hören Sie auf , meine Brüste anzustarren!«, füge ich hinzu, als ich plötzlich merke, dass mein Sichtschutz verrutscht ist.
Ich nehme meinen BH und fange an, ihn zuzuhaken, während Nico sich diskret entfernt. In meinem Kopf wütet ein Orkan. Gefährlich peitschen Gedanken und Gefühle umher, und ich habe das Gefühl, einige davon könnten echten Schaden anrichten. Meine Ehe mit Ben ist ein Reinfall. Er hat es noch nicht mal geschafft, sie zu vollziehen. Fliss mischt sich in alles ein, die blöde KUH . Richard fehlt mir immer noch. Richard fehlt mir immer noch sehr. Ich bin schuld an dem Feuer. Ich war es. Ein quälender Schmerz sticht mich, und mir entfährt ein unbeherrschter Schluchzer. Das ist fast das Schlimmste an allem: Ich bin
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