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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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wollte.«
    »Bitte, setz dich doch.« Sie bot ihm einen Stuhl am Küchentisch an.
    Decker nahm Platz. Rina reichte ihm eine Kippa, die er ohne ein Wort aufsetzte.
    Sie setzte ihm einen Teller sämige Fischsuppe vor, in der große, weiße Heilbuttstücke, Kartoffelwürfel und jede Menge Zwiebeln schwammen. Auf dem Tisch standen krustige Scheiben Knoblauchbrot, gebuttert und dick mit Käse belegt. Rina goß ihm ein Glas kühles Dos Equis ein.
    »Ich habe wirklich keinen Hunger«, wiederholte er.
    »Du mußt nichts essen«, sagte sie leise.
    Er starrte in die Suppe, deren Duft ihm würzig in die Nase stieg. Und ob er Hunger hatte. Aber er wollte nichts essen. Er benahm sich unmöglich, und er wußte nicht warum. Schließlich war er es gewesen, der Rina stockbesoffen mitten in der Nacht überfallen und sich wie ein Wahnsinniger aufgeführt hatte. Wieso war er dann wütend auf sie? Und warum, zum Teufel, hatte er Annie nicht abgesagt?
    Decker mußte wieder einmal daran denken, daß jede Scheidung ihre zwei Seiten hatte. Er konnte Jans Stimme hören. Du bist selbstzerstörerisch, Peter. Ihr Lieblingswort – selbstzerstörerisch. Sie hatte es ihm an dem Tag an den Kopf geworfen, als er den Anwaltsjob an den Nagel gehängt hatte. Sie hatte es an dem Tag gebraucht, als sie ihn vor die Tür gesetzt hatte.
    Die Jungen schlürften die letzten Reste Fischsuppe aus ihren Tellern und sahen ihn von der Seite an. Gespannte Stille. Seinetwegen fühlten sie sich nicht wohl in ihrer Haut. Er stand auf.
    »Ich muß wirklich los, Rina.«
    »Kinder, ich möchte einen Augenblick allein mit Peter reden«, sagte Rina. »Geht bitte auf euer Zimmer.«
    »Aber wir müssen doch noch benschen, Ima«, sagte Sammy.
    »Die Awera nehme ich auf meine Kappe«, antwortete Rina.
    Die Jungen trollten sich.
    Decker schwieg. Alles, was er hätte sagen können, wäre ihm entweder abgedroschen oder albern vorgekommen.
    »Peter, warum warst du gestern abend so verstört?«
    Er rieb sich das Kinn und stellte fest, daß ihr Elektrorasierer am Morgen nicht viel bei ihm ausgerichtet hatte. Merkwürdigerweise machte es ihn verlegen, daß er so ungepflegt vor ihr erschienen war.
    »Manchmal geht mir meine Arbeit eben ziemlich an die Nieren«, antwortete er.
    »Arbeitest du immer noch an dem Fall mit den verkohlten Leichen?«
    »Ja. Aber ich will nicht darüber reden.«
    »Kannst du dich nicht wenigstens hinsetzen? Ich will nämlich mit dir reden.«
    Er nahm wieder Platz.
    »Ich führe mich wie ein Vollidiot auf, Rina. Das kommt bei mir öfter vor, wenn ich unter Druck stehe. Entschuldige.«
    Sie tätschelte ihm die Hand. »Ist schon gut. Es tut mir leid, daß du einen harten Tag hattest … beziehungsweise eine harte Nacht. Ich möchte dir so gern helfen. Wenn du mir davon erzählen würdest, könnte ich vielleicht …«
    »Laß es gut sein, Rina.«
    Er tat ihr weh, das las er in ihren Augen. Sie schwieg.
    »Das war das letzte Mal, daß ich dich so überfallen habe«, sagte er. »Es soll nicht wieder vorkommen.«
    »Schon gut.«
    »Danke, daß du einen streunenden Hund von der Straße geholt hast.«
    »Du bist kein streunender Hund. Du bist der Mann, den ich liebe.«
    Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    »Was hat sich letzte Nacht zwischen uns abgespielt, Rina?«
    Sie starrte ihn fragend an.
    »Ich habe einen Filmriß«, sagte er. »Haben wir uns geliebt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du hast nur ein bißchen gefummelt, und dann bist du ohnmächtig geworden. Ich hatte furchtbare Angst. Zuerst dachte ich, du hättest einen Herzinfarkt, aber dann hast du, baruch Haschem, angefangen zu schnarchen.«
    Er verdrehte die Augen.
    »Wie bin ich ins Schlafzimmer gekommen?«
    »Ich bin nicht so schwach, wie du denkst«, sagte sie leise.
    »Du hast mich getragen?«
    »Geschleppt.«
    »Warum hast du mich meinen Rausch nicht auf dem Fußboden ausschlafen lassen?« sagte er vorwurfsvoll. »Du hättest dir das Kreuz brechen können.«
    Da riß Rina der Geduldsfaden.
    »Ich bitte dich, Peter! Sollten dich etwa die Jungen so sehen?«
    Er senkte den Blick.
    »Du hast auf dem Sofa übernachtet?«
    Sie nickte. »Es ist bequem. Ich schlafe öfter darauf, wenn wir Besuch haben.«
    »Okay. Dann gehe ich jetzt.«
    »Warte. Jetzt hätte ich es beinahe vergessen.« Rina holte einen Taschensiddur aus einer Schublade, ähnlich dem, den er angesengt hatte, aber dieser hatte einen silbernen Deckel und war mit blauen Steinen besetzt. Sie gab ihm das Buch, und er blätterte darin

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