Das Hotel (German Edition)
solches handelte es sich offensichtlich, war nur spärlich möbliert. Dafür waren an den unverputzten, rauen Steinwänden überall Eisenringe und Stangen angebracht. In einigen Halterungen steckten brennende Fackeln, von denen Rauch aufstieg, der dem Raum eine zusätzliche, unheimliche Stimmung verlieh. Tageslicht gab es hier unten keines. Außer dem Flackern der Fackeln bemerkte Veronika allerdings geschickt angebrachte Spots, die für die entsprechende Ausleuchtung sorgten.
An der hinteren Wand stand ein schwarzes eisernes Himmelbett mit blutroten Vorhängen, so rot, dass sie geradezu zu leuchten schienen. Von den Eisenverstrebungen hingen Ketten mit vorbereiteten Schließen für Hand- und Fußgelenke. Plötzlich erhielt sie einen Stoß zwischen die Schulterblätter, der sie vorwärtstaumeln ließ. «Nun, werte Contessa, sehen wir unsere Situation inzwischen klarer», sagte eine höhnische Stimme hinter ihr. «Darf ich Ihnen meine kleinen Spielzeuge vorstellen?» Rücksichtslos zog er sie zu der Wand rechts neben der Tür und wies auf eine Sammlung mittelalterlicher Folterinstrumente und Peitschen allen Kalibers. «Diese dort hat mir bei aufsässigen Mägden schon manche gute Dienste geleistet», verkündete er und zeigte auf eine dicke Lederpeitsche mit hässlichen Schnüren, die in unregelmäßigen Abständen eingeknotete Dornen aufwiesen. «Aber für Eure zarte Haut ist jene wohl besser geeignet.» Fast zärtlich glitten seine Finger über eine schlanke Gerte, schmal und bösartig.
Veronika biss sich auf die Lippen, um die aufsteigende Panik niederzukämpfen. Das klang so verdammt echt, wie Lou sprach. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass es alles nur ein Spiel war und Lou in seinen Leder-Jeans und der Weste nur verkleidet …
Entsetzt starrte sie ihn an. Er sah völlig verändert aus: muskulös und gefährlich! Nicht wie der jugendliche Galan, der ihr vorhin so verspielt beim Umkleiden geholfen hatte. Lag es an seinem Gesichtsausdruck? Eine so finstere, unheilschwangere Miene hätte sie ihm niemals zugetraut. Oder war es nur die Atmosphäre hier unten, das flackernde Licht, dessen Schatten ihr einen Streich spielten?
Sie öffnete schon den Mund, um «Sindbad» zu sagen, als sie sich plötzlich anders entschloss. Die Angst, die sie empfand, war nicht lähmend, sondern eher berauschend. Ähnlich wie die Angst in der Geisterbahn, wo man in furchtsamer Lust den nächsten Schrecken erwartet, oder die atemlose Spannung in der Achterbahn, kurz bevor der Wagen aus den Schienen zu springen scheint, ehe er dann doch sicher unten ankommt.
Sie konnte später immer noch «Sindbad» sagen und das Spiel stoppen, aber im Augenblick wäre es so gewesen, als zöge sie die Notbremse, noch ehe der Wagen den halben Aufstieg hinter sich gebracht hatte. Ihr würde ja nicht ernsthaft etwas geschehen. Auch wenn er noch so finster dreinschaute, er war schließlich Lou. Und sie war gespannt, wie dieses Spiel weiterging.
«Wagt es nicht, mir auch nur ein Haar zu krümmen», ging sie auf den theatralischen Ton, den er angeschlagen hatte, ein.
Der Anflug eines anerkennenden Lächelns glitt über sein Gesicht, ehe er sich wieder auf seine Rolle als finsterer Conte besann und höhnisch sagte: «Noch auf dem hohen Ross, Contessa? Wartet ab, schon bald werdet Ihr um Gnade winseln.»
Im nächsten Augenblick fand sie sich dicht an eine der kalten Steinmauern gepresst. Etwas Hartes, Unnachgiebiges legte sich ihr um die Handgelenke, und dann wurden sie einfach nach oben gezogen, bis sie mit hoch über dem Kopf erhobenen Armen mit dem Gesicht dicht an der Wand stand.
Eine Hand an ihrer Wade ließ sie zusammenzucken, aber er schloss nur ruhig die eiserne Fußfessel von einer aus der Reihe der kurzen Eisenketten, die in regelmäßigen Abständen etwa eine Handbreit über dem Boden in die Wand eingelassen waren. Dann packte er ihr anderes Fußgelenk, zog es zur Seite, bis sie mit leicht gespreizten Beinen dastand, und schloss auch um dieses einen der Eisenringe.
Er ließ ihr Zeit und wartete, bis ihre absolut hilflose Lage ihr vollständig bewusst geworden war. Die Kette, die ihre Arme unnachgiebig nach oben zog, hielt sie aufrecht. Die hohen Absätze der Stiefel zwangen sie in dieser Stellung dazu, fast auf den Zehenspitzen zu balancieren. Die Ketten klirrten leise, wenn sie versuchte, eines ihrer Glieder zu bewegen.
Ihr Klirren klang unnatürlich laut in der Stille hinter ihrem Rücken. Sie versuchte den Kopf zu drehen, um wenigstens
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