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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Lasseur leise, »das mache ich.«
    Hawkwood sah zu, wie Lasseur sich geduckt zwischen den hängenden Seesäcken seinen Weg bahnte. Er sah, wie Lasseur dem Mann die Hand auf die Schulter legte, sich vorbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Mann antwortete etwas. Lasseur sprach wieder, und das Lächeln auf dem Gesicht des anderen erstarb. Dann hob er die Hände und trat den Rückzug an. Lasseur fasste den Jungen nicht an, aber er hockte sich hin und sprach mit ihm.
    Neben Hawkwoods Ohr sagte jemand leise: »Okay, es ist alles geklärt; ein Zimmer mit Aussicht für Sie beide.« Murat sah sich suchend um. »Wo ist Ihr Freund?«
    »Hier«, sagte Lasseur hinter ihnen. Der Junge stand neben ihm und umklammerte immer noch sein Bettzeug. »Das ist Lucien. Lucien, sag Captain Hooper Guten Tag, und auch unserem Dolmetscher, Leutnant … Entschuldigung, ich weiß Ihren Vornamen nicht.«
    »Auguste«, sagte Murat.
    »Leutnant Auguste Murat«, beendete Lasseur seine Aufforderung. Er sah Murat unmissverständlich an. »Ich möchte auch für diesen Jungen einen Platz.«
    Murat zog die Brauen hoch. Er schüttelte den Kopf. »Ich bedaure, aber das wird nicht möglich sein.«
    »Dann machen Sie es möglich«, sagte Lasseur.
    »Es ist kein Platz da, Captain«, protestierte Murat.
    »Es gibt immer Platz«, sagte Lasseur.
    Einen Moment schien Murat von Lasseurs aggressivem Ton eingeschüchtert. Er starrte hinunter auf den Jungen mit dem kleinen, blassen Gesicht, dann sah er Lasseur berechnend an. »Das könnte teuer werden.«
    »Sie überraschen mich«, sagte Lasseur.
    Murats Brauen zogen sich zusammen, als wisse er nicht, wie er auf diese Bissigkeit Lasseurs reagieren sollte. Dann entschied er, es sei wohl das Beste, ihnen zu sagen, sie sollten warten. Er würde wiederkommen.
    Hawkwood und Lasseur sahen ihm nach.
    »Ich habe einen Sohn«, sagte Lasseur. Er wurde nicht ausführlicher, sondern sah den Jungen an. »Wie alt bist du, mein Junge?«
    Der Junge umklammerte sein Bettenbündel noch fester. Mit unsicherer Stimme sagte er: »Zehn, Sir.«
    »Aha, zehn also. Nun, bleib immer hübsch in unserer Nähe, dann schaffst du es vielleicht auch, elf zu werden.«
    Murat tauchte wieder auf, er sah ernst aus und winkte mit gebogenem Finger. »Kommen Sie mit.«
    Die Köpfe gesenkt, stiegen die Männer und der Junge über und um die Menschen herum, die überall lagen, und folgten dem Dolmetscher nach Steuerbord.
    »Sie haben Glück«, sagte Murat über seine Schulter hinweg nach hinten, »hier ist ein weiterer Platz frei geworden. Der letzte Besitzer braucht ihn nicht mehr.«
    »Das ist wirklich ein Glücksfall«, sagte Lasseur. Er tauschte einen Blick mit Hawkwood und kniff ein Auge zu. »Und wie kommt das?«
    »Er ist tot.«
    Lasseur blieb abrupt stehen.
    Murat hielt beschwörend die Hände hoch. »Natürliche Ursache, Captain, das schwöre ich Ihnen beim Leben meiner Mutter.«
    Lasseur war immer noch skeptisch.
    »Es war das Fieber. Man sagt, es ist die Luft, die vom Marschland kommt.« Mit dem Daumen deutete Murat auf die vergitterten Geschützöffnungen. »Es kommt von beiden Seiten des Ufers. Davon sterben die meisten, und von der Schwindsucht. So ist das hier auf den Schiffen. Man verfault von innen nach außen.«
    Hawkwood sah, dass die Gefangenen in der Nähe der Geschützöffnungen das Licht nutzten, um zu lesen und zu schreiben, wobei sie die Bank als Tisch benutzten. Manche sprachen beim Schreiben mit ihren Gefährten. Im Vorbeigehen stellte er fest, dass hier ein Unterricht stattfand. Er sah über eine der gebeugten Gestalten hinweg, aus den Zeichnungen und der schwer zu entziffernden Schrift schloss er, dass es sich hier wahrscheinlich um Mathematik handelte.
    »Es ist das Beste, sich zu beschäftigen«, unterbrach Murat Hawkwoods Gedanken. »Sonst dreht man durch. Viele sind hier schon verrückt geworden.« Der Leutnant deutete mit dem Finger. »Bitte schön, meine Herren. Willkommen im neuen Heim.«
    Verglichen mit dem Platz, den sie gerade verlassen hatten, war dies der Gipfel des Luxus. Hawkwood fragte sich, wie Murat es wohl fertiggebracht hatte, die früheren Besitzer zu veranlassen, diese Plätze aufzugeben. Es schien unmöglich, dass dies jemand freiwillig tun würde. Vielleicht waren die anderen auch tot.
    Sie waren es nicht, wie Murat ihnen versicherte. »Es ist nur so, dass ihnen etwas zu essen wichtiger ist als die Aussicht. Es würde Ihnen genauso gehen, wenn Sie eine Woche nichts Vernünftiges zu essen gehabt

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