Das höllische Ich
ist schon etwas Besonderes. Das gebe ich zu. Ich habe nur meine Probleme mit den Leuten, die sich dort hin und wieder versammeln. Ich kann mir unter einer Union der Schutzengel beim besten Willen nichts vorstellen.«
»Das wundert mich«, sagte Suko.
»Wieso?«
»Sie haben doch mit Lou Ganzaro darüber gesprochen. Durch ihn wissen Sie überhaupt erst Bescheid, oder nicht?«
»Das schon«, gab er zu. »Aber Schutzengel, das ist etwas für kleine Kinder. Das liegt bei mir schon so lange zurück. Verstehen Sie das? Das erinnert mich an Zeiten, als ich noch ein kleiner Junge gewesen bin. Da hat man zu seinem Schutzegel gebetet. Auch ich. Später habe ich darüber den Kopf geschüttelt. Ich will nicht gerade sagen, dass es Kinderkram gewesen ist, aber viel hat nicht gefehlt.«
»Es gibt Menschen, die anders darüber denken.«
»Ja, ich weiß es durch Lou Ganzaro. Er hat ja anders gedacht. Er und Gleichgesinnte. Aber was soll man machen? Ich konnte es ihm nicht ausreden und hätte es auch gar nicht gewollt. Er hatte eben ein ganz anderes Denken.«
»Das stimmt«, sagte ich.
»Ähm... Wollen Sie, das ich Sie begleite?«
Suko und ich schauten uns an. Dann schüttelten wir gleichzeitig den Kopf. »Nein, das ist nicht nötig. Sie haben den Weg so gut beschrieben, den finden wir auch allein.«
»Klar.« Er hatte sicherlich noch Fragen auf dem Herzen, sah aber auch, dass wir uns umdrehten und ihn allein zurückließen, sodass er sich ebenfalls von uns entfernte.
»Dann mal los, Alter!« Suko machte sich bereits auf den Weg. »Ich will hier nicht festwachsen.«
Das hatte ich auch nicht vor, doch die Melodie meines Handys ließ mich innehalten. Nicht viele Menschen besaßen die Nummer. Wer mich also darauf anrief, tat es nicht ohne Grund.
»Ja...?«, meldete ich mich.
»Ich bin es«, sagte Purdy Prentiss nur.
»Aha, du hast also etwas Neues und...«
»Lass mich reden, ja?«
»Sicher.« Ich war überrascht über ihren harschen Tonfall. Es musste etwas passiert sein.
Und ich irrte mich nicht, denn Purdy erzählte mir zuerst von ihren Recherchen und dann von dem, was sie herausgefunden hatte. »Zwei Tote, John, und wir können jetzt davon ausgehen, dass Lou Ganzaro ein vierfacher Mörder ist.«
»Ja, das denke ich auch. Wo hältst du dich im Moment auf?«
»Vor der Mordwohnung. Ich habe unsere Leute alarmiert und werde ihr Kommen abwarten. Und wo seid ihr?«
Ich erklärte es ihr. Danach fügte ich hinzu, dass wir eine Spur gefunden hatten, die uns zu einem Versammlungsort führte. Ich berichtete ihr auch von den verkohlten Bildern und dem ungewöhnlichen Erscheinen eines gewissen Bruder Rüben.
»Gott, den Namen habe ich noch nie gehört. Zählst du ihn zu den Engeln?«
»Ich weiß es noch nicht. Es deutet einiges darauf hin, doch einen hundertprozentigen Beweis habe ich nicht bekommen. Nur keine Sorge, den werde ich mir holen.«
»Soll ich zu euch kommen?«, fragte Purdy.
»Nein, ich denke nicht, dass es unbedingt nötig ist. Wir werden die Lage zunächst mal checken.«
»Aber gebt Acht.«
»Sicher. Und du auch.«
Sie lachte. »Wieso ich?«
»Es kann sein, dass man dich auch schon im Visier hat. Wie uns ebenfalls. Die andere Seite muss sich einfach gestört fühlen. Da ich das Kreuz besitze, bin ich sicherlich ihr erster Feind, sollte die Hölle tatsächlich dahinter stecken.«
»Ich weiß. Aber du lässt dein Handy an – ja?«
»Ich verspreche es.«
Suko hatte nicht alles mitbekommen, und so klärte ich ihn auf. Er zog ein nicht eben begeistertes Gesicht und meinte nur: »Wenn Lou ein vierfacher Mörder ist – worauf ja alles hinweist –, spüre ich schon den kalten Schauer.«
»Frag mich mal.«
»Wie viele Mitglieder aus dieser Union der Schutzengel sind wohl noch unterwegs?«
Ich hob die Schultern und machte mich endlich auf den Weg. Es wurde für uns kein normaler Gang. In der Nähe des Hauses ging es noch. Als wir jedoch die Rückseite erreichten, da kam mir ein Sprichwort in den Sinn – vorne hui, hinten pfui!
Für dieses Gelände fühlte sich wohl niemand zuständig. So hatte die Natur wachsen und wuchern können. Zwischen den hohen Gräsern schimmerten farbige Sommerblumen. Insekten hatte hier ein Paradies gefunden. Kleine Bäume spendeten Schatten, und es gab nicht mal einen Trampelpfad. So mussten wir quer durch das Gelände gehen, was allerdings nicht tragisch war, denn sehr bald schon sahen wir das Ende des Grundstücks vor uns, das durch einen alten Eisenzaun markiert wurde. Er
Weitere Kostenlose Bücher