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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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verkommenen Gegend – einfach unglaublich. Damals lagen die Junkies auf dem Damplatz in Dreierreihen nebeneinander. Aber inzwischen soll der Saustall ja etwas ausgemistet worden sein.« Er starrte Arlington an. »Es ist nie verkehrt, ab und zu mal ein gründliches Großreinemachen zu veranstalten, finden Sie nicht auch?«
    »Ich interessiere mich nicht für Ihre Reiseanekdoten, Decker. Wenn Sie mir sonst nichts zu sagen haben, machen Sie, daß Sie rauskommen. Dann können wir uns beide wieder um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern.«
    »Wissen Sie was?« sagte Decker. »Sie können mir den Buckel runterrutschen mit Ihren Drohungen. Die Zeit ist reif für einen Berufswechsel. Ich überlege sowieso schon länger, ob ich mir nicht eine befriedigendere Aufgabe suchen soll. Ich sage Ihnen, wenn man auf der Straße arbeitet, sieht man Tag für Tag nur Dreck und wieder Dreck – kaputte Ausreißerinnen, Nutten, Luden, Mörder, Vergewaltiger, Einbrecher, Räuber. Und perverse Irre, die sich mit Ihrem Geld von der gerechten Strafe freikaufen können.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Mein Job kotzt mich an. Am liebsten würde ich die Brocken hinschmeißen. Sie würden mir also bloß einen Gefallen tun, Armand. Sagen wir mal so, wenn ich bis …«, Decker sah auf seine Uhr, »… bis morgen um diese Zeit nichts von Ihnen gehört habe, dann machen Sie Ihren Schachzug und ich mache meinen.«
    »Verschwinden Sie endlich!«
    »Ich danke Ihnen für dieses Gespräch, Sir.«

23
    Decker beschloß, auf den Sattel zu verzichten. Er legte dem schwarzen Hengst eine Decke über und sprang auf. Das Pferd ließ ihn seinen Unwillen spüren, indem es einen Satz machte und im Galopp durch die Koppel preschte. Als Decker ihm die Absätze in die Flanken schlug, blieb es wiehernd stehen. Es stieg hoch. Decker zog die Zügel an, aber der Hengst rebellierte erneut und rannte in wilder Flucht auf das Gatter zu. Decker mußte ihn scharf nach links herumreißen, um einen Zusammenprall zu vermeiden. Schwer atmend fiel das Tier aus dem Galopp in den Trab und zuletzt in den Schritt.
    Der Hengst war ein Prachtpferd, vielleicht eine Spur zu schwer gebaut für eine Show, aber leichtfüßig und temperamentvoll. Obwohl Decker es liebte, seine Tiere selbst zuzureiten, fühlte er sich immer auch ein wenig schuldig, wenn er ihren Willen schließlich gebrochen hatte. Sie waren nie wieder so beherzt wie zuvor und benahmen sich, als wären sie in ihrem Stolz verletzt. Bei dem einen oder anderen Pferd kam es schon einmal vor, daß all seine Anstrengungen vergeblich blieben. Er ärgerte sich zwar über seine Niederlage, konnte aber nicht anders, als die Hartnäckigkeit des Tiers zu bewundern. Läßt sich nicht ändern, dachte er dann. Manche Feuer kann man eben nicht löschen.
    Er bewegte den Hengst eine Stunde lang, indem er ihn mit leichtem Druck in die Flanken antrieb und mit den Zügeln die Richtung korrigierte.
    Ja, ja, der gute, alte Cowboy Pete, der zuverlässige Kerl, der in der Wildnis am Lake Okeechobee in Florida die mutterlosen Kälbchen hütete.
    Cowboys in Florida, eine stolze Tradition. Deckers Onkel hatte sein Leben lang auf der Ranch, die er von seinem Großvater geerbt hatte, Viehzucht betrieben. Als Junge war Decker dort in den Sommerferien oft mit den Arbeitern losgezogen und hatte mit ihnen über die tollen Hechte aus dem Westen gelacht, denen in der schwülen Hitze der Sümpfe rasch die Puste wegblieb.
    Die Bürschchen haben doch nicht den leisesten Schimmer von Alligatoren, Mücken oder Schlangen, sagten die Männer. Mag wohl sein, daß sie drüben in Texas große Helden sind, aber hier bei uns haben sie die Hosen gestrichen voll.
    Ihr könnt mir gestohlen bleiben, Waylon und Willie.
    Wenn die Sache mit Arlington schiefging, würde er wieder auf Onkel Wilberts Ranch anfangen oder zur Not sogar in Dads Laden.
    Onkel Wilbert und Dad. Stinknormalere Millionäre hatte die Welt noch nicht gesehen. Eines Tages hatte Onkel Wilbert auf einem Viehtrieb in der Nähe von Orlando entdeckt, daß ein Disney-Spähtrupp die Gegend auskundschaftete. Deckers Dad war zunächst nicht sonderlich begeistert gewesen, hatte sich dann aber doch breitschlagen lassen, Onkel Wilberts Grundstückskauf zu finanzieren.
    Sie wurden steinreich, aber im Grunde änderte sich darüber nichts. Dad ging wieder zurück in seine Eisenwarenhandlung nach Gainsville, Onkel Wilbert kümmerte sich um die Ranch, und das viele Geld lag auf der Bank und vermehrte sich. Nichts

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