Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
mir sogar an, meine Bikinizone zu wachsen.
Das brauchte ich natürlich nicht. Ich war schon vor drei Tagen im Waxing-Studio gewesen, um mich auf heißen, vergnüglichen Sex mit Richard vorzubereiten, auch wenn es mir nicht viel genützt hat. Totale Geldverschwendung.
Die Erniedrigung tut weh. Ich sollte ihm den Besuch im Schönheitssalon in Rechnung stellen. Ich sollte sie ihm nach San Francisco schicken, zusammen mit einem feierlichen Brief, in dem steht: Lieber Richard. Wenn Du diesen Brief bekommst …
Nein. Hör auf, Lottie. Denk nicht an Richard. Schreib ihm keinen Brief. Vergiss ihn. Vergiss ihn, vergiss ihn.
Ich klammere mich fester an meine Tasche, versuche, mich zusammenzureißen. Es hat so kommen sollen. Alles folgt einem Muster. Eben bin ich noch total am Boden – im nächsten Moment ruft Ben mich an. Es ist Kismet. Es ist Schicksal.
Auch wenn ich nicht mit ihm ins Bett gehen werde.
Nein. Tu ich nicht.
Als ich beim Restaurant ankomme, zücke ich meinen Schminkspiegel und betrachte mich ein letztes Mal. Verdammt. Ich vergesse immer wieder, wie hinreißend ich aussehe. Meine Haut leuchtet. Ich habe hübsche neue Wangenknochen bekommen, die Jo irgendwie mit Rouge und Highlighter hingezaubert hat. Meine Lippen sehen frisch und voll aus. Alles in allem: Ich bin atemberaubend.
Das ist das Gegenteil von dem Albtraum, bei dem man seinem Exfreund zufällig über den Weg läuft : verkatert, im Pyjama. Es ist ein Traum. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so gut ausgesehen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das auch nie wieder der Fall sein wird, es sei denn, ich buche zehn Visagisten. Besser wird es nicht werden, aussehenstechnisch.
Mit selbstbewusstem Schwung drücke ich die Tür zum Restaurant auf, in dem mich ein warmer, einladender Duft von Knoblauch und Meeresfrüchten empfängt. Es gibt Sitzecken mit Lederbänken und einen massiven Kronleuchter und freundliches Stimmengewirr. Nicht großspurig und unangenehm, sondern wohlwollend und zivilisiert. Ein Mixologe schüttelt hinter der Bar einen Cocktail, und ich verspüre den dringenden Pawlowschen Wunsch nach einem Mojito.
Ich werde mich nicht besaufen, beschließe ich eilig. Ich werde nicht mit ihm ins Bett gehen, und ich werde mich nicht besaufen.
Der Oberkellner tritt an mich heran. Los geht’s.
»Ich bin hier mit einem … Freund verabredet. Er hat einen Tisch reserviert. Benedict Parr?«
»Selbstverständlich.« Der Oberkellner führt mich einen gewundenen Weg durchs Restaurant, vorbei an zehn Tischen, an denen potenzielle Bens sitzen, die Gesichter abgewandt. Jedes Mal wird mir ganz flau im Magen. Ist er das? Oder das? Bitte nicht der da …
Oh Gott! Ich kreische fast. Da ist er, steht von seinem Stuhl auf. Cool bleiben. Lächeln. Das Ganze ist so was von irreal.
Ich sehe ihn mir genau an, registriere Details in Höchstgeschwindigkeit, als gäbe es einen Preis zu gewinnen. Etwas seltsam gemustertes Hemd … Er ist größer, als ich ihn in Erinnerung habe. Schmaler. Sein Gesicht ist definitiv schmaler, und seine dunklen, gewellten Haare sind jetzt kurz. Man würde nicht vermuten, dass er einmal Locken wie ein griechischer Gott hatte. Da ist ein Loch in seinem Ohr, wo mal sein Ohrring war.
»Hey … hallo«, begrüße ich ihn.
Ich bin zufrieden mit mir, dass ich so zurückhaltend klinge. Besonders da mein Herz immer schneller schlägt, nachdem ich ihn genauer betrachtet habe. Wie er aussieht! Blendend! Ganz wie er immer war, nur besser. Erwachsener. Nicht mehr so schlaksig.
Er beugt sich vor, um mir einen Kuss zu geben. Einen erwachsenen, zivilisierten Kuss auf beide Wangen. Dann tritt er zurück und betrachtet mich.
»Lottie. Du siehst … fantastisch aus.«
»Du hast dich aber auch ziemlich gut gehalten.«
»Du bist keinen Tag gealtert!«
»Danke gleichfalls!«
Wir strahlen einander an, erfreut und erstaunt wie jemand, der bei einer Tombola gewonnen hat und statt – wie erwartet – eine schäbige Schachtel Pralinen zu gewinnen, tausend Pfund in bar kassiert. Wir können unser Glück kaum fassen.
Ich meine, Hand aufs Herz, vieles kann einen Mann in seinen Zwanzigern verändern. Er hätte sonst wie aussehen können. Er hätte eine Glatze haben können. Er hätte einen Bauch haben können oder einen Buckel. Er hätte so ein nerviges Muskelzucken im Gesicht haben können.
Und wahrscheinlich guckt er mich an und denkt: Gott sei Dank hat sie sich die Lippen nicht aufspritzen lassen/ist sie nicht frühzeitig
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