Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
wenn ihr jemand einen Strich durch die Rechnung macht. Sie ändert einfach die Richtung und rennt weiter, den Blick fest auf den Horizont geheftet.
»Schleier.«
»Bitte?«
»Schleier.« Ich merke, dass die Maske meine Stimme dämpft, und ich schiebe sie mir auf den Kopf. » Schleier . Du hast die Hochzeit also abgesagt? Und Ben hatte nichts dagegen?«
»Ich musste ihn überreden, aber am Ende fand er es okay. Er meint, er will einfach nur das, was ich will.«
»Und habt ihr eure Hochzeitsnacht im Savoy trotzdem gehabt?«
»Nein!« Sie klingt schockiert. »Ich hab dir doch gesagt, dass wir warten, bis wir verheiratet sind!«
Verdammt. Sie hält immer noch an diesem schwachsinnigen Plan fest. Ich hatte gehofft, die Lustbrille wäre ihr vielleicht etwas verrutscht.
»Und Ben ist damit glücklich?« Möglicherweise klinge ich etwas skeptisch.
»Ben möchte einfach nur, dass ich glücklich bin.« Lotties Stimme bekommt diesen vertrauten, honigsüßen Klang. »Soll ich dir was sagen? Ich bin so froh, dass wir darüber gesprochen haben, Fliss. Die Hochzeit wird bestimmt viel schöner werden! Und außerdem kannst du Ben jetzt vorher kennenlernen!«
»Du willst ihn deiner Familie vorstellen, bevor du mit ihm vor den Altar trittst und ihm dein ganzes Leben widmest? Bist du da ganz sicher?«
Ich glaube nicht, dass sie meinen Unterton wahrnimmt. Ich glaube, der Nebel ihrer Hochzeitsseligkeit dient ihr als schützende Sphäre. Sarkasmus verglüht, bevor er an ihre Ohren dringt.
»Übrigens habe ich gestern Abend seinen Freund Lorcan kennengelernt«, füge ich hinzu.
»Wirklich?« Sie klingt begeistert. »Du hast Lorcan kennengelernt? Wow! Was hat er über Ben gesagt?«
Was hat er über Ben gesagt? Mal überlegen. Ben ist momentan nicht in der Verfassung zu heiraten. Er hat so etwas wie eine verfrühte Midlife-Crisis. Ihre Schwester wird die Leidtragende sein.
»Nur so Allgemeines«, weiche ich aus. »Aber ich kann es kaum erwarten, Ben zu treffen. Das sollten wir bald machen. Wie wär’s mit heute Abend?«
»Ja! Lass uns alle was trinken gehen oder so. Fliss, du wirst ihn mögen. Er ist so lustig. Er war mal Komiker!«
»Ein Komiker .« Ich bemühe mich um einen erstaunten, erfreuten Tonfall. »Wow. Ich kann es kaum erwarten. Also, äh … egal. Rate mal, wo ich bin. In Lorcans Wohnung.«
»Hm?«
»Wir … sind im Bett gelandet. Wir sind gestern was trinken gegangen, und eins führte zum anderen.«
Sie wird es sowieso erfahren, und dann ist es mir lieber, wenn sie es von mir erfährt.
» Gibt’s ja nicht!« Lotties Stimme sprudelt über. »Das ist doch perfekt! Wir können eine Doppelhochzeit feiern!«
Nur Lottie. Nur Lottie würde so was sagen.
»Klaro!«, sage ich. »Genau das dachte ich auch. Wollen wir auf rosa Ponys zum Altar reiten?«
Diesmal dringt der Sarkasmus bis an ihre Ohren durch.
»Sei nicht so!«, sagt sie tadelnd. »Man kann nie wissen. Immer offen bleiben. Ich habe mich auf gut Glück mit Ben getroffen, und sieh dir an was passiert ist! Da sind wir nun.«
Ja! Da sind wir nun. Ein enttäuschtes Mädchen und ein Kerl in der Midlife-Crisis stürzen sich in eine unbedachte Ehe. Bestimmt gibt es darüber einen Disney-Song. Da reimt sich »Kuss« auf »Rosenkrieg«.
»Wir haben nur gevögelt«, sage ich gleichmütig. »Mehr nicht. Das war’s.«
»Es könnte sich mehr daraus ergeben«, erwidert Lottie. »Vielleicht entpuppt er sich als die Liebe deines Lebens. Hattest du deinen Spaß? Mochtest du ihn? Ist er gut gebaut?«
»Ja, ja und ja.«
»Na, dann! Schließ es nicht von vornherein aus. Hey, ich sitz hier gerade vor dieser Hochzeits-Website. Wollen wir einen Windbeutelkuchen haben? Oder wie wäre es ist mit einer Cupcake-Pyramide?«
Ich schließe die Augen. Sie ist wie eine Dampfwalze.
»So was hatten sie bei Tante Dianas Hochzeit auch, weißt du noch?«, sagt Lottie gerade. »Wie groß war dieses Ding?«
»Klein.«
»Bist du sicher? Ich erinnere mich an was ziemlich Großes.«
Damals war sie fünf. Natürlich hat sie es als groß in Erinnerung.
»Glaub mir, winzig. Der Abend war eine einzige Qual. Ich musste so tun, als würde ich mich amüsieren, dabei …« Ich mache ein angewidertes Gesicht. Ich erinnere mich an das zu enge Brautjungfernkleid, das man mir aufgezwungen hatte. Und an das Tanzen mit Tante Dianas bierseligen, erwachsenen Freunden.
»Wirklich?« Sie klingt verdutzt. »Aber die Trauung selbst war doch hübsch, oder?«
»Nein. Schrecklich. Und danach wurde es
Weitere Kostenlose Bücher