Das Horror-Hirn
bist?«
Shao senkte den Blick und wischte eine Strähne ihres langen Haars zur Seite. »Das kann ich dir nicht so genau sagen. Ich verlasse mich da mehr auf mein Gefühl.«
»Und das ist nicht gut?«
»Richtig. In mir ist eine seltene Unruhe. Ich spüre, dass der Fall noch nicht vorbei ist. Da dreht sich etwas. Da... da... kommt etwas auf uns zu. Es schleicht sich heran, und es gefällt mir überhaupt nicht. Es ist wie ein Druck, der mich beklommen macht. Du magst es anders sehen, aber ich habe da meine Probleme.«
»Sehe ich nicht anders.«
»Und deshalb sei auch du vorsichtig.« Sie lachte. »Ruf mal zwischendurch an.« Shao wurde verlegen. Röte stieg in ihr Gesicht. »Jetzt komme ich mir schon vor wie eine Spinnerin, die den Teufel an die Wand malt. Aber ich denke wirklich so.«
»Finde ich toll, Shao.«
»Warum?«
»Weil es noch Menschen gibt, denen auch andere etwas bedeuten.« Beide umarmten sich. »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, Shao. Ich werde dich vom Büro aus anrufen.«
»Okay, dann ab mit dir.«
Suko verließ die Wohnung. Er sah nicht mehr, dass Shao sich gegen die Wand drückte und ihre Hände zu Fäusten ballte. Dabei schimmerten Tränen in ihren Augen...
***
Der Alltag hatte Suko wieder und damit auch der übliche Weg nach unten. Der führte ihn diesmal in die Tiefgarage, wo sein schwarzer BMW stand, der in der Ruhe immer so wirkte wie ein auf der Startlinie stehendes sprungbereites Raubtier.
Im Lift und auf der Fahrt nach unten drehten sich seine Gedanken um den Fall. Er stellte sich immer wieder die Frage, warum man John gekidnappt hatte. Wer so etwas tat, der hatte sich auch einen Plan zurecht gelegt, und das sicherlich nicht erst seit gestern. Es war bestimmt eine lange Phase der Vorbereitung nötig gewesen, und das hieß auch Kontrolle und Überwachung.
Davon hatte Suko nichts bemerkt, und auch seinem Freund war nichts aufgefallen. Jedenfalls waren ihre Feinde raffiniert vorgegangen, eben wie echte Profis. Die Art der Entführung ließ nicht unbedingt auf schwarzmagische Wesen schließen, sondern mehr auf Gangster, auf normale Verbrecher und Killer.
Aber was, zum Teufel, hatten die mit John Sinclair zu tun? Wann und wo war er ihnen in der letzten Zeit auf die Füße getreten? Suko konnte sich an nichts erinnern, und er spürte, wie seine Hände immer feuchter wurden.
Der Schweiß bildete sich auch auf der Oberlippe. Die Kabine kam ihm plötzlich eng vor, und er glaubte, einen Kloß im Hals zu haben.
Es konnte daran liegen, dass er durch Shao nervös geworden war. Ihre Worte und Warnungen hatten ihn regelrecht aufgeputscht, aber weiter dachte er nicht, denn er hatte sein Ziel – die Tiefgarage – erreicht.
Suko betrat den großen, unterirdischen Raum. Um diese Zeit herrschte immer etwas Betrieb. Er wunderte sich auch nicht, dass das Tor wie ein Maul offen stand. Es gab immer wieder Menschen, die zum Dienst fuhren und sich in den Verkehr stürzten.
Der BMW stand links von der schmalen Lifttür. Die Ecke dort war ziemlich dunkel. Das Licht floss praktisch daran vorbei, und Suko steuerte den Flecken an.
In seiner Nähe lenkte jemand einen Ford aus der Parktasche und rollte in Richtung Ausfahrt. Der Fahrer winkte ihm noch zu, zog das Lenkrad herum und rollte mit leicht quietschenden Reifen der Ausfahrt entgegen.
Suko wartete nicht länger. Zielstrebig ging er auf seinen BMW zu. Die schwarze Raubkatze stand startbereit in der Parklücke. Er hatte sie rückwärts hineingefahren, und so glotzten ihn die beiden blassen Scheinwerferaugen an.
Er war gedanklich bei John Sinclair, aber auch im Büro. So dass er kaum auf die Umgebung achtete. Außerdem war sie ihm bekannt. Er fuhr fast jeden Tag hier hinab, und da brauchte er sich keinen Stress zu machen.
Plötzlich schlug sein Herz schneller.
Er kannte den Grund nicht. Es war einfach über ihn gekommen. Er wollte sich drehen und hinter die in der Nähe stehende Säule schauen, doch dazu kam er nicht mehr.
Der andere war schneller.
Es erwischte Suko in der Bewegung. Er hörte ein zischendes Geräusch, und einen Moment später fegte etwas in sein Gesicht hinein, das sich sofort in seinen Augen festsetzte.
Es hatte auch den offenen Mund erwischt. Im ersten Moment bekam Suko keine Luft mehr. Der Schock erwischte ihn. Ein Gift, ein Nervengift in das Gesicht hineingesprüht, das ihn praktisch auf der Stelle lähmte.
Die anderen hatten leichtes Spiel.
Er sah sie nicht, wie sie von zwei verschiedenen Seiten an ihn herankamen.
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