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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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wiederkommen.«
    Wir würden bis dahin fort sein; wir hofften, die Tiere trafen ein, bevor wir wegmußten, aber wir wußten von vornherein, daß wir die Eröffnungsvorstellung nicht erleben würden.
    »Was sie da machen werden, haben wir sowieso schon alles gesehen«, sagte Franny.
    »In erster Linie«, sagte Frank, »laufen die hier rum und sehen klein aus.«
    Lilly war außer sich; sie verwies auf die Handstände, die Jongliernummern, den Wasser-und-Feuer-Tanz, die Acht-Mann-Pyramide, den Sketch mit der blinden Baseballmannschaft; und die kleinste der Zwerginnen sagte, sie könne ohne Sattel reiten - auf einem Hund.
    »Zeig mir den Hund«, sagte Frank. Er war sauer, weil Vater das Familienauto an Fritz verkauft hatte; nun brauchte Frank Fritzens Erlaubnis, wenn er im Elliot Park herumfahren wollte. Fritz war zwar großzügig, aber Frank haßte es, fragen zu müssen.
    Franny machte ihre Fahrstunden gerne mit Max Urick im hoteleigenen Lieferwagen, weil Max keine Nerven zeigte, wenn sie schnell fuhr. »Drück auf die Tube«, ermunterte er sie. »Überhol die Flasche - du hast Platz genug.« Und Franny kam von einer Fahrstunde zurück und war stolz, daß sie beim Musikpavillon drei Meter Gummi hingelegt hatte, oder vier Meter in der Kurve, wo die Front Street in die Court Street mündete. »Gummi hinlegen« hieß das bei uns in Dairy, New Hampshire, wenn einer mit quietschenden Reifen eine schwarze Bremsspur auf die Straße zeichnete.
    »Widerlich«, sagte Frank. »Das ist schlecht für die Kupplung, schlecht für die Reifen, nichts als kindische Angeberei - du bekommst noch Ärger, die nehmen dir den Fahrschülerausweis weg, Max verliert seinen Führerschein (was wahrscheinlich gut gewesen wäre), du überfährst noch mal einen Hund oder ein kleines Kind, du läßt dich von ein paar Halbstarken aus der Stadt zu einem Wettrennen provozieren, und dann folgen sie dir nach Hause und schlagen dich zusammen. Oder sie schlagen mich zusammen«, sagte Frank, »bloß weil ich dich kenne.«
    »Wir gehen nach Wien, Frank«, sagte Franny. »Würg der Stadt Dairy ruhig noch ein paar rein, solange du kannst.« »Reinwürgen!«: sagte Frank. »Widerlich.«

TAG!

    schrieb Freud.

IHR SEID FAST DA! ZEITPUNKT IST GÜNSTIG. VIEL ZEIT FÜR DIE KINDER, SICH EINZUGEWÖHNEN, BEVOR DIE SCHULE LOSGEHT. ALLE FREUEN SICH AUF EUCH. SOGAR DIE PROSTITUIERTEN! HA HA! DIE NUTTEN FREUEN SICH AUF DIE KINDER, REIN MÜTTERLICHES INTERESSE - EHRLICH! ICH HAB IHNEN DIE GANZEN BILDER GEZEIGT. SOMMER IST EINE GUTE ZEIT FÜR DIE NUTTEN: EINE MENGE TOURISTEN, ALLE GUTER STIMMUNG. SOGAR DIE OST-WEST-ARSCHLÖCHER SCHEINEN ZUFRIEDEN. DIE SIND IM SOMMER WENIGER BESCHÄFTIGT - GEHEN MORGENS NICHT VOR 11 UHR AN DIE SCHREIBMASCHINEN. POLITIK MACHT AUCH SOMMERPAUSE. HA HA! SCHÖN HIER. SCHÖNE MUSIK IN DEN PARKS. SCHÖNE EISKREM. SOGAR DER BÄR IST GLÜCKLICHER - ER IST AUCH FROH, DASS IHR KOMMT. DER BÄR HEISST ÜBRIGENS SUSIE. VIELE GRÜSSE VON SUSIE UND MIR, FREUD.

    »Susie?« sagte Franny.
    »Ein Bär, der Susie heißt?« sagte Frank. Es schien ihn zu stören, daß es kein deutscher Name war oder daß der Bär in Wirklichkeit eine Bärin war. Es war, glaube ich, für die meisten von uns eine Enttäuschung - ein Dämpfer, noch bevor es richtig losging. Aber so ist das eben, wenn man umzieht. Erst die Begeisterung, dann die Unruhe, dann die Ernüchterung. Erst büffelten wir Wien, dann begannen wir dem Hotel New Hampshire nachzutrauern - schon im voraus. Dann kam eine Zeit des Wartens - die unendlich lange dauerte und uns vielleicht auf eine unvermeidliche Enttäuschung an jenem Tag vorbereitete, an dem wir abreisten und ankamen, was mit der Erfindung des Düsenflugzeugs möglich geworden ist.
    Am 1. Juli borgten wir den VW-Bus, der Fritzens Nummer gehörte. Er hatte komische Vorrichtungen: Bremse und Gas waren von Hand zu bedienen, da die Beine der Zwerge nicht bis zu den Pedalen reichten; Vater und Frank stritten sich, wer wohl mit dem ungewöhnlichen Fahrzeug geschickter sein würde. Schließlich bot Fritz an, den ersten Schub zum Flughafen zu fahren.
    Vater, Frank, Franny, Lilly und ich gehörten zum ersten Schub. Mutter und Egg sollten uns tags darauf in Wien treffen; Kummer flog mit ihnen. Aber am Morgen unserer Abreise war Egg schon vor mir auf. Er saß auf seinem Bett - in einem weißen Hemd, seinen besten Hosen und schwarzen Halbschuhen, und er trug ein weißes Leinenjackett; er sah aus wie einer der Zwerge - in ihrem Sketch über verkrüppelte Kellner in

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