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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ich ihn woanders suchen. Sie haben bloß an ein paar Türen geklopft, und damit war der Fall für Sie erledigt. Jeder Klinkenputzer hätte mehr erreicht.«
    »Wenn Sie den Bericht sorgfältig gelesen hätten, Sergeant Decker, wüßten Sie, daß wir die Ausreißerthese durchaus in Betracht gezogen haben. Wir haben uns an die Polizei in Hollywood gewandt, die keine Spur von ihr entdecken konnte.«
    »Sie gehen zur Polizei, um etwas über eine Ausreißerin zu erfahren? Genausogut könnten Sie mit Ausreißern reden, um sich ein Bild über die Polizei zu machen. Wenn man etwas über Straßenkinder wissen will, fragt man Straßenkinder.«
    »Falls sie einem eine Antwort geben.«
    »Die antworten schon.«
    »Ich verwahre mich dagegen, daß Sie die Gründlichkeit unserer Ermittlungen in Zweifel ziehen«, zischte Krasdin. »Das ist Ihr gutes Recht. Aber auf jeden Fall nehme ich erst mal eine Fotokopie Ihrer Ermittlungsakte mit.«
    »Bitte schön. Trotz Ihrer feindseligen Haltung sollen Sie wissen, daß ich Ihnen nach besten Kräften behilflich sein möchte, Sergeant. Wir von der Agentur Marris legen größten Wert auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Polizei.«
    Decker nahm ihn sogleich beim Wort. »Sie haben doch Lindseys Freunde befragt. Ist Ihnen dabei vielleicht ein Mädchen mit Hörgerät aufgefallen?«
    »Nein, daran erinnere ich mich nicht. Allerdings achte ich bei Zeugen auch nicht routinemäßig auf Hörgeräte. Warum fragen Sie?«
    »Das tut nichts zur Sache.«
     
    Als Decker die Agentur verließ, war es kurz vor vier. Er setzte sich in den Plymouth und nahm sich die Liste von Lindseys Freunden vor. Er hatte gerade noch genügend Zeit, dem einen oder anderen einen Besuch abzustatten, bevor er noch einmal bei den Bates’ vorbeisah. Ganz oben auf der Liste stand ein Junge namens Brian Armor. Nach dreißig Minuten auf dem Golden State Freeway North bog er auf die 134ste East ab, einen breiten Asphaltstreifen, der sich durch die San Gabriel Mountains schnitt. Die Luft war frisch, der Himmel strahlend blau, es war ein herrlicher, smogfreier Tag, nicht untypisch für L. A. im Winter. Nachdem er die Stadtgrenze von La Crescenta hinter sich gelassen hatte, bog er zehn Minuten später in eine kreisförmige Auffahrt ein. Er stellte den Motor ab.
    Das Haus, ein elegantes, einstöckiges Gebäude im Kolonialstil, wirkte wie die kleinere Ausgabe eines Herrenhauses aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg. Als Kind war Decker in den Ferien öfter in den Südstaaten gewesen, und der Anblick der majestätischen Landsitze mit ihren stattlichen, gedrechselten Säulen, den massiven, hohen Flügeltüren, den Säuleneingängen mit ihrer Blütenpracht und dem riesigen Grundbesitz, der sich bis zum Horizont erstreckte, hatte ihn schier überwältigt. Mit zunehmendem Alter hatte Decker seine Begeisterung für Herrenhäuser verloren, aber die Liebe zum Land war ihm geblieben.
    Er ging zur Tür und läutete. Die Klingel hallte durch das Haus. Der Junge, der ihm aufmachte, hatte eine Figur wie ein Footballspieler und einen herausfordernden Ausdruck im Gesicht. Doch schon im nächsten Augenblick, als er merkte, daß er zu Decker aufblicken mußte, setzte er eine andere Miene auf.
    »Was wollen Sie?« fragte er mit überraschend hoher, kieksender Stimme.
    Decker zeigte ihm seine Marke.
    »Ich suche Brian Armor.«
    Die letzte Spur von Überheblichkeit verschwand.
    »Der ist nicht zu Hause.«
    »Wer sind Sie?« fragte Decker.
    »Hören Sie, ohne Anwalt brauche ich mit keinem Bullen zu reden.« Er wollte die Tür zuknallen, aber Decker hatte damit gerechnet und machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Tür flog weiter auf, und der Junge taumelte nach hinten. Decker trat ein.
    »Ohne Durchsuchungsbefehl dürfen Sie nicht ins Haus«, sagte der Junge benommen.
    Ein betäubender Marihuanageruch schlug Decker entgegen. Er knöpfte sich die Jacke auf und ließ den Jungen sein Schulterholster sehen. Der Junge leckte sich nervös die Lippen.
    »He, Mann, ich will keinen Ärger.«
    Decker marschierte durch das Eßzimmer ins Wohnzimmer. Vier schwatzende Teenager verstummten schlagartig und hoben die Köpfe. Im Hintergrund lief Bruce Springsteen.
    Selbst wenn Decker einen Durchsuchungsbefehl gehabt hätte, selbst wenn er vom Drogendezernat gekommen wäre, hätte er hier keinen großen Coup landen können. Ein Tütchen Gras – wen juckte das schon? Er hob die Tüte auf und winkte Brian zu sich.
    »Wo ist hier das Klo?« fragte er.
    »Dritte Tür

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