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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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auf. Nach weiteren zehn Schritten fiel der erste Pistolenschuss. Er war nicht hinter ihnen gefallen, sondern kam von einem der beiden Männer, die ungefähr hundert Schritte rechts von Hawkwood zwischen den Bäumen hervortraten.
    Als er sah, wie die Männer aus der Deckung kamen und er ihren Ruf hörte, merkte Hawkwood, dass er und Lasseur die Disziplin von Morgans Wachen an der Mauer unterschätzt hatten. Morgan musste seine Wachen angewiesen haben, auch bei Alarm auf ihren Posten zu bleiben, falls es sich um einen Durchbruch der Verteidigungsmauer handelte. Während alle anderen von Morgans Getreuen dem Läuten der Glocke gefolgt waren, hatten die Wachen draußen ihre Positionen eingenommen. Ihre Bereitschaft, sofort zu schießen, war ein Beweis, dass Morgan sie darüber aufgeklärt hatte, dass Hawkwood und Lasseur ein Risiko waren.
    Hawkwood taumelte zur Seite, doch er wusste, dass der Wachmann in seinem Eifer zu früh und aus zu großer Entfernung geschossen hatte. Es hatte keine Gefahr bestanden, dass die Kugel ihr Ziel erreichen würde.
    Er rannte weiter.
    Ein weiterer Schrei ertönte, diesmal aus der Richtung der Hauptgebäude. Dort hatte man den Pistolenschuss gehört, das Zeichen für Morgans Leute, dass man die Flüchtenden gesehen hatte. Jetzt gab es keinen Grund zur Vorsicht mehr. Hawkwood riskierte einen Blick nach hinten. Von der anderen Seite der Ruine sah er ein Dutzend Männer, die auf sie zu rannten. Manche trugen Schlagstöcke, andere waren mit Pistolen bewaffnet. Zwei hatten Musketen dabei. Es war beruhigend, dass sie noch in einiger Entfernung waren.
    Er drehte sich um und sah, wie Lasseur Fuß fasste, mit Sols Pistole zielte und schoss. Der Wachmann, der in fünfzig Schritt Entfernung gestanden hatte, schrie auf, taumelte zurück und umklammerte seine Schulter. Lasseur warf die Waffe weg.
    Zwanzig Yards von den Palisaden entfernt sah Hawkwood, dass er sich vielleicht verrechnet hatte. Das hölzerne Flickwerk in der Mauer war solider, als er gedacht hatte.
    Hawkwood gab Lasseur die Pistole, die er Croker abgenommen hatte. »Mach guten Gebrauch von ihr. Es ist alles, was wir noch haben, um sie aufzuhalten.«
    Er merkte selbst, wie jämmerlich dieser Rat klang. Doch Lasseur nickte nur. Er nahm die Waffe und sah der Bedrohung entgegen.
    Hawkwood rannte zu den Werkzeugen und suchte verzweifelt nach etwas, womit man die Palisadenpfähle auseinanderhebeln konnte. Es gab zwei Schaufeln, zwei Spitzhacken, mehrere Hämmer und eine Brechstange. Er nahm die Brechstange, aber er wusste bereits, dass sie eigentlich in der Falle saßen.
    Wir hätten es doch mit den verdammten Pferden versuchen sollen , dachte er.
    Und dann sah er etwas. Am Fuße der Mauer, teilweise verborgen unter Kalk und Sandsäcken.
    Eine Leiter.
    Er rannte darauf zu, während Lasseur ihm verzweifelt zurief: »Sie kommen immer näher!«
    Blitzschnell stellte Hawkwood die Leiter an die Mauer. Im selben Augenblick hörte er in der Ferne einen Schuss – er kam aus einer Muskete – und duckte sich instinktiv, obwohl er wusste, auch dieser Schütze war noch zu weit entfernt. Erst wenn die Entfernung weniger als hundert Yards betrug, würde er anfangen, sich Sorgen zu machen. Er wusste jedoch auch, dass das in wenigen Sekunden der Fall sein würde.
    Er hielt die Leiter fest und schrie Lasseur an: »Komm schon, verdammt nochmal!« Er sah, dass auch der erste Wachmann, der zunächst stehen geblieben war, um seinem verwundeten Kollegen die Pistole abzunehmen, schnell näher kam.
    Lasseur drehte sich um und rannte. Ein unsichtbarer Finger zupfte an seinem Jackenärmel. Hawkwood hörte, wie der Privateer verzweifelt stöhnte, während er sich nach vorn warf und anfing zu klettern. Mit wütendem Gebrüll, weil sein Schuss das Ziel verfehlt hatte, ergriff der Wachmann seinen Schlagstock und kam auf sie zu.
    Lasseur drehte sich auf seiner Leitersprosse um und zielte auf ihn. »Stehenbleiben!«
    Der Wachmann blieb wie angewurzelt stehen.
    »Eine Bewegung, und ich schieße«, sagte Lasseur.
    Der Wachmann starrte ihn an.
    »Zwing mich nicht dazu«, sagte Lasseur.
    Hawkwood sah zurück und stellte fest, dass Morgans Leute schnell näher gekommen waren. Sie waren schon um die Ruine herum und jetzt nur noch etwas über hundert Yards entfernt. Einer der Männer kniete. Ein Musketenschuss fiel. Die Kugel traf die Sprosse neben Hawkwoods rechter Hand. Er spürte, wie ein Splitter in sein Handgelenk eindrang.
    Lasseur saß rittlings auf der Mauer. Noch immer

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