Das Horror-Hirn
Er hörte nur die schnellen und gleitenden Schritte, und dann erwischte ihn der Schlag in den Nacken.
Es war ein Treffer, der Suko’s Knie weich werden ließ. Es war ihm auch nicht möglich, die Arme zu bewegen, und er kam auch nicht vom Fleck. Alles hatte sich für ihn verändert.
Aber er stand noch.
Und er konnte auch hören.
Das Lachen, das Flüstern der beiden, und einen Moment später erwischte ihn der zweite Hieb.
Der reichte aus!
Er fiel nach vorn. Er kam nicht mehr hoch. Es war alles dunkel geworden, und vor seinen Augen raste die Finsternis in Wellen heran.
Er schlug nicht auf den Boden. Plötzlich waren Hände da, die ihn auffingen und wie ein Sprungtuch wirkten, in das er hineingefedert war.
Alles war okay. Zumindest für die beiden Männer, die den Bewusstlosen blitzschnell in den Schatten zogen, wo es keine Zeugen gab, die hätten zuschauen können.
Beide behielten die Nerven und warteten so lange ab, bis die letzten Wagen, die schon unterwegs gewesen waren, die Garage verlassen hatten.
»Das ging besser als ich dachte«, sagte Falco.
Sein Kumpan nickte. »Wir sind eben das perfekte Team.«
»Und der Professor wird sich freuen.«
»Was ist mit dem dritten?«
»Den holen wir uns auch noch.«
Sie trugen Suko zu einem kleinen Lieferwagen und öffneten die hintere Tür. Es war kein Problem, den Bewusstlosen in den Wagen zu stecken.
Zeugen gab es auch keine.
Als das dunkle Fahrzeug aus der Tiefgarage rollte, beschäftigten sich die Kidnapper bereits gedanklich mit ihrem nächsten Opfer...
***
Shao war es gewohnt, tagsüber allein zu sein. Sie verzweifelte daran nicht, rutschte auch nicht in Depressionen hinein, sondern blieb zumeist ruhig und gelassen.
Außerdem gab es da ein Hobby, ihren Computer. Sie war eine große Surferin vor dem Herrn, und das Surfen im Internet hatte sich zu einer regelrechten Leidenschaft für sie entwickelt. Außerdem gehörte sie zu den Menschen, die den neuen Spielplatz Börse entdeckt hatten. Dort zu spekulieren machte ihr richtig Spaß. Keine großen Summen, eher das kleine Geld, ihrem Einkommen angepasst, doch so manches Pfund hatte sich Shao bereits an der Börse geholt und das so gewonnene Geld auf ein kleines Sparkonto gelegt. Natürlich hatte sie auch Reinfälle erlebt. Die aber hielten sich ebenso in Grenzen wie die Gewinne.
Der Markt in Europa war von den neuen Technologien überschwemmt worden. Wer heute nicht als Firma an die Börse ging, der war einfach nicht in . So fühlte sich Shao zwar nicht – In-Personen waren ihr immer suspekt, aber mitreden konnte sie schon. Damit hatte sie Suko bereits das eine oder andere Mal verblüfft.
Eigentlich hatte Shao vorgehabt, sich an diesem Morgen mit den neuen Kursen zu beschäftigen. Es war ein Leichtes, sich an den Computer zu setzen und sich die Kurse hinunterzuladen. Aber ihr fehlte an diesem Tag der Drive. Shao bekam nicht die Kurve. Sie war irgendwie zu unruhig. Die Sorge wegen John, aber auch wegen Suko hatte schon zugenommen. Es war bei ihr keine Einbildung, sie spürte einfach die schlechten Vibrationen, die sie immer wieder trafen und auch behinderten. Das ging an diesem Vormittag nicht mit rechten Dingen zu.
Auch als eine halbe Stunde vergangen war und Shao das Geschirr in die Spülmaschine geräumt hatte, war die Unruhe nicht von ihr gewichen.
Dabei hatte Suko völlig normal das Haus verlassen. Er würde ins Büro fahren und dort mit Sir James sprechen. Das passierte fast jeden Tag.
Und doch war es an diesem Morgen anders, sonst wäre sie nicht von derartigen Beklemmungen erwischt worden. Ihr wurde manchmal kalt und dann wieder heiß. Sie wusste nicht, ob sie sich hinsetzen oder durch die Wohnung laufen sollte. Sie kam sich vor, als würde sie dauernd gegen ein Hindernis rennen.
Zweimal schon hatte sie den Hörer des Telefons abgehoben, um im Büro anzurufen. Sie hatte ihn dann wieder aufgelegt. Es hatte keinen Sinn. Bei diesem Verkehr würde Suko lange brauchen, um das Büro zu erreichen.
Shao war ein Mensch, eine Frau, aber auch eine besondere Person. Denn sie war die Letzte in der langen Ahnenreihe der Sonnengöttin Amaterasu. Sie konnte andere Welten betreten, sie konnte sich verwandeln in das Phantom aus dem Jenseits. Da war sie die Frau mit der Maske und der Armbrust. Das alles war ihr bekannt, darüber dachte sie auch oft genug nach, aber das interessierte sie in diesem besonderen Fall nicht. Es hatte nichts mit ihren besonderen Sorgen zu tun, die sie jetzt quälten, obwohl sie keinen
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