Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hotel (German Edition)

Das Hotel (German Edition)

Titel: Das Hotel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
Vom Netzwerk:
über Veronikas linke Brust, drehte sie leicht hin und her und lächelte endlich zufrieden.
    «Ich denke, es hat geklappt», stellte er fest. «Jetzt müssen wir uns nur noch ein paar Minuten gedulden, dann werden wir es sehen.»
    Die Masse fühlte sich kalt und schleimig an. Unvermittelt schoss Veronika das Bild eines Aliens in den Kopf. Ein Alien, der ihre Brust überzog, einsaugte und verschlang. Der Impuls, ihn abzuschütteln, war so stark, dass sie ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen musste, um ihre Hände ruhig an den Seiten liegen zu lassen. Sven Heinemann hatte sich abgewandt, um die Gläser erneut zu füllen. Hinter seinem Rücken ballte Veronika ihre Hände zu Fäusten, schloss die Augen und zwang sich, ruhig und regelmäßig zu atmen. Die Masse schien tatsächlich zu leben. Unter der Umhüllung prickelte es in all ihren Poren, als versuche etwas Formloses, Körperloses in sie einzudringen.
    Ruhig!, befahl Veronika sich und versuchte die Eindrücke zu verdrängen. Es war nur Einbildung, die Phantasie spielte ihr gerade einen bösen Streich. Aber die Versuchung, die Formschale abzureißen, sich zu vergewissern, dass darunter alles in Ordnung war, war kaum noch zu unterdrücken.
    Heinemann drehte sich um und lächelte sie etwas schief an. «Jetzt bin ich wohl an der Reihe, meinen Teil des Handels zu erfüllen», sagte er leise. «Also, wo soll ich anfangen …» Er verstummte, suchte offenbar nach den richtigen Worten. «Willis Vater hat meinem Vater wohl einmal das Leben gerettet. Jedenfalls hat meine Mutter das angedeutet, als ich einmal in kindlicher Harmlosigkeit fragte, ob er immer schon bei uns gelebt hätte. Als ich Einzelheiten darüber wissen wollte, zuckte sie mit den Schultern und sagte, soviel sie wisse, sei es ein Badeunfall gewesen. Dann lachte sie und meinte, ich sollte nicht so neugierig sein. Damals muss ich so etwa fünf oder sechs gewesen sein, und es gab genug andere Dinge, die mich mehr beschäftigten. Jedenfalls mehr als die Frage, was genau vor so vielen Jahren geschehen war! Als Kind akzeptiert man vieles, ohne weiter darüber nachzudenken …»
    «Haben Sie jemals die Wahrheit erfahren?», erkundigte Veronika sich mitfühlend.
    Sven Heinemann schüttelte den Kopf. «Nein, nie. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass Leonora zumindest … Nun, das gehört nicht hierher. Hannes, Willis Vater, war um einiges jünger als mein Vater», fuhr er im Erzählton fort. «Ich sah in ihm eine Art großen Bruder. Er wohnte im ehemaligen Gärtnerhaus und versah die Dienste eines Chauffeurs und Gärtners. Eine seltsame Mischung aus Dienstbote und Familienmitglied. Wäre ich nicht damit aufgewachsen, dann hätte ich es vermutlich äußerst seltsam gefunden. Als ich auf das Gymnasium kam, geschah etwas, das unser bisheriges Leben vollkommen veränderte. Hannes heiratete.»
    «Wie Sie das sagen, klingt es, als wäre es eine Katastrophe gewesen!», warf Veronika ein.
    «Das war es auch!», bestätigte Heinemann mit bitterem Unterton.
    «Wieso denn?»
    «Waltraud war ein bildhübsches Mädchen. Selbst mir als Zehnjährigem war offensichtlich, dass sie attraktiver war als alle anderen Frauen in meinem Umfeld. Also wohl kein Wunder, dass es meinem Vater ebenfalls auffiel.»
    «Das alte Lied?», entfuhr es Veronika.
    «Das alte Lied», wiederholte Heinemann traurig. «Natürlich merkte ich zu Anfang nichts beziehungsweise konnte als Schuljunge die Anzeichen nicht deuten. Ich wunderte mich nur, dass meine Mutter immer seltsamer wurde. Manchmal brach sie grundlos in Tränen aus, manchmal kicherte sie nur vor sich hin.»
    «Hat Ihr Vater denn nichts unternommen? Einen Arzt hinzugezogen, sie in ein Sanatorium eingewiesen oder so etwas?», fragte Veronika ungläubig.
    «Mein Vater hatte andere Sorgen», sagte Heinemann. «Das war mir klar, nachdem ich die beiden zufällig überrascht hatte. Eigentlich wollte ich zu Hannes, und als ich Stimmen in der Garage hörte, dachte ich natürlich, er sei es. Ich platzte also mitten in ihr heimliches Schäferstündchen. Waltraud saß mit gespreizten Schenkeln auf einem Stapel Autoreifen, und mein Vater stand zwischen ihren Beinen, mit heruntergelassener Hose.» Sven Heinemanns Stimme stockte hörbar. Die Erinnerung schien immer noch erschreckend präsent. «Ich kann mich noch ganz genau an den entsetzten Gesichtsausdruck von ihr erinnern, während sie hektisch versuchte, die Bluse über ihren nackten Brüsten zusammenzuziehen. Aber ich habe trotzdem ihre riesigen

Weitere Kostenlose Bücher