Das Hotel (German Edition)
einer Flasche Wein diskutierten.
Inzwischen waren sie bei den Vorzügen und Nachteilen der großen Hotels angelangt. Veronika bemühte sich, ihre Ungeduld zu unterdrücken und nicht ständig demonstrativ auf die Uhr zu schauen. Am liebsten hätte sie sie alle auf ihre Zimmer geschickt wie ungezogene Kinder. Sie brannte darauf, zu Jenny ins Büro zu schleichen und zu erfahren, wie es um die Transaktionen stand. Aber das war natürlich unmöglich. Also zwang sie sich, die aufmerksame Gastgeberin zu spielen, obwohl sie insgeheim nur auf den Moment wartete, an dem Lou und Godunow endlich auf ihre Zimmer gingen.
Maschas unterdrücktes Gähnen war es schließlich, das Godunow aufspringen und ausrufen ließ: «Wie unhöflich von uns, Sie von Ihrem wohlverdienten Schlaf abzuhalten!»
Lou verdrehte zwar die Augen, aber er widersprach nicht, als Godunow ihn freundschaftlich auf die Schulter klopfte und meinte: «Kommen Sie, Conte, gönnen wir den Damen ihre Nachtruhe!»
Kaum waren Mascha und die beiden Männer in ihren Zimmern verschwunden, eilte Veronika auch schon zu Jenny. «Wie sieht es aus?», wollte sie wissen. «Was sagt dieser Sam?»
«Immer mit der Ruhe.» Jenny wedelte abwehrend mit der Hand. «Es gibt mehrere Möglichkeiten. Einmal die mit den verschiedenen Konten. Dafür musst du allerdings ganz schön rumlaufen. Diplomatengepäck ist übrigens tabu für den Zoll. Kennst du vielleicht jemanden?»
«Leider nein.»
«Und dann gibt es immer noch die gute alte Schweiz mit ihren Bankfächern. Sam meint, das wäre das Einfachste. Und du weißt, Bargeld hinterlässt keine Spuren!»
«Schön und gut, und wie bekomme ich es aus der Schweiz heraus und hierher?»
«Es gibt einen Kurierdienst, der darauf spezialisiert ist, große Summen legal über die Grenze zu schaffen.»
«Wie soll denn das gehen?» Veronika hob skeptisch die Brauen.
«Ganz einfach. Du darfst Bargeld völlig legal bis zu einer bestimmten Summe über die Grenze bringen. Und Autos mit grenznahen Kennzeichen werden sowieso fast nie kontrolliert. Also fährt diese Firma einfach so lange hin und her, bis sie alles herübergeschafft hat. Du kannst es dir dann sogar bis nach Hause bringen lassen.»
«Und wer garantiert mir, dass sie nicht mit dem Geld abhauen?»
Jenny grinste. «Niemand. Aber laut Sam läuft das Geschäft wie geschmiert. Sie wären schön dumm, sich diese Quelle selber zu versauen. Sie nehmen übrigens zehn Prozent.»
«Dann verstehe ich, dass sie lieber korrekt bleiben», meinte Veronika trocken. «Na gut, das erscheint mir auch am vernünftigsten. Ehe ich von Bank zu Bank wandere und zig Konten eröffnen muss, zahle ich lieber diese Firma.»
Gedankenverloren stieg sie langsam die Treppen hinauf und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Es war dunkel. Hatte sie nicht vorhin das Licht angelassen? Vermutlich nicht, sonst wäre es ja noch an. Müde drückte sie den Lichtschalter.
Nichts.
Auch das noch! Hoffentlich war es nur der Schalter in ihrem Zimmer. Morgen musste sie gleich als Erstes den Elektriker kommen lassen. Es war Neumond, und so fiel auch nicht der kleinste Schimmer durch die Vorhänge. Vorsichtig tastete sie sich auf ihr Bett zu und streckte die Hand nach dem Schalter der kleinen Leselampe daneben aus. Vielleicht hatte sie Glück, und es war tatsächlich nur der eine Schalter …
Im nächsten Augenblick setzte ihr Herz aus, als kräftige Männerarme ihren Oberkörper umschlangen und eine raue Stimme ihr ins Ohr flüsterte: «Kein Laut!» Nachdem der erste Schreck verflogen war, überflutete sie Ärger. Wie konnte Lou es wagen, sie dermaßen zu erschrecken?
Sie atmete tief durch, um ihrem Unmut Luft zu machen. Eine große Hand, die sich fest auf ihren Mund legte, verhinderte das.
«Nein, nein, schön den Mund halten», flüsterte die Stimme «Ich nehme die Hand jetzt weg, aber wenn du zu schreien versuchst, kneble ich dich. Verstanden?»
Veronika nickte schwach. Prompt verschwand die Hand, und sie konnte wieder ungehindert atmen. «Lou, lass den Blödsinn. Das ist nicht mehr lustig», protestierte sie, als sie merkte, dass sie langsam, aber unaufhaltsam zum Bett gezogen wurde.
Ohne Vorwarnung erhielt sie einen kräftigen Schubs, der sie rücklings auf die Matratze fallen ließ, und ehe sie sich wieder gefasst hatte, schlang er einen Seidenschal um ihre beiden Handgelenke, zog sie über ihren Kopf und befestigte ihn geschickt an den Bettpfosten.
So entschieden sie auch an den Fesseln zerrte und zog, die Seide blieb
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