Das Hotel New Hampshire
sagte Freud. »Komm herein«, sagte er zu Mutter; er nahm die Hände meiner Mutter und meines Vaters und legte sie zusammen. »Ihr seid noch halbe Teenager«, sagte er, »drum hört mir jetzt gut zu: ihr liebt euch. Davon wollen wir ausgehen, ja?« Und obwohl meine Mutter und mein Vater derlei nie ausgesprochen hatten, nickten sie nun beide, während Freud ihre Hände hielt. »Gut«, sagte Freud. »Das hat drei Dinge zur Folge. Ihr versprecht mir, daß ihr bei diesen drei Dingen einwilligen werdet?«
»Ich verspreche es«, sagte mein Vater.
»Ich auch«, sagte Mutter.
»Gut«, sagte Freud. »Hier ist Numero eins: ihr heiratet, und zwar sofort, bevor irgendwelche Trottel und Huren euch dazwischen kommen. Verstanden? Ihr heiratet, auch wenn es euch teuer zu stehen kommt.«
»Ja«, willigten meine Eltern ein.
»Hier ist Numero zwei«, sagte Freud und blickte dabei nur meinen Vater an. »Du wirst Harvard-Student - das versprichst du mir, auch wenn es dich teuer zu stehen kommt.«
»Aber dann werde ich schon verheiratet sein«, sagte Vater.
»Ich sagte ja, es wird dich teuer zu stehen kommen. Du mußt es mir versprechen: du wirst Harvard-Student. Du nützt jede Gelegenheit, die dir in dieser Welt geboten wird, selbst wenn du zu viele Gelegenheiten hast. Eines Tages ist es nämlich aus mit den Gelegenheiten, verstanden?«
»Ich will ja ohnehin, daß du nach Harvard gehst«, sagte Mutter zu Vater.
»Auch wenn es mich teuer zu stehen kommt«, sagte Vater, aber er willigte ein.
»Wir kommen zu Numero drei«, sagte Freud. »Bist du bereit?« Und damit wandte er sich an meine Mutter; er ließ die Hand meines Vaters los, stieß sie fast von sich, so daß er nur noch Mutters Hand hielt. »Verzeih ihm«, sagte ihr Freud, »auch wenn es dich teuer zu stehen kommt.«
»Was soll sie mir verzeihen«, wunderte sich Vater.
»Verzeih ihm einfach«, sagte Freud und sah nur meine Mutter an. Sie zuckte mit den Achseln.
»Und du!« sagte Freud zu dem Bären, der unter Vaters Bett herumschnüffelte. Freud schreckte State o' Maine auf, der unter dem Bett einen Tennisball gefunden und ins Maul genommen hatte.
»Earp!« sagte der Bär. Heraus fiel der Tennisball.
»Du«, sagte Freud zu dem Bären. »Mögest du eines Tages dankbar sein dafür, daß du aus der widerlichen Welt der Natur gerettet worden bist!«
Das war alles. Es war eine Trauung und eine Segnung, sagte meine Mutter immer. Es war ein guter altmodischer jüdischer Gottesdienst, sagte mein Vater immer; Juden waren ihm ein Rätsel - ähnlich wie China, Indien, Afrika und all die exotischen Gegenden, wo er nie gewesen war.
Vater kettete den Bären ans Motorrad. Als er und Mutter Freud zum Abschied küßten, versuchte der Bär, seinen Kopf zwischen sie zu schieben.
»Aufgepaßt!« rief Freud, und sie stoben auseinander. »Er glaubte, wir hätten da was zu essen«, erklärte er Vater und Mutter. »Paßt auf mit Küssen, wenn er dabei ist; Küssen versteht er nicht. Für ihn ist es Essen.«
»Earl!« sagte der Bär.
»Und bitte«, sagte Freud, »mir zuliebe: nennt ihn Earl - es ist das einzige, was er je sagt, und State o' Maine ist so ein doofer Name.«
»Earl?« sagte meine Mutter.
»Earl!« sagte der Bär.
»Gut«, sagte Vater. »Dann eben Earl.«
»Good-bye, Earl«, sagte Freud und fügte auf deutsch hinzu: »Auf Wiedersehen!«
Sie beobachteten Freud noch lange, wie er am Bay-Point-Pier auf ein Boot nach Boothbay wartete, und als ein Hummerfischer ihn schließlich mitnahm, fanden meine Eltern - obwohl sie wußten, daß Freud in Boothbay auf ein größeres Schiff umsteigen würde - es sehe so aus, als bringe der Hummerfänger Freud nach Europa, den ganzen langen Weg über den dunklen Ozean. Sie sahen dem durch die Wellen stampfenden und tanzenden Boot nach, bis es kleiner schien als eine Seeschwalbe oder gar ein im Wasser treibender Strandläufer; zu dem Zeitpunkt war das Boot schon außer Hörweite.
»Habt ihr es in dieser Nacht zum ersten Mal getan?« fragte Franny immer.
»Franny!« sagte Mutter.
»Aber du hast doch gesagt, ihr hättet euch verheiratet gefühlt«, sagte Franny.
»Es kann dir eigentlich egal sein, wann wir's getan haben«, sagte Vater.
»Aber ihr habt es getan, stimmt's?« sagte Franny.
»Das kann dir egal sein«, sagte Frank.
»Es kommt nicht drauf an, wann«, sagte Lilly auf ihre seltsame Art.
Und sie hatte recht - es kam wirklich nicht drauf an, wann. Als sie den Sommer 1939 und das Arbuthnot-by-the-Sea hinter sich ließen, waren
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